Klinische Neurophysiologie 2005; 36(2): 98-99
DOI: 10.1055/s-2005-866894
Bilder der Neurologie
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Intradurales lumbales Hämatom nach Liquorpunktion

Intradural Lumbal Hematoma after Lumbar PunctureS.  Evers1 , T.  Ellger1
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster
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Publication Date:
01 June 2005 (online)

Fallbericht

Komplikationen nach einer Lumbalpunktion zur diagnostischen Liquorgewinnung beinhalten an erster Stelle das sog. postpunktionelle Syndrom und an zweiter Stelle MRT-Veränderungen der Meningen, Infektionen durch unsachgemäße Punktion und in extrem seltenen Fällen akuten Unterdruck mit der Gefahr der Herniation des Gehirns. Lokale Hämatome werden in der Regel nur für die Injektionsstelle, nicht aber intradural beobachtet. Wir beschreiben den Fall einer Patientin, die durch die Lumbalpunktion ein reversibles intradurales Hämatom entwickelt hat.

Eine 22-jährige Patientin hatte sechs Monate vor Aufnahme eine Sinusthrombose des Sinus sagittalis superior und des Sinus transversus rechts ohne Hirninfarkt erlitten. Risikofaktoren waren seinerzeit eine ausgeprägte Adipositas (BMI über 40) und die Einnahme einer hormonalen Kontrazeption. Hereditäre Gerinnungsstörungen konnten nicht nachgewiesen werden. Bei Aufnahme beklagte die Pat. dumpf drückende Kopfschmerzen, die von nuchal nach frontal beiderseits zogen und ohne vegetative Begleitsymptome einhergingen. Sehstörungen oder andere fokalneurologische Symptome wurden nicht beklagt. Die Patientin nahm keinerlei Medikamente ein. Aufgrund des Verdachts auf ein Liquorüberdrucksyndrom nach Sinusthrombose oder in Form eines Pseudotumor cerebri wurde die Pat. lumbal punktiert. Der Liquoreröffnungsdruck im Liegen betrug 21 cm H2O.

Einen Tag nach der Punktion beklagte die Patientin leichtgradige lumbale Rückenschmerzen und Sensibilitätsstörungen in beiden Beinen, die sie nicht genauer lokalisieren konnte. Die neurologische und die orthopädische Untersuchung waren unauffällig. Da die Beschwerden keiner sicheren Diagnose zugeordnet werden konnten und die Patientin außerordentlich beunruhigt war, führten wir eine Kernspintomographie der lumbalen Wirbelsäule durch. Dabei zeigte ich ein frisches intradurales Hämatom, das Kontakt mit der Cauda equina, aber ansonsten keine raumfordernde Wirkung hatte (vgl. Abb. [1]). Die postpunktionellen Beschwerden der Patientin klangen innerhalb weniger Tage vollständig wieder ab, eine Kontrolle der lumbalen Kernspintomographie zeigte dann einen unauffälligen Befund.

Abb. 1 Lumbales, intradurales Hämatom nach Liquorpunktion in der T2-Wichtung (a) sagittale und (b) axiale Schnittführung.

Die erweiterte Anamnese ergab akute Konflikte in der Krankheitsverarbeitung nach der Sinusthrombose und im intrafamiliären Bereich, sodass die Kopfschmerzen als chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp interpretiert wurden und gleichzeitig die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung gestellt werden konnte. Unter einer psychosomatischen Therapie inkl. Gabe von trizyklischen Antidepressiva besserten sich die Kopfschmerzen der Patientin deutlich.

Literatur

  • 1 Domenicucci M, Ramieri A, Paolini S, Russo N, Occhiogrosso G, Biasi C Di, Delfini R. Spinal subarachnoid hematomas: our experience and literature review. Acta Neurochir 2005 [in press]
  • 2 Kreppel D, Antoniadis G, Seeling W. Spinal hematoma: a literature survey with meta-analysis of 613 patients.  Neurosurg Rev. 2003;  26 1-49
  • 3 Morandi X, Riffaud L, Chabert E, Brassier G. Acute nontraumatic spinal subdural hematomas in three patients.  Spine. 2001;  26 E547-551
  • 4 Kirsch E C, Khangure M S, Holthouse D, McAuliffe W. Acute spontaneous spinal subdural haematoma: MRI features.  Neuroradiology. 2000;  42 586-590

PD Dr. Dr. Stefan Evers

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