Aktuelle Ernährungsmedizin 2011; 36(3): 155-160
DOI: 10.1055/s-0030-1266140
Standpunkt
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Unde venis? DGEM Quo vadis?

Gedanken zum 30. Geburtstag der Deutschen Gesellschaft für ErnährungsmedizinUnde Venis? DGEM Quo Vadis?Thoughts on the Occasion of the 30th Anniversary of the German Society of Nutritional MedicineS.  C.  Bischoff1
  • 1Institut für Ernährungsmedizin, Universität Hohenheim
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Mai 2011 (online)

Eigentlich ist die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) erst 20 Jahre alt, denn sie wurde am 22. März 1991 in Göttingen gegründet. Aber sie hatte ein 10-jähriges Vorleben unter anderem Namen: als Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Künstliche Ernährung (DAKE), die bereits 1981 in Gravenbruch gegründet wurde und 1991 mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung und Diätetik (DAKED) sowie mit der Sektion Parenterale und Sondenernährung der Gesellschaft für Ernährung fusionierte. Die Historie der DGEM wurde erstmals von Halmágyi und Eckart 2002 [1] und aktualisiert von Schauder im vorliegenden Heft der Aktuellen Ernährungsmedizin dargestellt.

Aus meiner Sicht als Mitglied der DGEM seit 1994, als Vorstandsmitglied seit 2006 und als Herausgeber der Aktuellen Ernährungsmedizin seit 2010 erlaube ich mir, aus der Historie heraus einige Anmerkungen zur Gegenwart und Zukunft der DGEM zu machen. Dabei möchte ich mich der Gesellschaft, die mich geprägt und gefördert hat, mit Respekt und Dank nähern, ohne kritische Zwischentöne zu scheuen, die immer konstruktiv intendiert sind. Geburtstage sind Anlass zum Fest, bei dem gefeiert wird, was nicht nur ausgelassene Fröhlichkeit und Emotionalität bedeutet, sondern auch Besinnung und in manchem Kontext Begegnung mit Gott, von „fanum”, das Religiöse. Der Alltag hält inne, das beliebige wird befristet durch ein Formales abgelöst, Rituale, die besinnend und gemeinschaftserhaltend wirken sollen. Zum Fest gehört laut Wikipedia auch „ein wildes, anarchisches oder destruktives Moment”, in dem Altes zerschlagen und Neues geschaffen wird, in dem Bisheriges auf den Prüfstand kommt und Zukünftiges geboren wird. Diese dem Fest innewohnende Besinnung und Erneuerungskraft sollten wir im Bewusstsein haben, wenn wir in diesem Jahr unser Jubiläum feiern, sei es in Graz während der Drei-Länder-Tagung (26.–28. Mai), in Göteborg während des ESPEN-Kongresses (3.–6. September) in Stuttgart während der PKE-Tagung (13.–15. Oktober) oder in Irsee zur ältesten Fortbildungsveranstaltung der DGEM (28.–29. Oktober), die zudem 2011 ihren 25. Geburtstag feiert. Lassen sich mich an dieser Stelle einen Auftakt versuchen.

„Zweck der Gesellschaft ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und öffentlichem Gesundheitswesen auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin und Stoffwechselforschung”, heißt es in der Satzung der DGEM. Zu diesem Zweck sieht die Gesellschaft seit jeher ihre Aufgabe in der Durchführung von wissenschaftlichen Jahrestagungen und Fortbildungsveranstaltungen, der Herausgabe eines wissenschaftlichen Publikationsorgans und eines Internetauftritts, der Erstellung von Empfehlungen, Leitlinien und Curricula auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin sowie der Kooperation mit anderen Fachgesellschaften der Medizin und angrenzender Bereiche.

Wird die DGEM ihrem Zweck gerecht? Auf der aktuellen Website der DGEM werden die Ziele z. T. anders formuliert:

Verbesserung der ernährungsmedizinischen Versorgung in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und der ambulanten Versorgung Die DGEM als kompetenten Gesprächspartner in Fragen der klinischen Ernährung etablieren Die Aufnahme des Faches „Ernährungsmedizin” in das Curriculum für Medizin unterstützen Förderung der Fort- und Weiterbildung im Bereich der klinischen Ernährung und Stoffwechselforschung Die Öffentlichkeit von Sinn und Notwendigkeit der klinischen Ernährung überzeugen Öffentliches Bewusstsein für gesunde Ernährung und die Folgen einer falschen Ernährung schärfen Entscheidungsträger von Senkung der Krankenhauskosten durch Klinische Ernährung überzeugen Aufbau und Förderung interdisziplinärer Beziehungen zu nationalen und internationalen Gesellschaften

Hier präsentiert sich die DGEM als Einrichtung der Versorgung, der Weiterbildung, der Öffentlichkeitsarbeit und der Kommunikation. Die Wissenschaft findet keine Erwähnung! Vielmehr entsteht der Eindruck, die DGEM sei eine Art von Berufsverband und nicht eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Dabei ist diese Eigenschaft die wichtigste, die sie von anderen Körperschaften wie BDEM, DGE etc. abgrenzt. Tatsächlich lassen sich die zentralen Ziele der Gesellschaft auf 2 Kernziele destillieren:

„Zentrale Ziele der DGEM sind die Förderung von ernährungsmedizinischer Wissenschaft und Forschung sowie von wissenschaftlich begründeter Anwendung der Ernährungsmedizin.”

