Aktuelle Ernährungsmedizin 2018; 43(S 01): S55-S59
DOI: 10.1055/a-0659-5714
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zuckergesüßte Getränke und Lebensmittel aus Sicht der Public Health Nutrition

Sugar-Sweetened Beverages and Foods from a Public Health Nutrition Perspective
Anette E. Buyken
Institut für Ernährung, Konsum und Gesundheit, Fakultät für Naturwissenschaften, Universität Paderborn
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Publication Date:
17 October 2018 (online)

Zusammenfassung

Bemühungen zur Reduktion des Konsums von zuckergesüßten Getränken und Lebensmitteln fokussieren in Deutschland bislang wesentlich auf eine verbesserte Ernährungsbildung. Aus Sicht der Public Health Nutrition stehen jedoch eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen zur Verfügung, die international bereits zur Anwendung kommen.

So versetzt eine verbesserte Lebensmittelkennzeichnung von zuckergesüßten Fertigprodukten in Form von interpretativen Visualisierungen (z. B. als Ampel oder Logo) auf der Vorderseite der Verpackung VerbraucherInnen in die Lage, zwischen Alternativen zu entscheiden. Eine Reihe weiterer Maßnahmen setzt bei der Lenkung der Wahl („Nudging“) an: Diese reichen von der Änderung des Standards durch die freiwillige oder verbindliche Reformulierung von Produkten über die gezielte Einschränkung des von der Industrie bzw. dem Einzelhandel praktizierten Nudgings (Werbung, Marketing, Produktplatzierung etc.) bis hin zur Einführung einer Steuer bzw. Abgabe auf zuckergesüßte Getränke oder adipogene Lebensmittel. Als direkt wahleinschränkende Maßnahme wird schließlich noch der gezielte Verzicht auf zuckergesüßte Getränke in spezifischen Settings, z. B. in Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen diskutiert, wie dies auch in den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gefordert wird.

Derzeit finden Public-Health-Maßnahmen zur Reduktion des Konsums von zuckergesüßten Lebensmitteln oder Getränken in Deutschland keine Anwendung. Der Koalitionsvertrag fasst nun erstmalig eine Reihe von Maßnahmen konkret ins Auge (verbesserte Lebensmittelkennzeichnung, Reformulierungsstrategie, flächendeckende Einführung der DGE-Standards), deren Umsetzung einer kritischen Unterstützung durch die Gesellschaft bedarf.

Abstract

In Germany, current efforts to reduce the consumption of sugar-sweetened beverages and foods focus largely on an improved nutritional education. From a Public Health Nutrition perspective, a range of internationally implemented environmental interventions are available.

Improved front-of-package labeling enables the consumers to actively choose between alternatives. Further interventions guide – or nudge – consumer choices: interventions changing the default through voluntary or compulsory reformulation of food products, targeted restriction of nudging practiced by industry and retailers (e. g. advertisement, marketing, product placement) or the introduction of taxes or levies on sugar-sweetened beverages or obesogenic foods. Finally, the German Nutrition Society explicitly calls for abandoning sugar-sweetened beverages from specific settings, such as kindergartens and schools – an intervention that actively restricts choice.

The coalition agreement of the current government is the first to envision such interventions (improved front-of-package labeling, a strategy for reformulation of food products as well as the nationwide implementation of the catering standards issued by the German Nutrition Society). Society should critically support their implementation.