Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: S124-S126
DOI: 10.1055/s-2008-1081107
Kommentar | Commentary
Diabetologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Entwicklungen der Gesundheitspolitik in der Diskussion

Changes in health policy in discussionM. Middeke1 , A. Fritsche2 , O. Schöffski3 , F. W. Dippel4 , J. Knollmeyer4 , T. Kohlmann5
  • 1Hypertoniezentrum München
  • 2Medizinische Klinik, Abteilung IV, Universitätsklinikum Tübingen
  • 3Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Universität Erlangen-Nürnberg
  • 4Sanofi Aventis Deutschland GmbH
  • 5Institut für Community Medicine, Universität Greifswald
Further Information

Publication History

eingereicht: 22.2.2008

akzeptiert: 2.7.2008

Publication Date:
06 August 2008 (online)

M. Middeke: „Ein Blick in die Zukunft der Gesundheitspolitik”

Typ-2-Diabetes ist ein gutes Modell für eine chronische Erkrankung. Die Pathogenese ist bekannt. Die Kombination aus Übergewicht und Bewegungsmangel ist der Hauptmanifestationsfaktor. Daher hat die Prävention auf allen Ebenen eine überragende Bedeutung. Außerdem sind zahlreiche Therapieoptionen verfügbar, mit denen eine Risikominderung erreichbar ist. Die „Krankheitslast”, um es im Jargon der Ökonomen zu sagen, lässt sich vermindern, wenn die Therapie, medikamentös und nicht medikamentös, rechtzeitig einsetzt und adäquat durchgeführt wird.

Dabei spielt die Lebensqualität der Patienten eine große Rolle. Viele Patienten wollen nicht unbedingt 100 Jahre alt werden, aber sie wollen möglichst keine Komplikationen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall erleben. Insofern ist es ein großer Fortschritt, dass die Lebensqualität jetzt auch im Sozialgesetzbuch V verankert ist.

Diabetes wird sich – ähnlich wie andere chronische Erkrankungen – zu einer immer größeren Kostenposition im Gesundheitswesen entwickeln. Daher ist Prävention von großer Bedeutung. Gesundheitsökonomen sagen allerdings, wenn man für mehr Prävention plädiert, dass diese nicht per se kostensparend wirkt. Das ist richtig, weil auch Prävention nicht kostenneutral ist und Investitionen erfordert. Auch wenn es in diesem Supplement um die Insulintherapie und ihre Wirtschaftlichkeit geht, soll daran erinnert werden, dass es beim Typ-2-Diabetes auch wichtige nicht medikamentöse Möglichkeiten gibt. Das Eine – Prävention – schließt das Andere – die medikamentöse Therapie – nicht aus. Gerade beim Typ-2-Diabetes ergänzen sich nicht medikamentöse und medikamentöse Maßnahmen gut. Die Aktivität der Patienten ist gefordert.

Die Schlussdisskussion bietet aber auch die Möglichkeit gesundheitspolitisch in die Zukunft zu blicken: Wie sieht es in ein paar Jahren im Gesundheitswesen aus und wo soll es hingehen? Wird z. B. der Gesundheitsfond, wie angekündigt, kommen oder nicht?

Der Wettbewerb im Gesundheitswesen wird sich in Zukunft verstärken und mehr Wettbewerb unter den Kassen kann zu einer spannenden Entwicklung führen. Im Wettbewerb unter den Ärzten, sollte in Zukunft die Behandlungsqualität ein wichtiges Kriterium sein. Heute wird die Behandlungsqualität nicht hinreichend honoriert. In Zukunft muss eine bessere Behandlung auch besser honoriert werden.

Die Kassen befinden sich heute schon vielfach selbst mitten im therapeutischen Geschehen, etwa bei der integrierten Versorgung, mit vielen z. T. auch fragwürdigen Projekten, in die viel Geld fließt. Viele sinnvolle Projekte werden dagegen nicht wissenschaftlich begleitet. Beim Disease Management Programm (DMP) Diabetes wurden viele Millionen Euro ausgegeben, u. a. auch für die Gewinnung von Daten. Auf eine unabhängige wissenschaftliche Auswertung warten wir noch immer. Auch hier muß der alte Lehrsatz gelten „Was nicht publiziert ist, existiert nicht”. Da werden auf der einen Seite nur RCTs erster Güte zur Entscheidungsfindung zugelassen, während auf der anderen Seite mit hohen Kosten ein DMP installiert und fortgeführt wird. Ärzte werden zur Teilnahme gedrängt und am Ende bleibt die wissenschaftliche Evidenz auf der Strecke.

Prof. Dr. Martin Middeke

Hypertoniezentrum München

Dienerstraße 12

80331 München

Phone: 089/3610-3947

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Email: info@blutdruckinstitut.de

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