Während ihr diese Zielsetzung auf ihren Jahrestagungen zunehmend besser gelingt, übt die Gesellschaft noch, sie auch in ihr Selbstverständnis zu integrieren und so in ihr Bewusstsein zu verankern, dass ihr tägliches Tun davon bestimmt wird. Viele sicherlich positive und erfolgreiche Bemühungen der Gesellschaft wie Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation, aber auch Fort- und Weiterbildung sollten in allererster Linie der wissenschaftlichen Zielsetzung dienen. An „Versorgungsaspekten”, die üblicherweise von Berufsverbänden adressiert werden, kann und soll sich eine wissenschaftliche Fachgesellschaft nur insofern beteiligen, als sie die wissenschaftlichen Grundlagen schaffen, kommunizieren und ggf. auch überwachen kann. Deshalb sollte sich die Gesellschaft auf ihre primären Ziele entsprechend ihrer Satzung zurückbesinnen und nicht nur auf der Website darstellen. Sie muss ihr Handeln stets nach diesen primären Zielen ausrichten, ihre Aktivitäten hinsichtlich der Unterstützung dieser Ziele prüfen und ggf. anpassen und diese Ziele in ihrer Komplexität immer wieder neu denken, hinterfragen und visionär gestalten.

Zwanzig Gründungsmitglieder haben 1981 die DAKE aus der Taufe gehoben. Bereits 2 Jahre später waren es 220 Mitglieder. Durch die beschriebenen Fusionen stiegen die Mitgliederzahlen seit 1991 deutlich an auf 876 Ende 1998 und 1789 Ende 2001. Dieser Anstieg ist insbesondere auf die rege Tätigkeit der Freiburger Akademie für Ernährungsmedizin zurückzuführen, die Teilnehmer der Fortbildungskurse zum Erwerb der Fachkunde zur Mitgliedschaft animierte. Heute hat die DGEM 2780 Mitglieder, davon 82 % Ärzte, 4 % Ernährungswissenschaftler und Ökotrophologen, 3 % Apotheker sowie 11 % Diätassistentinnen, Pflegekräfte und sonstige Berufsgruppen. Die DGEM ist somit eine ärztlich dominierte, aber nicht ausschließlich ärztliche Fachgesellschaft. Anzumerken ist auch, dass – nicht zuletzt aufgrund der Mitgliederrekrutierungen im Kontext der ernährungsmedizinischen Fortbildungskurse – viele ärztliche Mitglieder aus dem niedergelassenen Bereich kommen. Diese Zusammensetzung der Mitgliederschaft deutet an, welch großer Bogen geschlagen werden muss, will man allen Interessen und Erwartungen einigermaßen gerecht werden. Kliniker und Wissenschaftler sind inzwischen zahlenmäßig der kleinere Teil der DGEM.

Die Gesellschaft betreibt eine Geschäftsstelle, die seit 2003 in Berlin angesiedelt ist und vom Sekretär der Gesellschaft geleitet wird. Der Arbeit liegt eine Geschäftsordnung zugrunde, die derzeit bearbeitet wird. Wesentliche Aufgaben der Geschäftsstelle sind die Abwicklung von Korrespondenzen, die Pflege der Website, die Unterstützung der Durchführung von Veranstaltungen, die Dokumentation und Ablage, das Ausstellen von Bescheinigungen und Zertifikaten sowie insbesondere die Verwaltung der Mitgliedschaften und das Einziehen der Mitgliedsbeiträge. Letzteres wird seit 2007 durch ein modernes Computerverwaltungsprogramm durchgeführt, was auch das Führen vollständiger Mitgliederlisten erlaubt. Solche organisatorischen Strukturen sind unverzichtbar geworden, nachdem die Gesellschaft bis zu ihrem 30. Geburtstag auf über 2500 Mitglieder angewachsen und damit eine große medizinische Fachgesellschaft in Deutschland ist.

Die finanzielle Organisation der Gesellschaft ist Aufgabe des Schatzmeisters. Er wird wie der Sekretär auf 4 Jahre gewählt, um ausreichende Kontinuität zu gewährleisten. Obwohl die Satzung dies nicht verlangt, ist zu diskutieren, die Amtszeit auf 2 Amtsperioden zu beschränken, um umgekehrt ausreichende Fluktuation und Erneuerung zu gewährleisten. Hinsichtlich der Präsidenten hat die DGEM ein besonderes Verfahren entwickelt, welches sich durchaus bewährt hat. Die Amtszeit des Präsidenten beträgt 2 Jahre und kann nicht wiederholt werden. Da der Präsident aber bereits 2 Jahre zuvor als „President-Elect” und 2 Jahre danach als „Past President” dem Präsidium angehört, ist auch hier ausreichende Kontinuität sowie Vorlauf und damit ausreichende Erfahrung mit den Belangen der Gesellschaft gewährleistet, um die Gesellschaft zu führen. Diese Regelungen bewirken, dass sich das Präsidium der DGEM aus 5 Personen zusammensetzt, die sich ca. alle 2 Monate zu Besprechungen treffen und mindestens wöchentlich per Telefon oder E-Mail kommunizieren.

