Notfall & Hausarztmedizin 2009; 35(7): 390-391
DOI: 10.1055/s-0029-1235794
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In Kürze in vier Wirkstärken - Moderne individualisierte Schmerztherapie mit überlegener Verträglichkeit

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12 August 2009 (online)

 
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Als Gerüst für ihre Schmerztherapie haben viele Ärzte das WHO-Stufenschema im Kopf. Leider bleiben sie aber oft zu lange auf der untersten Stufe "kleben". "Das WHO-Stufenschema ist heute nicht mehr ,state of the art'. Wir brauchen flexible Therapiemodelle und sollten uns nicht langsam von unten hocharbeiten", forderte Dr. Thomas Nolte, Wiesbaden. Denn für den Patienten geht es um die rasche Linderung seiner Schmerzen bei guter Verträglichkeit und guter Lebensqualität. Zusammen ist dies oftmals nur durch Opioide zu erreichen.

Denn hochpotente Opioide sind bei allen Schmerzformen des Bewegungsapparates und bei Tumorschmerzen wirksam und in ihrer analgetischen Potenz unschlagbar. Auch darin, dass ihnen anders als zum Beispiel nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) jegliche Organtoxizität fehlt, sind sie konkurrenzlos. Vorteilhaft ist dies insbesondere für Patienten, die eine Langzeittherapie benötigen. Es gibt in der Regel keine Dosisobergrenzen, und Opioide eignen sich gut für eine Kombinationstherapie.

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Morphin nicht mehr Goldstandard

"Morphin ist für mich schon lange nicht mehr der Goldstandard der Opioidtherapie", meinte Prof. Gerd Mikus, Heidelberg. Denn es habe ungünstige pharmakologische Eigenschaften und verursache neben Darmfunktionsstörungen vergleichsweise häufig Übelkeit, Erbrechen, eine Sedierung oder Tachykardien - behandlungsbedürftige Nebenwirkungen, deren Therapie zusätzliche Kosten hervorruft und/oder eine Neueinstellung auf eine andere Substanz erforderlich macht.

Den Anforderungen an ein ideales Opioid (s. Kasten) sehr nahe kommt Oxycodon, vor allem in Kombination mit Naloxon. Denn dieser Opioidantagonist wirkt bei oraler Gabe durch einen hohen First-pass-Metabolismus ausschließlich im Darm. Dort verdrängt Naloxon durch seine hohe Rezeptoraffinität alle anderen Opioide aus der Bindung an die µ-Rezeptoren des Plexus myentericus und des Plexus submucosus.

Wird Naloxon zusammen mit Oxycodon verabreicht, antagonisiert es deshalb nur die unerwünschten peripheren Effekte. Die zentrale systemische analgetische Wirkung von Oxycodon bleibt davon jedoch unbeeinflusst. So ist gleich von Anfang an ein kausaler Wirkansatz, der die normale Darmfunktion erhält, in die Schmerztherapie eingebaut.

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Dem individuellen Dosisbedarf Rechnung tragen

Hochpotente Opioide der WHO-Stufe III sind nach Meinung von Mikus unverzichtbar bei der Behandlung starker chronischer Schmerzen. Aufgrund ihres unterschiedlichen Opioidrezeptorbindungsprofils besitzen die verschiedenen Substanzen individuelle Wirkqualitäten, erklärte er. Darüber hinaus kann sich das µ-Rezeptor-Bindungsverhalten durch eine Reihe von Polymorphismen verändern. Deshalb gibt es einen individuellen Dosisbedarf, der bei jedem Patienten austitriert werden muss.

Seit 3 Jahren gibt es die fixe Kombination von Oxycodon und Naloxon (Targin®) in den Wirkstärken 10 mg/5 mg und 20 mg/10 mg, die sich inzwischen in der Praxis hervorragend bewährt hat. In Kürze kommen mit 5 mg/2,5 mg und 40 mg/20 mg noch 2 zusätzliche Wirkstärken hinzu. Damit lässt sich die Schmerztherapie noch besser an die individuellen Bedürfnisse der Patienten anpassen (Tab. [1]).

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Tab. 1 Vier Wirkstärken – für jeden Patienten die richtige Dosierung.

