Klinische Neurophysiologie 1986; 17(3): 140-146
DOI: 10.1055/s-2008-1060945
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Abhängigkeit der Aktionspotentialamplitude motorischer Einheiten von der Rekrutierungsschwelle: Implikationen für die Elektromyographie

The dependence of the motor unit action potential amplitude on its threshold force of recruitment: implications for clinical electromyographyJ. Herdmann, H. J. Büdingen1 , K. Reiners, W. Berger2 , H.-J. Freund
  • Neurologische Universitätsklinik Düsseldorf,
  • 1Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie des St. Elisabethen-Krankenhauses Ravensburg und
  • 2Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie der Universität Freiburg
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

The relationship between the action potential amplitude and the threshold force of recruitment of 275 motor units IMU! recorded from the first dorsal interosseus muscle of 15 healthy subjects was analysed. The number of newly recruited MU decreased exponentially with increasing muscular force. Action potential amplitudes showed a highly significant positive linear correlation with threshold force of recruitment. This relationship is in accordance with the size principle of MU recruitment. Applying the rank correlation method, 88.6 ± 2.0 % (mean ± standard deviation) of paired comparisons between all MU of one subject followed the normal activation sequence of MU with an increasing action potential amplitude. It is shown that small variations of the distance between the leading-off surface of the electrode and the MU recorded do not affect these findings.

These results demonstrate that the force at which a MU is recruited is the most important factor influencing MU action potential amplitude in normal subjects. So far this fact has not been adequately appreciated in clinical electromyography although it is of significance for the assessment of pathological conditions.

Zusammenfassung

Das Verhältnis zwischen der Aktionspotentialamplitude und der Muskelkraft, bei der willkürlich aktivierte motorische Einheiten (ME) des M. interosseus dorsalis I rekrutiert werden, wurde untersucht, indem während langsam ansteigender isometrischer Kraft mittels konzentrischer Nadelelektroden 275 ME von 15 gesunden Personen abgeleitet wurden. Die Anzahl neu rekrutierter ME fiel mit zunehmender Kraft annähernd exponentiell ab. Die Aktionspotentialamplitude der ME nahm linear mit ihrer Kraftschwelle der Rekrutierung zu. Dieses Verhalten entspricht dem Größenprinzip der Rekrutierung motorischer Einheiten. Um zu prüfen, ob die mittels kraftkorrelierter Nadelmyographie erhaltenen Daten dieses Prinzip exakt widerspiegeln, wurde jede ME hinsichtlich ihrer Aktionspotentialamplitude und der Kraftschwelle der Rekrutierung mit jeder anderen verglichen. Nach dem Rangkorrelationsverfahren zeigten 88,6 ± 2,0 % (Mittelwert ± Standardabweichung) der Paarvergleiche einer Versuchsperson ein normales, d.h. dem Größenprinzip entsprechendes Rekrutierungsverhalten. Es wird nachgewiesen, daß ein unterschiedlicher Abstand der registrierten ME zur Ableitfläche der Elektrode diese Ergebnisse nicht beeinflußt.

Damit ist gezeigt, daß die Kraft, bei der ME elektromyographisch untersucht werden, bei Normalpersonen die wichtigste Einflussgröße auf die Aktionspotentialamplitude ist. Dieser einfachen Tatsache ist bislang in der klinischen Elektromyographie keine ausreichende Beachtung geschenkt worden, obwohl sie für die Beurteilung pathologischer Befunde von Bedeutung ist.

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