Der Vorstand wird unterstützt durch einen Beirat und gibt mindestens einmal pro Jahr Rechenschaft an die Mitgliederversammlung. Der Beirat ist insbesondere bei der Auswahl von Preisträgern involviert und sollte darüber hinaus auf regelmäßiger Basis zum Austausch mit dem Vorstand eingeladen werden. Der Vorstand spricht einmal pro Jahr mit führenden Industrievertretern über deren Erwartungen an die Fachgesellschaft und über strategische Ziele der Gesellschaft. Schließlich sind die Arbeitsgruppen der DGEM zu erwähnen, die 2004 gegründet wurden und seither unterschiedlich aktiv waren:

AG Ernährungsteam-Zertifizierung (Ansprechpartner: Dr. M. Masin und Prof. Dr. A. Weimann) AG Ernährung und DRG / EBM / GOÄ (Ansprechpartner: Prof. Dr. J. Ockenga) AG Heimenterale und Heimparenterale Ernährung (Ansprechpartner: Dr. J. Arends und Prof. Dr. S. C. Bischoff) AG für Niedergelassene Ernährungsmediziner (AnsprechpartnerInnen: Dr. U. Gola und Dr. K. Winckler) AG Ernährungsteams (Ansprechpartner: Dr. E. Shang)

Seit der Gründung veranstaltet die Gesellschaft wissenschaftliche Jahrestagungen zusammen mit der österreichischen Arbeitsgemeinschaft Klinische Ernährung (AKE), weshalb die Tagungsorte zwischen Deutschland und Österreich wechselten. Seit 2002 finden die Jahrestagungen auch zusammen mit der Gesellschaft für klinische Ernährung der Schweiz (GESKES) statt. Somit hat sich eine sehr erfolgreiche deutschsprachige „Drei-Länder-Tagung” entwickelt, die inzwischen in geraden Jahren in Deutschland und in ungeraden Jahren wechselnd in Österreich oder in der Schweiz stattfindet ([Tab. 1]). In diesem Jahr fand die Jahrestagung erstmals gemeinsam mit dem Verband der Oecotrophologen und Ernährungswissenschaftler (VDOe) statt. Ein weiterer Ausbau der Kooperation der ernährungsmedizinischen Fachgesellschaften und nahestehender Berufsverbände (z. B. VDD, BDEM etc.) ist anzustreben. Gleichzeitig mit den Fusionen hat sich die Wissenschaftlichkeit der Tagungen erheblich weiterentwickelt und das Spektrum der Themen substanziell geweitet. Hier ist der DGEM der Weg zur Wissenschaftlichkeit besser gelungen als in manchen anderen Bereichen ihrer Tätigkeit. Diese positive Entwicklung wird allerdings limitiert durch die Anzahl der wissenschaftlichen Beiträge im Bereich klinischer oder experimenteller Forschung, die noch immer deutlich steigerbar sein sollte.

Tab. 1  Ehrungen und Preise der DGEM. Präsidium der DAKE und DGEM (Zusammenstellung April 2011). Konrad-Lang-Preis Konrad-Lang-Medaille Georg Klemperer Ehrenvorlesung Ehrenmitgliedschaft (Nachwuchs-) Förderpreis Forschungsförderung erstmalig ausgeschrieben 1984, letztmalig 1998; für besondere Verdienste auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin; gestiftet gemeinsam mit der AKE erstmalig vergeben 2003; löste den Konrad-Lang-Preis ab; wird vergeben für herausragende wissenschaftliche u. organisatorische Leistungen auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin erstmalig gehalten 2007; verbunden mit einem Preis von 5000 €, gestiftet von B. Braun, Melsungen;wird alle 2 Jahre auf der edi-Tagung gehalten namhafte Persönlichkeiten, die sich um die Ernährungsmedizin hervorragend verdient gemacht haben Verleihung alle 2 Jahre, in Höhe von bis zu 15 000 € für Nachwuchswissen-schaftler unter 35 Jahre; wurde inzwischen eingestellt zur Förderung der ernährungsmedizinischen Forschung,max. 25 000 € pro Projekt als Anschub- oder Ergänzungsförderung Träger 1986: K. Widhalm1988: P. FürstK. W. Jauch1991: M.J. Müller1994: P. Stehle1996: M. Adolph weitere Preisträger:E. RothG. KleinbergerO. Selberg 2003: R. Kluthe2006: E. Holm2008: R. Meier2010: H. Daniel 2007: W. Druml2009: M. J. Müller2011: M. Plauth 1987: E. Kofrányi E. A. Wretlind1990: W. Fekl1999: J. Eckart2005: G. Wolfram2006: H. BöhlesV. Zumtobel2007: J. M. HacklD. Balogh2008: H. EckelZ. Zadak2009: L. Sobotka2010: P. Soeters2011 W. Druml, E. Roth 1997: S. C. Bischoff1999: P. RittlerB. Koletzko2006: C. NormanS. Hummel2008: P. Urbain 2007: S. C. Bischoff V. Haas2009: A. v. Tannen2010: U. KämmererC. Otto2011 S. Westphal, A. Brössner Darüber hinaus wurden seit 1990 anlässlich der Jahrestagungen zahlreiche Förderpreise für die besten Vorträge bzw. Posterpräsentationen verliehen.Außerordentliche Ehrungen: K. Güldner, Leipzig, 2010Für alle Tabellen gilt: Trotz intensiver Recherche konnten leider nicht alle Daten vollständig und mit letzter Sicherheit ermittelt werden. Für Lücken in den Angaben wird daher um Entschuldigung gebeten. Die Herausgeber freuen sich über Ergänzungen der Angaben durch die Leser.