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Ergänzung am unteren und oberen Ende des Dosisspektrums

Darüber hinaus erhöht die neue niedrige Wirkstärke - 5 mg Oxycodon plus 2,5 mg Naloxon - die Sicherheit der Therapie von Patienten, die besonders niedrig eingestellt werden müssen. Dies ist sinnvoll beispielsweise bei

  • Patienten in reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand,

  • Patienten mit niedrigem Körpergewicht,

  • Patienten mit Flüssigkeitsmangel,

  • Patienten mit neurologischen Erkrankungen oder

  • Patienten im höheren Lebensalter.

"In diesen Fällen ist es besonders wichtig, ganz klein anzufangen, um ein gutes Nebenwirkungsprofil zu erreichen", sagte Dr. Stefan Wirz, Bad Honnef. Früher hat man sich damit beholfen, initial 5 mg Oxycodon als Monosubstanz einzusetzen. Die 10 mg/5 mg-Dosierung bleibt weiterhin die Standard-Einstiegsdosierung bei starken Schmerzen.

Die neue hohe Wirkstärke 40 mg/20 mg wiederum bietet einen weiteren Titrationsschritt für Patienten mit starken chronischen Bewegungsschmerzen und Tumorschmerzen, die mit 2-mal täglich 20 mg/10 mg Oxycodon/Naloxon nicht auskommen.

Das erweiterte Dosisspektrum ermöglicht also eine abgestufte individualisierte Schmerztherapie mit nur einem Präparat bei einem größeren Kreis von Patienten. " Wenn man bei einem Präparat bleiben kann, ist dies ein großer Vorteil", meinte Wirz. Für den Arzt vereinfacht es die Behandlung, gleichzeitig verbessert es die Sicherheit und Verträglichkeit der Therapie und die Compliance der Patienten.

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Stark wirksam und sicher - auch im höheren Dosisbereich

Die Daten von mehr als 1000 Patienten aus 3 klinischen, randomisierten Phase-III-Studien mit 3-monatigen Doppelblind-Phasen sowie von mehr als 850 Patienten aus einjährigen unverblindeten Extensionsphasen [1], [2], [3] zeigen, dass die Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon auch in der Langzeitanwendung wirksam, sicher und besser verträglich ist als eine Therapie mit Oxycodon als Monosubstanz. Die Tagesdosierungen betrugen während der 3-monatigen Doppelblind- bzw. der 12-monatigen Verlängerungsphasen teilweise bis zu 80 mg/40 mg oder 120 mg/60 mg Oxycodon/Naloxon.

Von 2 dieser 3 klinischen Parallelgruppenstudien mit 322 bzw. 278 Patienten mit hauptsächlich Bewegungsschmerzen wurde eine Subgruppenanalyse durchgeführt [4]. Ausgewertet wurden die Daten von 346 Patienten, die durchschnittliche Tagesdosierungen von 40 mg/20 mg bis 80 mg/40 mg Oxycodon/Naloxon erhielten. Das Ergebnis: Auch im höheren Dosisbereich wirkt die Fixkombination stark und ist sicher. Auf einer numerischen Ratingskala (NRS) von 0-10 wurden stabil niedrige Schmerzintensitäten von NRS 3-4 erreicht. Ein großes Plus der Fixkombination - auch im höheren Dosisbereich - ist ihre überlegene Verträglichkeit, die sich klar abzeichnete. Der "bowel function index" (BFI) reduzierte sich klinisch relevant um mehr als 30 Punktwerte. Die Patienten hatten eine normale Darmfunktion (Abb. [1]). Es traten im Durchschnitt 3 komplette, spontane Darmentleerungen pro Woche auf.

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Abb. 1 Oxycodon/Naloxon ist der Monosubstanz überlegen.

Der BFI ist ein validierter Parameter zur Beurteilung klinisch relevanter Darmfunktionsbeeinträchtigungen. Er errechnet sich aus 3 Variablen, deren Schweregrad der Patient jeweils auf einer visuellen Analogskala (VAS) von 0-100 einschätzt: die Leichtigkeit der Defäkation, das Gefühl der inkompletten Entleerung und seine persönliche Einschätzung der Obstipation.

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Auch im Praxisalltag profitieren die Patienten vom zweifachen Effekt

Diese Ergebnisse bestätigen sich auch im Praxisalltag. Nolte zeigte anhand einer nichtinterventionellen multizentrischen Studie mit Oxycodon/Naloxon am Beispiel von 1178 Tumorpatienten, wie sehr sie von der stark wirksamen Analgesie und überlegenen Verträglichkeit profitieren. 18,6 % dieser Tumorpatienten waren mit einem WHO-Stufe-I-Analgetikum und 38,0 % mit einem WHO-Stufe-II-Analgetikum vorbehandelt. 35,3 % erhielten bereits ein starkes Opioid der WHO-Stufe III.

