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DOI: 10.1055/s-0043-1768125
Hochdosierte Spermidin-Supplementation ohne Effekt auf Spermidin-Konzentration im Blut: Eine randomisierte, Placebo-kontrollierte pharmakokinetische Studie.
Einleitung Spermidin ist ein natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommendes biogenes Amin, das eine zentrale Rolle für die zelluläre Regulation von Energiehomöostase, Wachstum und Proliferation spielt. Im Fokus präklinischer Forschung steht die Autophagie-induzierende Wirkung von Spermidin, was es zu einem Kandidaten für die Therapie neurodegenerativer, metabolischer und onkologischer Erkrankungen macht. Vor diesem Hintergrund wurde Spermidin als calorie restriction mimetic postuliert und ist als Nahrungsergänzungsmittel im Handel. Die Pharmakokinetik von Spermidin im Menschen wurde allerdings noch nie bestimmt. Daher wurde im Rahmen einer pharmakokinetischen Studie erstmals untersucht, wie sich die orale Zufuhr von Spermidin auf die Konzentrationen von Spermidin und seinen Metaboliten im Blut und im Speichel gesunder Probanden auswirkt.
Material und Methodik Die Studie wurde als randomisierte, Placebo-kontrollierte, dreifach verblindete, zweiarmige Cross-Over-Studie konzipiert mit zwei 5-tägigen Interventionsphasen, die jeweils durch eine 9-tägige Washout-Phase getrennt waren. 12 gesunde junge Probanden erhielten täglich 15 mg Spermidin oder Placebo in Kapselform, und es wurden Blut- und Speichelproben entnommen. Spermidin sowie die Spermidin-Metaboliten bzw. -vorstufen Spermin und Putrescin wurden nach Derivatisierung mittels Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) quantifiziert. Endpunkte waren die area under the curve (AUC) der jeweiligen Interventionsphase (AUC0-tlast), die Spitzenkonzentration (cmax) und die Zeit bis zur Spitzenkonzentration(tmax).
Ergebnisse Insgesamt wurden 600 Blut- und Speichelproben ausgewertet. Im Vergleich zu Placebo war die orale Einnahme von 15 mg/Tag Spermidin über fünf Tage ohne signifikanten Effekt auf die Spermidin- und Putrescin-Konzentrationen in Plasma und Speichel. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die mittlere AUC des Spermidin-Metaboliten Spermin durch die Intervention signifikant gegenüber Placebo (583 h∙ng/ml (SD: 124,8 h∙ng/ml) vs. 633 h∙ng/ml (SD: 118,5 h∙ng/ml); p = 0,028).
Zusammenfassung Die hier präsentierten Daten zeigen erstmals das Ausbleiben einer messbaren Pharmakokinetik von Spermidin nach oraler Einnahme durch gesunde Probanden und liefern die Basis für zukünftige klinische Studien. Die orale Einnahme von 15 mg/Tag Spermidin über fünf Tage erhöhte zwar die Spermin-Konzentration im Blut, nicht jedoch die Spermidin-Konzentration. Die Übertragbarkeit präklinischer Spermidin-Daten auf die Anwendung im Menschen ist daher fraglich. Es ist unwahrscheinlich, dass Präparate mit einer Spermidin-Dosierung < 15 mg/Tag einen klinischen Effekt zeigen können.
* geteilte Erstautorenschaft
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. Mai 2023
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