Die Präsidenten der Gesellschaft haben seit jeher die Geschicke der Gesellschaft geprägt. Zählt man DGEM- und DAKE-Zeit zusammen, so wurden bislang 15 Präsidenten gewählt ([Tab. 3]). Vor der offiziellen Gründung am 19.6.1981 wählte die DAKE-Gründungsgruppe F. W. Ahnefeld zum Sprecher und R. Dölp zum Sekretär (beide Ulm). In den ersten Jahren war die Gesellschaft, wie ihr damaliger Name vermuten lässt, durch die Thematik der künstlichen Ernährung geprägt, die damals als relativ neues medizinisches Verfahren Aufmerksamkeit insbesondere im anästhesiologischen Fachgebiet weckte. Außer Anästhesiologen (Ahnefeld, Dietz, Eckart u. a.), eine Berufsgruppe, welche inzwischen nur noch vereinzelt in der DGEM aktiv ist, prägten klinische Stoffwechselforscher wie E. Holm und G. Wolfram die noch junge Gesellschaft. Das Spektrum wurde ab 1991 durch die vor allem von P. Schauder vorangetriebene Fusion bestehender Gruppierungen zur heutigen DGEM deutlich erweitert. Durch die Integration der seinerzeit von H. Kasper geleiteten DAKED gewann die Diätetik neben der künstlichen Ernährung und Infusionstherapie an Bedeutung. 1993 wurde erstmals ein Chirurg Präsident (V. Zumtobel), 1995 folgte ein Pädiater (H. Böhles) und 1997 ein medizinischer Grundlagenwissenschaftler (P. Fürst). Diese Wahlen deuten an, dass zunehmend mehr Fachgebiete in die Aktivitäten der DGEM eingebunden werden konnten. Während in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts die künstliche Ernährung auch bei den wissenschaftlichen Aktivitäten noch ganz im Mittelpunkt stand, kommen in den 90er-Jahren ganz andere Aktivitäten hinzu: Die Nachwuchsförderung wird ein besonderes Anliegen. P. Schauder erstellt den Lehrzielkatalog für Ernährungsmedizin im Studium für Humanmedizin (1993) sowie in Zusammenarbeit mit R. Kluthe aus Freiburg die erste Auflage des Curriculums Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer (1995). Unter der Präsidentschaft von P. Fürst wurden die ersten Leitlinien der künstlichen Ernährung (1998) und das Eckpunktpapier zur enteralen Ernährung in Verbindung mit den Arzneimittelrichtlinien „Sondenkost” (1999) erstellt.

Tab. 2  Tagungen der DGEM / DAKE zusammen mit der AKE und GESKES. Jahrestagungen der DGEM zusammen mit der AKE (ab 2001 Dreiländertagung auch mit GESKES). DAKE / AKE bis 1991, DGEM / AKE ab 1991. 1981 Wien 1982 München 1984 Salzburg 1985 Heidelberg (ESPEN München) 1986 Salzburg 1987 Augsburg 1988 Salzburg (ESPEN Leipzig) 1989 Augsburg 1990 Wien 1991 Göttingen 1992 Wien 1993 Bochum 1994 Graz 1995 Darmstadt 1996 Innsbruck 1997 Stuttgart-Hohenheim 1998 Innsbruck 1999 Regensburg 2000 Wien 2001  ESPEN München 2002 Luzern 2003 Linz 2004 München 2005 Genf 2006 Berlin 2007 Innsbruck 2008 Hamburg 2009 Zürich 2010 Leipzig* 2011 Graz 2012 Nürnberg * Drei-Länder-Tagung + VDOe Von 1986–2010 fand jährlich – insgesamt 25-mal – die Irseer Fortbildungsveranstaltung statt. Seit 2003 werden, im 2-Jahres-Rhythmus, die pke-Tagung und der edi-Kongress ausgerichtet.edi 2001 hieß noch ernährung 2001 (2-tägig in Berlin)edi 2002 hieß ernährung 2002ab 2003: edi 2003; Jahrestagung hieß Ernährung + Jahreszahl

