intensiv 2004; 12(4): 187-189
DOI: 10.1055/s-2004-813077
Abstract

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prävention von Komplikationen durch zentralvenöse Katheter

Hardy-Thorsten Panknin1
  • 1Berlin
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Publication Date:
08 July 2004 (online)

In den USA werden jährlich mehr als 5 Millionen zentralvenöse Katheter gelegt. Obwohl ihre Anwendung für die parenterale Ernährung, die Messung des zentralen Venendrucks und die Zufuhr von Medikamenten in vielen Fällen unabdingbar ist, sind sie andererseits eine der häufigsten Quellen von Komplikationen und nosokomialen Infektionen. Je nach Liegedauer und Kathetertyp kommt es bei ca. 5 - 26 % der Katheter zur Lokalinfektion oder Sepsis. In der vorliegenden Übersichtsarbeit von Dr. David McGee und Dr. Michael Gould aus der Abteilung für Lungenkrankheiten und Intensivmedizin des Veteranenkrankenhauses von Palo Alto, Kalifornien/USA, stellen die Autoren neuere Möglichkeiten der Präventionen von Komplikationen und Katheterinfektionen dar und geben Hinweise zum medizinischen Management, wenn eine katheterassoziierte Infektion vorliegt oder vermutet wird (Abb. [1]).

Abb. 1 Algorithmus

Vor jeder Katheterinsertion steht zunächst die Entscheidung, welches Kathetermaterial bzw. welcher Kathetertyp angewandt werden soll. Neben den konventionellen Kathetern aus Polyurethan werden bereits seit einigen Jahren sowohl auf dem US-Markt als auch in Deutschland antimikrobiell beschichtete Katheter angeboten. In Deutschland sind bisher lediglich Katheter, die außenseitig mit Chlorhexidin und Silber-Sulfadiazin beschichtet sind, sowie reine Silberkatheter im Handel. Ein außen- und innenseitig mit Chlorhedixin und Silber-Sulfadiazin beschichteter Katheter wird in den nächsten Monaten in Europa zugelassen werden. In den USA existieren auch Katheter, die mit Antibiotika (Rifampicin und Minocyklin) imprägniert sind. Hintergrund für die Entwicklung dieser Katheter war die Tatsache, dass die Mehrzahl der katheterassoziierten Infektionen durch eine außenseitige Kolonisation der Katheterspitze hervorgerufen werden. Randomisierte klinische Studien haben gezeigt, dass die außenseitig mit Chlorhexidin und Silber-Sulfadiazin beschichteten Katheter in der Lage sind, die Infektionsrate von 7,6 Septikämien pro 1000 Kathetertage (4,6 % der Katheter) auf 1,6 Septikämien pro 1000 Kathetertage (1 % der Katheter) zu senken. Eine begleitende Untersuchung zur Kosteneffektivität ergab, dass pro verwendeten Katheter direkte medizinische Kosten in Höhe von 196 US-Dollar eingespart werden können. Rifampicin/Minocyklin-beschichtete Katheter senkten die Infektionsrate in einer anderen Studie noch stärker, werden jedoch in Anbetracht der Möglichkeit einer Selektion resistenter Erreger in den USA zurückhaltend eingesetzt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass antimikrobiell beschichtete Katheter dann angewandt werden sollten, wenn die Katheterinfektionsrate bei über 2 Fällen pro 1000 Kathetertage liegt.

Eine Entscheidung ist auch zu treffen zwischen der Anwendung von Single-Lumen- versus Multilumen-Kathetern. Die amerikanischen Richtlinien der Centers for Disease Control (CDC) empfehlen, im Falle einer parenteralen Ernährung ein eigenes Lumen hierfür zu reservieren. Begründet wird dies damit, dass sich mikrobielle Kontaminationen bei Anwendung fetthaltiger Lösungen besonders deletär auswirken können, da Lipide das bakterielle Wachstum und Pilzwachstum stark fördern. Der für die parenterale Ernährung verwendete Schenkel sollte daher nicht für Zusatzinjektionen oder Kurzinfusionen verwendet werden. Unklar ist, ob Multilumen-Katheter eine höhere Infektionsgefahr bergen als Single-Lumen-Katheter, da direkte vergleichende Studien an einer ausreichend großen Fallzahl fehlen. Aufgrund rationaler Überlegungen muss man dies jedoch annehmen. Daher wird empfohlen, bei Beendigung einer parenteralen Ernährung den nicht mehr benötigten Schenkel nicht länger als 24 h stillzulegen und anschließend, falls überhaupt noch ein Katheter erforderlich ist, statt eines Multilumen-Katheters einen Single- oder ggf. Doppel-Lumen-Katheter zu legen.

