Pneumologie 2007; 61(7): 490
DOI: 10.1055/s-2007-980064
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anti-Raucherkampagne in der Pneumologie

Antismoking CampaignC.  Vogtherr, S.  Andreas, R.  Loddenkemper, M.  Pfeiffer
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Publication Date:
09 July 2007 (online)

(Pneumologie 2007; 61 : 270 - 271)

Sehr geehrte Herausgeber!

Die Leserdiskussion über die Anti-Raucherkampagne in der Pneumologie (Pneumologie 2007; 61 : 270 - 271) verwundert mich ein wenig. Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass Tabakrauchen gesundheitlich unzuträglich ist, und deswegen sinnvollerweise unterlassen werden sollte. Die Polemik allerdings und das „Gutmenschentum”, das sich in diesem Zusammenhang in die Diskussion einmischt, ist unerträglich. Diejenigen, die darauf hinweisen, dass lediglich ein kleiner Teil der Raucher vom Rauchen Schäden erleiden, als Lobbyisten der Tabakindustrie zu brandmarken geht zu weit, weil wissenschaftlich nicht unterlegt, und trifft z. B. auch die Einlassung von Herrn Dr. Vogtherr in keinster Weise. Es werden weiterhin Menschen sterben, auch wenn niemand mehr eine Zigarette raucht, und es gibt andere wichtige Risikofaktoren, die ein menschliches Leben verkürzen können, und die ebenfalls zu berücksichtigen sind. Obwohl ich selbst kein Raucher (mehr) bin, würde es mich doch außerordentlich interessieren, was mit den mehr als zwei Drittel der Raucher los ist, die keinen Schaden von ihrer Leidenschaft zurückbehalten und ein langes Leben zu erwarten haben (siehe H. Schmidt). Unter einer wissenschaftlichen Sicht greift die Antiraucherkampagne zu kurz und vergibt die Chance über die unterschiedlichen Reaktionsweisen der Betroffenen etwas zu den grundlegenden Mechanismen der Entstehung von Bronchialerkrankungen zu erfahren, bzw. Kenntnisse über die Kompensationsmechanismen zu erhalten, die bei vielen Menschen Schäden, auch verursacht durch andere Schadereignisse, verhindern. Über mögliche positive Effekte der Nikotinexposition, die es zweifelsohne gibt, soll hier gar nicht spekuliert werden, zumal Studien dazu nicht existieren. Damit ergibt sich die eigenartige Situation einer einseitigen Problemstellung in einer fundamentalen wissenschaftlichen Frage. Daher ist es nur mehr als berechtigt, dass sich auch Gegenstimmen zu Wort melden. Diese sollten aber nicht polemisch desavouiert werden, wie in dem Antwortbeitrag von Andreas u. Mitarb. zum Leserbrief von Ch. Vogtherr, sondern sie sollten in jedem Fall als Anregung verstanden werden, über die grundlegenden Mechanismen der Biologie des Bronchialsystems mehr zu erfahren, als wir heute wissen. So richtig es ist, sich im Interesse der Menschen intensiv um eine Reduktion des Tabakgebrauchs zu bemühen, so wenig wird aus diesen Aktivitäten wissenschaftliche Erkenntnis erwachsen. Wenn mit der Entdeckung des Tuberkuloseerregers die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Schadprinzip aufgehört hätte, wüssten wir heute sehr viel weniger über Immunologie, Aggression und Abwehrreaktionen des Organismus gegenüber Infektionen und deren Bekämpfung. Meiner Auffassung nach wollte Herr Kollege Vogtherr auf den Sachverhalt zu Recht aufmerksam machen, dass die Aktivitäten gegen das Rauchen, das medizinisch-wissenschaftliche Problem der Schadstoffexposition jedenfalls nur tangenzial berühren und es auf keinen Fall lösen. Es wäre traurig, wenn sich die wissenschaftliche Dimension der Pneumologie auf eine Antiraucherkampagne einengen würde, auch wenn dieser Eindruck nur nach außen in der Gesellschaft so bestünde.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. med. Peter v. Wichert

Dir. emer. der Medizinischen Poliklinik der Philipps Universität Marburg

Eppendorfer Landstr. 14

20249 Hamburg

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