Hervorzuheben ist die enge Kooperation der DGEM und der DAKE mit der Europäischen Fachgesellschaft „European Society of Parenteral and Enteral Nutrition” (ESPEN), die parallel eine ähnliche Entwicklung von einer Gesellschaft für Infusionstherapie zur „European Society for Clinical Nutrition and Metabolism”, wie sie heute offiziell heißt, durchlaufen hat. Die enge Verbindung zwischen deutscher und europäischer Fachgesellschaft kommt zum Ausdruck durch die Tatsache, dass Deutschland 4-mal als Austragungsland für den jährlichen ESPEN-Kongress gewählt wurde:

1985 München / BRD (Tagungspräsident: G. Dietze) 1988 Leipzig / DDR (Tagungspräsident: W. Hartig) 2001 München (Tagungspräsident: P. Fürst) 2013 Leipzig (Tagungspräsident: A. Weimann)

Die Kommunikation mit verwandten Fachgesellschaften auf nationaler Ebene und auf internationaler Ebene war seit Anbeginn ein wichtiges Anliegen der DGEM. Seit 1998 wurde die DGEM / ESPEN-Blockmembership eingeführt. In 2001, dem Jahr ohne Jahrestagung zugunsten des ESPEN-Kongresses in München, der mit großem Erfolg von der DGEM organisiert wurde, ging die Präsidentschaft von dem Chirurgen K. W. Jauch erstmals an den Gastroenterologen H. Lochs über. Dies hatte diverse Implikationen für die Gesellschaft. H. Lochs hat die Gastroenterologie in das Interessensspektrum der DGEM integriert und zahlreiche wichtige Projekte auf den Weg gebracht, darunter die Entwicklung der ersten S3-Leitlinien Enterale Ernährung, die später ESPEN-Leitlinien wurden, die Inaugurierung der DGEM-Studie „Mangelernährung in Deutschland” unter der Leitung von M. Pirlich sowie der Ausbau der DGEM-Fortbildungsveranstaltungen durch eine neue Veranstaltung in Berlin (edi – ernährung, diätetik, infusionstherapie) seit 2003. Damit wurde der Reigen der ernährungsmedizinischen Tagungen und lokalen Fortbildungsveranstaltungen, die die DGEM neben der Jahrestagung organisiert, um einen wesentlichen Punkt ergänzt:

Irsee (Anästhesiologie und Intensivmedizin, Leitung J. Eckart 1986–2000, M. Adolph seit 2000) Hannover (Klinische Ernährung, Leitung M. J. Müller 1986–1993, A. Weimann 1994–1997, S. C. Bischoff 1998–2005, A. Schneider und J. Ockenga seit 2009 im Wechsel Hannover / Bremen) Bochum (Ernährung und Chirurgie, Leitung V. Zumtobel, M. Senkal, M. Kemen seit 1991) Leipzig / Machern (Ernährung und perioperative Medizin, Leitung W. Hartl seit 1994, A. Weimann seit 1999) Berlin, edi-Tagung (ernährung-diätetik-infusionstherapie; Leitung H. Lochs seit 2003, M. Pirlich seit 2011) Stuttgart, pke-Tagung (praxis klinische ernährung; Leitung K. Biesalski seit 2003, S. C. Bischoff u. K. Biesalski seit 2005) Freiburg (Ernährungsmedizin in der Onkologie, Leitung J. Arends seit 2005)

Alle Veranstaltungen finden jährlich statt, außer die größeren Veranstaltungen edi in Berlin und pke in Stuttgart, die alle 2 Jahre stattfinden, wenn in Deutschland keine Jahrestagung veranstaltet wird, d. h. in den ungeraden Jahren. Sowohl edi als auch pke, das sich vorwiegend an die Ernährungsteams im Krankenhaus und im ambulanten Bereich wendet, finden wie die Jahrestagung mit Industrieausstellung statt, während alle anderen Fortbildungsveranstaltungen ohne Industriepräsentation konzipiert sind.

In die Amtszeit von B. Koletzko (2004–2006) fällt die Erstellung der 2. komplett überarbeiteten und aktualisierten Auflage des Curriculums Ernährungsmedizin, die von der Bundesärztekammer (BÄK) gemeinsam mit der DGEM in Zusammenarbeit mit der DGE und der DAEM 2007 publiziert wurde. Gleichzeitig hat die BÄK die curriculäre Fortbildung fächerübergreifend strukturiert und flächendeckend in ihr Weiterbildungsprogramm integriert. Die Fachkunde mit einem Ausbildungskatalog von 100 Stunden kann nun bundesweit an vielen verschiedenen Einrichtungen erworben werden. Die DGEM erstellt Zertifikate für die erfolgreiche Teilnahme an einem Kurs, der nachweislich den Vorgaben des Curriculums entspricht, die Landesärztekammern stellen Teilnahmebescheinigungen aus.