Hinsichtlich des Insertionsortes empfehlen die Autoren, aus Gründen der Infektionsprävention die Vena suclavia zu bevorzugen. Der längere subkutane Kathetertunnel und die größere Entfernung der Insertionsstelle von potenziell kontaminierten Arealen wie der Gesichts- und Halsregion sind vermutlich der Grund, warum Subclaviakatheter eine signifikant geringere Infektionsrate aufweisen als Jugulariskatheter. Ein Pneumothorax tritt bei der Insertion an der V. subclavia allerdings häufiger auf (Tab. [1]). Voraussetzung für eine komplikationslose Insertion an dieser Stelle ist daher eine ausreichende Erfahrung des durchführenden Arztes. Eine Anlage unter Ultraschallkontrolle erleichtert die Auffindung der Vene, allerdings muss die Anwendung des Schallkopfes unter peinlicher Einhaltung der Asepsis erfolgen.

Tab. 1 Häufigkeit mechanischer Komplikationen bei Anlage von zentralen Venenkathetern an verschiedenen Insertionsstellen * % Komplikationsrate bei Insertion in die Komplikation V. jugularis interna V. subclavia V. femoralis versehentliche Arterienpunktion 6,3 - 9,4 3,1 - 4,9 9,0 - 15,0 Hämatom < 0,1 - 2,2 1,2 - 2,1 3,8 - 4,4 Hämatothorax n. a. 0,4 - 0,6 n. a. Pneumothorax < 0,1 - 0,2 1,5 - 3,1 n. a. gesamt 6,3 - 11,8 6,2 - 10,7 12,8 - 19,4 n. a.: nicht anwendbar bzw. nicht angegeben

Die Punktion erfolgt 2 - 3 cm unterhalb der Mitte der Clavicula. Die Punktionsnadel wird, an der Unterseite der Clavicula entlanggleitend, in Richtung auf die Incisura sterni vorgeschoben, die sich leicht ertasten lässt. Wird nach einer Insertionstiefe von 4 - 5 cm kein Blut aspiriert, sollte die Nadel zurückgezogen und der nächste Punktionsversuch mit etwas weiter nach kranial gerichteter Nadelspitze unternommen werden. Wichtig ist, dass sich der Patient in Kopftieflage befindet und bei Absetzen der Nadel nicht einatmet (Gefahr der Luftaspiration).

Unter laufender Infusionstherapie sollten folgende Maßnahmen der Infektionsprävention beachtet werden:

hygienische Händedesinfektion vor jeder Manipulation am Katheter Katheterkonus und Dreiwegehähne vor Diskonnektion desinfizieren Infusionssystemwechsel alle 72 Stunden Verbandwechsel unter Einhaltung aseptischer Kautelen, entweder mit Gaze oder als Transparentverband kein routinemäßiger Austausch des Katheters nach einer bestimmten Liegedauer keine Anwendung von antibiotikahaltigen Salben an der Insertionsstelle

Die Desinfektion des Katheterkonus bzw. von Dreiwegehähnen wird von den Autoren zwar empfohlen, jedoch existieren hierzu keine Literaturdaten. Sinnvoller ist die Anwendung von Konnektionsstücken, deren Desinfizierbarkeit einwandfrei nachgewiesen wurde. Auf dem Markt existieren derzeit zwei Typen solcher Ventilkonnektoren: Einmal der so genannte Segurlock®, ein Zwischenstück, welches eine mit Jod/Alkohol gefüllte Kammer beinhaltet. Zum anderen so genannte Ventilkonnektoren, bei denen keine Kanüle verwendet wird. Der Luer-Konus einer Spritze bzw. einer Perfusorleitung wird vielmehr direkt angesetzt. Hierdurch wird eine Gummimembran heruntergedrückt, die eine innere Kanüle freilegt. Die Gummimembran ist bei den derzeit gängigen Ventilkonnektoren (Posiflow®, Clave®, Bionecteur®) nachgewiesenermaßen gut desinfizierbar. Die Herstellervorschriften zum Umgang mit diesen Konnektoren und die erforderliche Wechselfrequenz müssen exakt eingehalten werden. Abb. [2] zeigt schematisch den Aufbau und die Funktionsweise des Bionecteur®. Zwei neue klinische Studien haben gezeigt, dass sich mit diesen Konnektoren eine signifikante Senkung der Rate von Katheterinfektionen bzw. -kolonisationen erzielen lässt. Der Preise eines solchen Konnektors ist allerdings ca. 10- bis 15fach höher als der eines klassischen Kombistopfens.

Abb. 2 Ansicht des Bionecteur® im Querschnitt (a) und bei Ansetzen einer Luer-Spritze (b).

Literatur

  • 1 McGee D C, Gould M K. Preventing complications of central venous catheterization.  N Engl J Med. 2003;  348 1123-1133

Hardy-Thorsten Panknin

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