Innerhalb von 28 Tagen nach Beginn der Therapie mit Oxycodon/Naloxon verringerte sich die mittlere Schmerzintensität aller Tumorpatienten von NRS 5,5 auf 3,0 auf der numerischen Ratingskala. Sogar die Studienteilnehmer, die vorher bereits starke Opioide der WHO-Stufe III erhalten hatten, berichteten von einer weiteren Schmerzreduktion (Abb. [2]). Ähnlich wie in den klinischen Studien hatten die Patienten auch in diesem "Praxistest" eine normale Darmfunktion, denn der BFI reduzierte sich um durchschnittlich 23,7 Punktwerte auf 15,1 Punkte (Abb. [3]).

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Abb. 2 Deutliche Schmerzreduktion bei Tumorpatienten unter Oxycodon/Naloxon.

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Abb. 3 Normalisierung der Darmfunktion unter Oxycodon/Naloxon.

Im Vergleich zur Vortherapie aller WHO-Stufen erwies sich Oxycodon/Naloxon als überlegen verträglich. Deutlich weniger Patienten litten unter Übelkeit, Obstipation, Bauchschmerzen und Schwindel. Am Ende der 4-wöchigen Beobachtungsphase beurteilten 88 % der Ärzte die Therapie mit Oxycodon/Naloxon als "viel besser" oder "besser" verträglich im Vergleich zur Vortherapie. Insgesamt erhöhte sich damit bei allen Tumorpatienten die Lebensqualität um durchschnittlich 70 %. Patienten, die mit Analgetika der WHO-Stufe I oder II vortherapiert waren, profitierten am meisten von der Fixkombination, denn bei ihnen steigerte sich die Lebensqualität innerhalb der 4-wöchigen Beobachtungsphase um 77 bzw. 80 %, sagte Nolte. Doch auch für Patienten, die bereits vor Studienbeginn ein starkes Opioid der WHO-Stufe III einnahmen, hat die Kombination aus Oxycodon und Naloxon einen hohen therapeutischen Nutzen. Ihre Lebensqualität stieg unter der Fixkombination um 54 % an.

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Forderungen an ein ideales Opioid

Ein ideales Opioid sollte kein Prodrug sein, keine aktiven Metabolite bilden, bei älteren Patienten einsetzbar sein, wenig unerwünschte Wirkungen haben und durch unterschiedliche Wirkstärken eine individualisierte The-rapie erlauben. Fast alle verfügbaren Opioide scheitern an einer oder mehreren dieser Forderungen.

Metabolisierung kann Probleme bergen

Tilidin und Codein beispielsweise müssen in der Leber erst zu aktiven Metaboliten verstoffwechselt werden. Daher ist ihre Bioverfügbarkeit gering und variabel: Ist beispielsweise die Aktivität des metabolisierenden En-zyms erhöht, können rasch toxische Konzentrationen entstehen. Umgekehrt können Interaktionen mit anderen Arzneimitteln, die durch dasselbe Enzym verstoffwechselt werden, Wirkverluste bedingen. Ein besonders hohes Interaktionsrisiko besitzt beispielsweise auch Fentanyl, das über CYP3A4 metabolisiert wird.

Unerwünscht sind auch zusätzliche aktive Metabolite

Morphin wiederum ist zwar selbst die aktive Wirksubstanz, wird jedoch zu Glukuroniden metabolisiert, die über die Nieren ausgeschieden werden. Darunter sind auch aktive Metabolite mit längerer Halbwertszeit als Morphin selbst, die bei einer Nierenfunktionsstörung kumulieren und somit toxische Effekte bewirken können. Hydro-morphon hat zwar keine aktiven Metabolite, dafür ist das Interaktions- und Kumulationsrisiko der Substanz gering.

Kleines Interaktionspotenzial, hohe therapeutische Breite

Oxycodon ist mit keinem dieser Probleme behaftet. Es ist selbst die aktive Substanz und weist eine von keinem anderen Opioid erreichte hohe Bioverfügbarkeit von 87 % auf. Aktive Metabolite in wirksamen Konzentrationen bildet der Wirkstoff nicht, sodass kaum ein Kumulationsrisiko besteht, und sein Interaktionspotenzial ist nur klein. Dementsprechend hoch ist seine therapeutische Breite.