Während der Präsidentschaft von G. Kreymann (2006–2008) wurden die S3-Leitlinien der DGEM zur Parenteralen Ernährung fertiggestellt und publiziert. Damit ist es der DGEM erstmals gelungen, Leitlinien auf S3-Niveau für alle Bereiche der künstlichen Ernährung zu erstellen, die nicht nur für ESPEN, sondern auch für viele anderen nationale Fachgesellschaften als Vorbild angenommen und von der Dachorganisation AWMF, bei der die DGEM seit 1994 Mitglied ist, hohes Ansehen genießt. Derzeit werden die Leitlinien aktualisiert und zu einer Leitlinie zusammengefasst, die voraussichtlich 2012 unter der Federführung von H. Lochs und A. Weimann fertiggestellt und publiziert werden. A. Weimann hat 2008 die Präsidentschaft übernommen und 2010 die erste Drei-Länder-Jahrestagung zusammen mit dem VDOe, dem Berufsverband der Ökotrophologen und Ernährungswissenschaftler, in Leipzig organisiert. Dies war ein großer Erfolg, der nicht nur an der Teilnehmerzahl, sondern auch an den wissenschaftlichen Inhalten der Tagungsbeiträge ablesbar war. Auch war es ein erneuter wichtiger Schritt der Ausweitung der Gesellschaftsinteressen hin zur Ernährungswissenschaft, die inzwischen eng mit der Ernährungsmedizin verwoben ist.

Der amtierende Präsident C. Sieber ist Geriater, womit sich die DGEM erneut positioniert. Ernährungsmedizin ist bei Weitem nicht mehr nur Infusionstherapie im anästhesiologisch-intensivmedizinischen Bereich, um dort Mangelernährung und Unterernährung zu verhindern. Mangelernährung ist ein globales Problem, das, wie die DGEM-Studie von 2005 zeigte, etwa 30 % der Patienten im Krankenhaus betrifft. Hauptrisikogruppen sind konsumierende Erkrankungen (chronische Entzündungen, Tumoren, Alkohol und andere Formen der krankheitsassoziierten Mangelernährung) und alte Menschen, dem Arbeitsgebiet von C. Sieber, der es der DGEM ermöglicht, sich zunehmend auch auf dem Gebiet Mangelernährung und Geriatrie zu etablieren. Der aktuelle DGEM-Vorstand mit C. Sieber, A. Weimann, S. C. Bischoff, J. Ockenga und M. Adolph deckt nahezu alle wichtigen Gebiete der Ernährungsmedizin wie Geriatrie, Chirurgie, Immunologie, Adipositas, Gastroenterologie und Anästhesie ab. Dies verdeutlicht nochmals den breiten Bogen an Fachgebieten, die die DGEM vereint und ihr Chancen für zukünftig wegweisende Konzepte gibt, welche klassischen, organbezogenen Fachgesellschaften kaum zur Verfügung stehen.

Allerdings ist es dazu notwendig, dass die Kommunikation mit vielen klinischen (Geriatrie, Onkologie, Gastroenterologie, Intensivmedizin, Pulmonologie, Pädiatrie sowie hausärztliche Medizin), grundlagenwissenschaftlichen (Stoffwechselforschung, Immunologie, und Mikrobiologie) und ernährungswissenschaftlichen (Diätetik, Prävention) Fachgebieten, um nur die wichtigsten zu nennen, aufrechterhalten bleibt und intensiviert wird. Diese Zielsetzung macht deutlich, dass sich die DGEM endlich von den Grenzen der künstlichen Ernährung befreit, ohne ihre Ursprünge zu vergessen. Die Etablierung des Fachs Ernährungsmedizin in verschiedenen klinischen und ambulanten Bereichen der Medizin und der biomedizinischen Forschung erfordert eine bessere strukturelle Verankerung auf organisatorischer, räumlicher, personeller und finanzieller Ebene. Dies zu erreichen sollte eine der zentralen Aufgaben der DGEM sein, denn diese Ziele sind Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche ernährungsmedizinische Forschung und Anwendung.

Eine weitere Herausforderung für die DGEM ist eine erfolgreiche Politik der Nachwuchsförderung, ohne die wissenschaftliche Ernährungsmedizin nicht haltbar ist. Bereits heute bemüht sich die DGEM darum, indem sie Preise und Ehrungen auslobt ([Tab. 1]), darunter ein Forschungsstipendium für jüngere Leute, welches mit 25 000 € pro Jahr für klinische Projekte ausgestattet ist. Ab 2012 soll dieses Budget auf 40 000 € aufgestockt werden, die dann auf 2 Stipendien (je ein klinisches Projekt und ein Grundlagenprojekt) aufgeteilt werden. Dazu kommen Reisestipendien für die Drei-Länder-Tagung und den ESPEN-Kongress. Weitere Maßnahmen sind in der Planungsphase. Dazu gehört sicherlich auch die von P. Schauder und anderen propagierte Integration des Fachs Ernährungsmedizin in das Medizinstudium.

