Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: S3
DOI: 10.1055/s-2008-1075682
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nuklearmedizinische Bildgebung in der Neurologie und Psychiatrie

Nuclear Medicine imaging in neurology and psychiatryS. Gratz
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Publication Date:
23 April 2008 (online)

Von allen Teilbereichen der Nuklearmedizin hat die Etablierung nuklearmedizinischer Untersuchungen in der Neurologie und Psychiatrie („Neuronuklearmedizin”) am längsten gebraucht, um als Routineuntersuchung im klinischen Alltag wahrgenommen zu werden. Die Nuklearmedizin hat sich bislang in ihrem klinischen Selbstverständnis hauptsächlich über die Onkologie, Kardiologie und die Thyreologie definiert, wohingegen Untersuchungen in der Neurologie / Psychiatrie eher seltener und meist an universitären Einrichtungen etabliert waren. Erst seit kurzer Zeit ist der Neuronuklearmedizin der Durchbruch von primär wissenschaftlich orientierter Anwendung zu einer klinisch etablierten Methode gelungen. Gründe hierfür sind die stetigen Weiterentwicklungen der Radiochemie, Gerätetechnologie, aber auch die hiermit verbundene klinische Akzeptanz der Neuronuklearmedizin in den verschiedenen interdisziplinären, meist neurologischen und psychiatrischen Fächern, die zunehmend die Bedeutung funktioneller Bildgebung in der Beschreibung von Krankheitsprozessen erkannt haben.

Als wichtigste klinisch etablierte Indikationen für die Durchführung neuronuklearmedizinischer Untersuchungen sind heute die Früh- und Differentialdiagnostik von Demenz- und Basalganglienerkrankungen, die Neuroonkologie sowie die präoperative Epilepsiediagnostik zu nennen. Ein bedeutender Bestandteil der Neuronuklearmedizin hierbei sind die gerätetechnisch bedingte Reliabilität und Reproduzierbarkeit der Untersuchungen sowie der qualitativ hohe Grad der radiochemischen Abbildungseigenschaften, die es auch einem weniger erfahrenen Kollegen ermöglichen, diagnostisch wertvolle Aussagen zu tätigen. Für die nicht-invasive In-vivo-Erfassung verschiedener (patho)physiologischer Prozesse im Zentral-Nervensystem steht dem Nuklearmediziner mittlerweile eine relativ große Anzahl verschiedener Radiopharmaka zur Abbildung komplexer biochemischer Vorgänge wie der Neurotransmission zur Verfügung. Exemplarisch sei an dieser Stelle das 123I-markierte FP-CIT (DATSCAN™) erwähnt, was die Vitalität der Dopamin-Transporter auf molekularer Ebene mit einer Genauigkeit aufzeigen kann, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre.

Entscheidende Voraussetzung für einen hohen Qualitätsstandard der Neuronuklearmedizin ist dabei eine enge interdisziplinäre Kooperation zwischen Kliniker und Diagnostiker. So muss der Neurologe bzw. Psychiater einerseits die Indikation des nuklearmedizinischen Repertoires kennen, und andererseits muss der Nuklearmediziner die Kollegen der Neurofächer in adäquater Weise in Auswertung und Interpretation der Befunde mit einbeziehen.

Das vorliegende Supplement soll nun den aktuellen Stand, die Möglichkeiten, aber auch die Limitationen der klinischen Untersuchungsmethoden in der Nuklearmedizin aufzeigen. Schwerpunkt der verschiedenen Themenkomplexe hierbei ist der Einfluss der Neuronuklearmedizin auf die Therapiefindung bei unterschiedlichen neurodegenerativen Erkrankungen. Es ist uns dabei gelungen, für die einzelnen Teilbereiche ausgewiesene Experten als Autoren zu gewinnen, wobei die Aufsätze thematisch ganz bewusst auf die jeweils klinisch etablierten Anwendungen konzentriert sind und die wichtigsten Indikationen herausstellen. Komplettiert wird das Supplement durch eine wertvolle neuroradiologische Arbeit, die die morphologische Wertigkeit bei der Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen durch die Magnetresonanz-Tomographie aufzeigt.

Wir danken der Firma GE Healthcare, München, für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Supplementbandes.

Priv.-Doz. Dr. Dr. med. S. Gratz

Praxis für Nuklearmedizin

Seelbergstraße 11

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