Z Sex Forsch 2015; 28(02): 149-152
DOI: 10.1055/s-0035-1553100
Dokumentation
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ethik in der neuen Forschung zu sexueller Gewalt

Eine Einführung
Arne Dekker
a   Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; die Stelle des Erstautors wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
,
Peer Briken
a   Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; die Stelle des Erstautors wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
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Publication Date:
17 June 2015 (online)

Im Frühjahr 2010 wurden einer breiten Öffentlichkeit innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Fälle sexueller Gewalt in renommierten pädagogischen Institutionen bekannt. Es waren vor allem die Betroffenen selbst, die die überfällige Debatte über teils langjährige und systematische sexuelle Grenzverletzungen in Einrichtungen wie der Odenwaldschule oder dem Canisius-Kolleg anstießen, mit ihrer Bereitschaft, darüber zu berichten. Als das Ausmaß der Fälle bekannt wurde, reagierte die Bundesregierung, indem sie am 24. März 2010 den Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“[1] einrichtete und die Bundesfamilienministerin a. D. Christine Bergmann zur ersten Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) berief.[2] Bis zu ihrem Abschlussbericht im Jahr 2011 erhielt Bergmann Briefe und Anrufe von mehr als 20.000 Betroffenen (Bergmann 2011).

Der Runde Tisch, der gemeinsam von den damaligen Bundesministerinnen Kristina Schröder (Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz) und Annette Schavan (Bildung und Forschung) geleitet wurde, forderte u. a. verstärkte Forschungsbemühungen zum Thema, und zwar vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellte hierfür rund 35 Mio. Euro zur Verfügung und schrieb zunächst eine Förderlinie im Bereich der Gesundheitsforschung aus, mit einem Schwerpunkt auf „Verhaltensstörungen in Zusammenhang mit Gewalt, Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch in Kindheit und Jugend“ (2010). Im Jahr 2011 folgte dann eine Ausschreibung „zur Förderung von Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten.“ Die ungewöhnlich breite Förderung ermöglicht derzeit in gemeinsamer Anstrengung zahlreicher Projekte eine neue Forschung zu sexueller Gewalt, die nicht zuletzt neue Fragen nach Forschungsethik aufwirft.