Tab. 3  Präsidien der DGEM / DAKE 1981–heute. 13.6.1980: DAKE-Gründungsgruppe (28 Mitglieder) wählen F. W. Ahnefeld, Ulm, zum Sprecher, R. Dölp, Ulm zum vorläufigen Sekretär. Präsident (Vorsitzender) 1. Vizepräsident 2. Vizepräsident Sekretär Schatzmeister 19.6.1981 Gründung DAKE – 19831983–1984 G. Dietze, München F. W. Ahnefeld, Ulm E. Holm, Mannheim R. Dölp, UlmD. Löhlein, Hannover M. Halmágyi, Mainz 1984–1986 E. Holm, Mannheim G. Dietze, München J. Eckart, Augsburg D. Löhlein, Hannover M. Halmágyi, Mainz 1986–1988 J. Eckart, Augsburg E. Holm, Mannheim G. Wolfram, Freising D. Löhlein, Hannover M. Halmágyi, Mainz 1988–1990 G. Wolfram, Freising J. Eckart, Augsburg P. Schauder, Göttingen D. Löhlein, Hannover M. Halmágyi, Mainz 1990 –(22.5.1991 Eintrag DGEM nach Fusionen) –1993 P. Schauder, Göttingen G. Wolfram, Freising+ (H. Kasper, Würzburg,G. Schmolz, Stuttgart) V. Zumtobel, Bochum M. Adolph, Augsburg M. Halmágyi, Mainz 1993–1995 V. Zumtobel, Bochum P. Schauder, Göttingen H. Böhles, Frankfurt / M M. Adolph, Augsburg M. Halmágyi, Mainz 1995–1997 H. Böhles, Frankfurt / M V. Zumtobel, Bochum P. Fürst, Stuttgart M. Adolph, Augsburg M. Halmágyi, Mainz 1997–1999 P. Fürst, Stuttgart H. Böhles, Frankfurt / M K.W. Jauch, Regensburg M. Adolph, Augsburg M. Halmágyi, Mainz 1999–2001 K. W. Jauch, Regensburg P. Fürst, Stuttgart H. Lochs, Berlin M. Adolph, Augsburg M. Halmágyi, Mainz 2001–2004(Änderung der Wahlperiode) H. Lochs, Berlin K. W. Jauch, Regensburg B. Koletzko, München A. Weimann, Leipzig M. Adolph, Tübingen 2004–2006 B. Koletzko, München H. Lochs, Berlin G. Kreymann, Hamburg A. Weimann, Leipzig M. Adolph, Tübingen 2006–2008 G. Kreymann, Hamburg B. Koletzko, München A. Weimann, Leipzig S. C. Bischoff, Stuttgart M. Adolph, Tübingen 2008–2010 A. Weimann, Leipzig G. Kreymann, Hamburg,H. Lochs, Innsbruck C. Sieber, Nürnberg S. C. Bischoff, Stuttgart M. Adolph, Tübingen 2010–2012 C. Sieber, Nürnberg A. Weimann, Leipzig S. C. Bischoff, Stuttgart J. Ockenga, Bremen M. Adolph, Tübingen 2012–2014 S. C. Bischoff, Stuttgart C. Sieber, Nürnberg N. N. J. Ockenga, Bremen M. Adolph, Tübingen

Die „Scientific Awareness” der DGEM wird heute unterstützt durch ein eigenes Publikationsorgan, das es trotz aller Herausforderungen, die eine deutschsprachige Zeitschrift mit sich bringt, seit vielen Jahren schafft, 6 Hefte pro Jahr mit je 1–2 Originalartikeln, 1–2 Übersichtsarbeiten und neuerdings 1 CME-Beitrag pro Jahr herauszubringen, zunächst bis letztes Jahr unter der Leitung von G. Wolfram, jetzt unter der Leitung von S. C. Bischoff und Chr. Löser. Die dort erscheinenden Beiträge machen nochmals deutlich, dass das Spektrum der ernährungsmedizinischen Forschung längst weit über die künstliche Ernährung hinaus ist, zeigt aber auch, dass die Anzahl der Beiträge ausbaufähig ist. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der deutschen Beiträge auf europäischer Ebene, z. B. bei den ESPEN-Tagungen oder in der Zeitschrift „Clinical Nutrition”, wo der deutsche Anteil verglichen mit dem des europäischen Auslands bevölkerungsbezogen nicht adäquat ist. Dies hat sowohl mit Nachwuchsförderung als auch mit der bereits angesprochenen unzureichenden strukturellen Verankerung des Fachgebiets zu tun. Andererseits ist erfreulich anzumerken, dass einige DGEM-Aktivisten durchaus gut in der ernährungsmedizinischen Forschung national und international positioniert sind, beispielsweise im BMBF-Kompetenznetz Adipositas oder in DFG-Projekten und EU-Konsortien. Dennoch bleibt: Deutschland könnte und muss hier viel mehr leisten und die DGEM muss helfen, dass dafür die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Leider gibt es weder bei dem BMBF noch auf EU-Ebene adäquate Ausschreibungen zum Thema Mangelernährung. Dies zu ändern sollte auch Aufgabe der DGEM sein, wichtige Starthilfe war ESPEN, die seit einigen Jahren durchaus erfolgreich die Kampagne „Europe fights against malnutrition” auf den Weg gebracht hat.

