Z Sex Forsch 2016; 29(01): 67-72
DOI: 10.1055/s-0042-102461
Debatte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Respekt statt Bevormundung: ein Plädoyer für die Abschaffung der Begutachtung bei Personenstands- und Vornamensänderungen

Kati Wiedner
a   Trans-Kinder-Netz e.V.
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Publication Date:
23 March 2016 (online)

Die Erfahrungen vieler trans* Kinder und deren Eltern zeigen, dass deren Belange von Ärzt_innen und Psychotherapeut_innen nicht ernst genommen werden, und stattdessen Pathologisierungen erfolgen. Dies führte 2012 zur Gründung des TRAKINE (Trans Kinder Netz e. V.).[1] Bei uns sind hauptsächlich betroffene Familien organisiert, aber auch Ärzt_innen und Psycholog_innen sind beteiligt. TRAKINEs Ziele sind:

  • Abschaffung der Diagnose von Trans* als Erkrankung, Störung oder Dysphorie,

  • Abschaffung von Zwangstherapie bei gleichzeitig freiem Zugang zu allen Maßnahmen des Gesundheitssystems (medikamentöse Maßnahmen, begleitende Psychotherapie, Operationen – sofern gewünscht) und Sicherstellung der Übernahme der Kosten dieser durch gesetzliche und private Krankenkassen,

  • Gesellschaftliche und staatliche Anerkennung von Trans* mittels Änderung des Vornamens- und Geschlechtseintrages in staatlichen Dokumenten durch Willenserklärung als Verwaltungsakt ohne Begutachtungsprozess, Wartezeiten und Mindestalter,

  • Gesellschaftliche Anerkennung durch Aufklärung mittels verbindlicher Aus- und Weiterbildung in den Bereichen Medizin, Psychologie, Psychotherapie, Pädagogik, Recht etc. sowie mittels der Überarbeitung staatlicher Lehrpläne und -materialien!

Neben Beratung für betroffene Familien hat TRAKINE intensive Aufklärungsarbeit geleistet: TRAKINE wurde im März 2015 von der Kinderkommission des Bundestages zum Thema „Situation von trans* Kindern“ eingeladen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes lud uns im Oktober 2015 zu einem Fachtag ein. In verschiedenen Bundesländern wurden wir von staatlicher Seite zu Veranstaltungen eingeladen. Verschiedene Universitäten haben uns in unterschiedlichen Kontexten zu Vorträgen über trans* Kinder eingeladen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend steht im Kontakt mit uns.

TRAKINE vertritt bei der Überarbeitung der Leitlinie „Geschlechtsdysphorie: Diagnostik, Beratung und Behandlung“ die Interessen der trans* Kinder und Jugendlichen. TRAKINE ist Mitglied des BVT*, in dem sich über 30 Vereine, Initiativen und Gruppen zusammengeschlossen haben, die sich für die Rechte von trans* Menschen einsetzen.[2] Die Positionen von TRAKINE werden vom BVT* uneingeschränkt geteilt.