Fortschr Neurol Psychiatr 1992; 60(3): 91-103
DOI: 10.1055/s-2007-999127
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Möglichkeiten der Therapie von Angststörungen des DSM-III-R

Treatment of Anxiety DisordersC.  Wurthmann , E.  Klieser
  • Psychiatrische Klinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publication Date:
10 January 2008 (online)

Abstract

Between 2 % and 5 % of the population are affected by anxiety disorders. Several studies have shown that imipramine possesses anti-panic and anti-phobic properties. Its response rate is at least 70%. In panic disorder with agoraphobia it is therefore the medication of first choice. Agoraphobia, simple and social phobias are highly responsive to behavioural therapy (desensitization, flooding, social skills training, cognitive restructuring). Drugs have not been found useful in controlled studies. In conjunction with the tricyclic antidepressant clomipramine, behavioural therapy is superior to other psychotherapeutic strategies in the treatment of obsessive-compulsive disorders. Patients suffering from post traumatic stress disorders require first of all supportive psychotherapy. Pharmacological treatment is of limited value. Neuroleptics, benzodiazepines, sedating antidepressants and beta-blockers are the most appropriate agents for the treatment of generalised anxiety disorders. In addition to that, intense psychotherapy and relaxation techniques should be applied. Further research should address the question of relapse rates after termination of therapy and the elaboration of therapeutic strategies that take individual psychopathology into consideration.

Zusammenfassung

Krankhafte Angst gehört zu den häufigsten psychischen Störungen. Die Schätzungen der Punktprävalenz schwanken zwischen 2 und 5 % der Gesamtbevölkerung westlicher Länder. Acht Formen von Angststörungen werden unterschieden: Panikstörung mit und ohne Agoraphobie, Agoraphobie, einfache Phobie, soziale Phobie, Zwangsstörung, posttraumatische Belastungsstörung, generalisierte Angststörung und atypische Angststörungen. Das attackenartige Auftreten heftigster psychischer und somatischer Angstsymptome (Panikstörung) wird in mindestens 70% der Fälle erfolgreich mit Imipramin, dem Mittel der ersten Wahl, behandelt. Diese Substanz mindert auch die Angst, sich an Orte oder in Situationen zu begeben, in denen beim Auftreten hilflos machender oder peinlicher Symptome eine Flucht nur schwer möglich oder keine Hilfe verfügbar wäre (Agoraphobie). Im Vordergrund der Behandlung der Agoraphobie steht jedoch in Verbindung mit autogenem Training die Verhaltenstherapie in Form der Desensibilisierung oder Reizüberflutung. Diese Methode eignet sich auch zur Behandlung sozialer Ängste (soziale Phobie) oder von Ängsten vor umschriebenen Objekten, wie z. B. Tieren (einfache Phobie). Angstlösende Pharmaka oder andere nichtpharmakologische Therapien sind eindeutig weniger wirksam. Wiederholte, als lästig und sinnlos empfundene Gedankeninhalte und Handlungsimpulse im Rahmen einer Zwangsstörung werden ebenfalls durch die Verhaltenstherapie gemindert. Wegen der Neigung der Zwangsstörung zur Chronifizierung empfiehlt sich eine Kombination mit dem in den Serotoninstoffwechsel eingreifenden Clomipramin. Im Mittelpunkt der Behandlung von Ängsten, die durch objektiv stark belastende Erlebnisse, wie z. B. Vergewaltigung, hervorgerufen werden, steht die Gesprächspsychotherapie. Zur Behandlung chronischer unrealistischer oder übertriebener Ängste mit Zeichen motorischer Spannung, vegetativer Übererregbarkeit, Hypervigilanz und erhöhter Aufmerksamkeit (generalisierte Angststörung) sind vor allem Psychopharmaka, wie z. B. Neuroleptika, Tranquilizer oder dämpfende Antidepressiva sowie Betarezeptorenblocker geeignet. Gleichzeitig ist eine intensive supportive Psychotherapie mit Entspannungsübungen erforderlich. Eine Überlegenheit anderer psychotherapeutischer Methoden ist nicht erwiesen. Nicht ausreichend beantwortet ist bis heute die Frage des therapieüberdauernden Effektes sämtlicher Angsttherapien sowie der differentiellen Indikation pharmakologischer und nichtpharmakologischer Methoden im Einzelfall.

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