NOTARZT 2007; 23(5): 170-171
DOI: 10.1055/s-2007-970814
Fortbildung
Der toxikologische Notfall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wohlgerüche

F.  Martens1
  • 1Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin (Direktor: Prof. Dr. Ulrich Frei), Berlin
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Publication Date:
04 October 2007 (online)

Fall 1

Der Notarzt wird in den Abendstunden eines Wintertages unter dem Stichwort „Plötzliche Bewusstlosigkeit - Kleinkind” alarmiert. An der Einsatzstelle, einer gepflegten Wohnung, empfängt ihn eine jüngere Frau mit einem etwa einjährigen Mädchen auf dem Arm. Sie berichtet, dass ihre Tochter vor wenigen Minuten am ganzen Körper gezuckt habe und seither nicht mehr reagiere.

Die Untersuchung des Mädchens ergibt tatsächlich eine tiefe Bewusstseinstrübung - nur auf kräftiges Kneifen kommt es zu diskreten, seitenentsprechenden Armbewegungen. Die Hautfarbe ist rosig, die pulsoxymetrische Sättigung liegt bei 97 %. Bei der Untersuchung wird eine deutlich erhöhte Körpertemperatur auffällig und schließlich rektal Fieber von 40,1 °C gemessen.

Die Mutter wusste zu berichten, dass ihre Tochter seit einigen Tagen verschnupft gewesen sei und nachts im Gegensatz zu sonst schlecht geschlafen und viel gehustet habe. Daher habe sie ihr Kind mit einer Hustensalbe eingerieben. Die Körpertemperatur hatte sie nicht gemessen.

Während der Untersuchung wird das Kleinkind langsam etwas wacher und bewegt sich spontan seitengleich. Unter der Verdachtsdiagnose „Fieberkrampf” verabreicht der Notarzt ein Parazetamolzäpfchen und bringt das Kind in Begleitung seiner Mutter in die nahe gelegene Kinderklinik.

Während des Übergabegespräches kommt es dort zu einem erneuten Krampfanfall, der erst nach rektaler Applikation von Midazolam sistiert. Die anwesenden Kinderärzte intubieren und beatmen das kleine Mädchen und übernehmen es auf die pädiatrische Intensivstation.

In den nächsten Stunden können infektiologische Ursachen für das Fieber ausgeschlossen werden. Am Vormittag des Folgetages ist das Mädchen wieder wach und reagiert adäquat und kann extubiert werden.

Als Ursache der Krampfanfälle wird das ausgiebige Einreiben des Kindes mit einer „Erkältungssalbe” vermutet, die von der Mutter auf Brust und Rücken des Kindes geschmiert worden war. Diese Salbe enthielt Kampfer, Eukalyptusöl sowie Wirkstoffe aus Nelkenöl und Fichtennadelöl.

Literatur

  • 1 Köppel C, Martens F, Schirop T, Ibe K. Hemoperfusion in acute camphor poisoning.  Intensive Care Med. 1988;  14 431-433
  • 2 Love J N, Sammon M, Smereck J. Are one or two dangerous? Camphor exposure in toddlers.  J Emerg Med. 2004;  27 (1) 49-54
  • 3 Baselt R C, Cravey R H. Disposition of toxic drugs and chemicals in man; 3rd ed. Chicago, London, Boca Raton, Littleton Mass.; Year Book Medical Publishers Inc 1989
  • 4 Manoguerra A S, Erdmann A R, Wax P M. et al . Camphor Poisoning: An evidence-based practice guideline for out-of-hospital management.  Clin Toxicol. 2006;  44 357-370

Priv.-Doz. Dr. Frank Martens

Charité, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

Email: frank.martens@charite.de

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