Dtsch Med Wochenschr 2008; 133(11): 510
DOI: 10.1055/s-2008-1046741
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Internistische Probleme in der Schwangerschaft

Die Sicht des Gynäkologen und GeburtshelfersMedical problems in pregnancyThe obstetricians'point of viewW. Rath1
  • 1Universitäts-Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Aachen
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Publication Date:
05 March 2008 (online)

Die letzten Jahre haben nicht nur in der Geburtshilfe, sondern in allen Fächern der Medizin zu einem immensen Wissenszuwachs geführt, der für den einzelnen heute kaum überschaubar ist. Dies gilt um so mehr für die Schwangerschaft, die einerseits durch die ihr eigene Physiologie und Pathophysiologie geprägt ist und bei Erkrankungen immer zwei „Patienten” zu berücksichtigen hat; andererseits hat die Einführung neuer apparativer, biochemischer und biomolekularer Methoden die Diagnostik spezieller Erkrankungen erheblich erweitert.

Innovative pharmakologische Behandlungsverfahren haben unser Handlungsspektrum auch in der Schwangerschaft wesentlich erweitert. Der Geburtshelfer sollte die Pathophysiologie und die Auswirkungen von Erkrankungen auf die Schwangerschaft kennen, er ist aber in seinem Wissen um moderne internistische Diagnose- und Therapieverfahren häufig überfordert. Der Internist verfügt im Allgemeinen über dieses Wissen, ist aber nicht selten unsicher hinsichtlich deren Umsetzung und des Einflusses auf die Schwangerschaft (auf Mutter und Kind).

Vergessen wir nicht die berechtigten Ansprüche unserer immer besser informierten und aufgeklärten Schwangeren (Eltern), die von beiden Fachdisziplinen den aktuellsten Wissensstand und damit die derzeit beste Diagnostik und Therapie erwarten. Diesen Ansprüchen ist heute nur durch eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Behandlung von Erkrankungen in der Schwangerschaft gerecht zu werden. Dabei sollte der Geburtshelfer bereits vor einer geplanten Schwangerschaft, spätestens aber zu Beginn der Schwangerenvorsorge die Schwangere mit Grunderkrankung einem spezialisierten Internisten vorstellen, um dann gemeinsam mit ihm rechtzeitig das Behandlungskonzept für die Schwangerschaftsbetreuung und die Geburt festzulegen.

Von zunehmender Bedeutung ist auch der Einfluss von Schwangerschaftskomplikationen (z. B. Präeklampsie, Diabetes) auf spätere Erkrankungen im Leben der Frau, die einer regelmäßigen allgemeinärztlichen oder internistischen Überwachung über das Wochenbett hinaus bedarf. Die Aufnahme dieser risikobelasteten Frauen in Präventionsprogramme (Hypertonie, kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen) ist ein lohnenswertes Ziel der Zukunft.

Es ist daher sehr zu begrüßen, dass der Georg Thieme Verlag in einer renommierten Zeitschrift ein publizistisches Forum geschaffen hat, das durch Meinungsaustausch und konstruktive Diskussion einen praxisrelevanten Beitrag für eine optimale interdisziplinäre Kooperation zum Nutzen von Mutter und Kind liefert.

Prof. Dr. med. W. Rath

Direktor der Univ.-Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe

Pauwelsstr. 30

52074 Aachen

Email: wrath@ukaachen.de

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