„Political Awareness” ist für die DGEM dabei essentiell, wenn sie ihre globalen Ziele realisieren will. Dazu gehört eine effektive PR- und Lobbyarbeit mit Pressekonferenzen, Podiumsdiskussionen, Positionpapers, Presse-Website, Newsletter etc. Seit Installation der Geschäftsstelle in Berlin konnte diese Ebene deutlich verbessert werden. Die erfolgreiche Platzierung von S3-Leitlinien und die Mitherausgabe des Curriculums Ernährungsmedizin haben hier wesentlich beigetragen. Dennoch ist auch dieser Sektor ausbaufähig. Die Möglichkeiten von einer GmbH oder einer Stiftung, die mit der DGEM assoziiert sind, müssen eruiert werden. Das schwierige Thema Zertifizierung von Einrichtungen, Teams und Fortbildungsveranstaltungen muss weiterentwickelt werden. Und die Vernetzung mit anderen Akteuren im Gesundheitssystem sowie die Bereiche Medizinerausbildung und Public Health müssen intensiviert werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten: die DGEM hat in ihrer 20–30-jährigen Geschichte viel erreicht und hat trotzdem große Aufgaben vor sich. Die wichtigsten Aufgaben und damit verbundenen Visionen kreisen um das Ziel der Förderung von ernährungsmedizinischer Wissenschaft, wozu Kommunikation, Strukturen und insbesondere Nachwuchsförderung verbessert werden müssen ([Tab. 4]). Nur so kann sie ihre zentralen Felder erfolgreich weiterentwickeln, damit Betroffene hinsichtlich Unterernährung, Überernährung und Fehlernährung in allen Alters- und Risikogruppen, adäquat versorgt werden: eine zentrale Herausforderung für die Volksgesundheit. Die DGEM als Fachgesellschaft eines breit aufgestellten Querschnittsfachs, das überall vorhanden und nirgends fest etabliert ist, hat dazu bis heute eine wertvolle, aber immer noch gefährdete Grundlage gelegt. Sie hat mehr als 2500 Mitglieder, darunter viele Begeisterte, Motivierbare und Tatendurstige. Das ist Chance und Herausforderung zugleich.

Tab. 4 Kernbotschaften und Visionen der DGEM. Zentrale Ziele der DGEM sind die Förderung von ernährungsmedizinischer Wissenschaft und Forschung sowie von wissenschaftlich begründeter Anwendung der Ernährungsmedizin. Alle Aktivitäten der Gesellschaft sollten sich an diesen Zielen messen lassen. Gelingt diese Förderung, könnte durch die Ernährungsmedizin eine neue Dimension der Medizin beginnen, die der Prävention mehr Gewicht verleiht und der Therapie mehr Facetten anbietet. Die DGEM ist im Verlauf der letzten 20 Jahre zu einer großen und heterogenen wissenschaftlichen Fachgesellschaft gewachsen mit mehr als 2500 Mitgliedern, darunter Kliniker und niedergelassene Ärzte, Ernährungswissenschaftler und Ökotrophologen, Apotheker und Dienstleister sowie Diätassistenten und Pflegekräfte mit unterschiedlichen Erwartungen an die Gesellschaft. Die Adressierung dieses breiten Bogens an Erwartungen ist für die Gesellschaft Chance und Herausforderung zugleich. Die DGEM hat sich strukturell enorm entwickelt, wird zunehmend politisch und gesellschaftlich wahrgenommen, aber hat ihr primäres Ziel, die Wissenschaft, manchmal vernachlässigt. Die Fachgesellschaft muss zukünftig beweisen, dass ernährungsmedizinische Wissenschaft ihr primäres Anliegen bleibt und durch ihre Tätigkeit in Deutschland wächst. Wenn ihr das gelingt, könnte sie zu einer der wichtigsten medizinischen Fachgesellschaften heranwachsen. Die DGEM muss sich in Zukunft gezielter der Nachwuchsförderung im Bereich wissenschaftliche und klinisch-praktische Ernährungsmedizin widmen und das Fachgebiet strukturell in verschiedenen Institutionen wie Kliniken, niedergelassenen Strukturen, Universitäten, Schulen und Ministerien etc. besser verankern. Dann hätte sie die Möglichkeit, sich auch im Feld der Grundlagenwissenschaften großen Respekt zu verschaffen. Die DGEM muss Wissenschaftler und Praktiker motivieren für die Ernährungsmedizin – nur dann kann sie deren Potenzial vollends zur Geltung bringen.

In diesem Sinn wünsche ich der DGEM eine große Zukunft!

Stephan C. Bischoff

Literatur

Prof. Dr. Stephan C. Bischoff

Institut für Ernährungsmedizin, Universität Hohenheim

Fruwirthstraße 12

70593 Stuttgart

eMail: bischoff.stephan@uni-hohenheim.de

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