Gerade in Kombination mit Naloxon kommt Oxycodon dem idealen Opioid sehr nahe. Denn dieser Opioidantagonist wirkt aufgrund seines hohen First-pass-Mechanismus ausschließlich im Darm und antagonisiert unerwünschte periphere Effekte von Oxycodon, ohne dessen systemische analgetische Wirkung zu beeinflussen.

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Opioidtherapie mit deutlich weniger unerwünschten peripheren Effekten

Der Grund für diese guten Verträglichkeitsdaten erklärte Wirz so: Durch die fixe Kombination von Oxycodon mit Naloxon lassen sich unerwünschte periphere Effekte der Opioidtherapie von Anfang an verhindern. Dies gilt besonders für die Störung der Darmfunktion, die weder dosisabhängig ist noch Toleranzeffekte zeigt. Sie entwickelt sich fast bei allen Patienten, weil Opioide die Darmmotilität und den Darmtonus vermindern. Nicht nur die Verstopfung selbst, auch die damit assoziierten Probleme wie abdominelle Schmerzen, Blähungen und Völlegefühl belasten die Patienten.

Jeder Patient, der hochpotente Opioide bekommt, muss deshalb gleichzeitig zur symptomatischen Bekämpfung der Obstipation Laxanzien erhalten. Dennoch leiden etwa 70 % der Patienten an Verstopfung. Außerdem rufen Laxanzien zusätzliche Probleme wie Bauchkrämpfe und paradoxe Diarrhöen hervor. "Die Gabe von Abführmitteln ist deshalb oft eher ein zusätzliches Problem als ein Lösungsansatz", konstatierte Wirz.

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Verträglichkeit ist ebenso wichtig wie Effektivität

Die Verträglichkeit einer Schmerztherapie ist ein wesentlicher Punkt, nach dem Patienten im Arztgespräch fragen, ergänzte Nolte. Die Angst vor Nebenwirkungen führe häufig dazu, dass Patienten Probleme, die am Anfang auftreten, überinterpretieren. "Dies führt zu einem erhöhten Gesprächsbedarf - Zeit, die man gerne anders nutzen würde", so Nolte.

Die Möglichkeit, die normale Darmfunktion in der Opioidtherapie mit Oxycodon/Naloxon von Beginn an zu erhalten, ist für den Arzt eine große Bereicherung in der Praxis. Für besonders wichtig hält Nolte diese Option bei Tumorpatienten, die bereits krankheits- und therapiebedingt viele Nebenwirkungen hinnehmen müssen. Generell profitieren alle Patienten mit starken Bewegungsschmerzen, Arthrose, Osteoporose, neuropathischen und viszeralen Schmerzen sowie Tumorschmerzen vom hohen therapeutischen Nutzen der Fixkombination.

Da Targin® in Kürze in 4 verschiedenen Wirkstärken zur Verfügung steht, erleichtert dies eine individuelle Schmerztherapie, von der zukünftig noch mehr Patienten profitieren.

Dr. Angelika Bischoff, Planegg

Quelle: Pressegespräch "Zweifach wirksame Schmerztherapie: ab jetzt in vier Wirkstärken", veranstaltet von Mundipharma, Limburg

Dieser Bericht entstand mit freundlicher Unterstützung von Mundipharma, Limburg.

Dr. Angelika Bischoff ist freie Journalistin.

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Literatur

  • 01 Vondrackova D . et al . J Pain. 2008;  9 1144-1154
  • 02 Simpson K . et al . Curr Med Res Opin. 2008;  24 3503-3512
  • 03 Loewenstein O . et al . Expert Opin Pharmacother. 2009;  10 531-543
  • 04 Mundipharma, data on file. 
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Literatur

  • 01 Vondrackova D . et al . J Pain. 2008;  9 1144-1154
  • 02 Simpson K . et al . Curr Med Res Opin. 2008;  24 3503-3512
  • 03 Loewenstein O . et al . Expert Opin Pharmacother. 2009;  10 531-543
  • 04 Mundipharma, data on file. 
 
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Tab. 1 Vier Wirkstärken – für jeden Patienten die richtige Dosierung.

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Abb. 1 Oxycodon/Naloxon ist der Monosubstanz überlegen.

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Abb. 2 Deutliche Schmerzreduktion bei Tumorpatienten unter Oxycodon/Naloxon.

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Abb. 3 Normalisierung der Darmfunktion unter Oxycodon/Naloxon.