Ultraschall Med 2003; 24(2): 83-84
DOI: 10.1055/s-2003-38672
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unsere Vorliebe für Mehrstufenkonzepte

Our Predilection for Multistage ConceptsK.  Seitz1
  • 1Innere Abteilung, Kreiskrankenhaus Sigmaringen, Sigmaringen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. April 2003 (online)

In einem früheren Editorial hat K. Jäger den Deutschsprachigen eine Vorliebe für Mehrstufenkonzepte unterstellt [1]. Der Zufall will es, daß die DEGUM jetzt ein weiteres derartiges Statement veröffentlicht, welches sich mit zwei weiteren unterschiedlichen, bemerkenswerten Veröffentlichungen in diesem Heft inhaltlich zusammenfügt.

Im Mantelteil [2] findet sich das gemeinsame, in jahrelanger Diskussion gereifte Mehrstufenkonzept der DEGUM-Sektionen Chirurgie, Radiologie und Innerer Medizin, die das Konzept in ihren Reihen immerhin schon 1999 verabschiedeten. Schade, daß dieses Papier so spät kommt, hätte es doch vor Jahren ebenso wie das von der Sektion Gynäkologie vertretene und gegen Widerstand durchgesetzte Dreistufenkonzept, das kürzlich um das 11 - 14 SSW-Screening [3] ergänzt wurde, vermutlich mehr bewirken können. Es wird der raschen Umsetzung in der Gesellschaft bedürfen und enormes Durchsetzungsvermögen erfordern, wenn der damit gewünschte qualitätssteigernde Effekt und die hoffentlich auch angestrebte leistungsgerechte und kostendeckende Liquidation erreicht werden soll. Immerhin wurden qualitätssichernde Maßnahmen bereits vor mehr als 5 Jahren im SGB V festgeschrieben. Entsprechend dem Grundsatz gleiches Honorar für gleiche Leistung, also unabhängig von Geräte- und Untersucherqualität, verfiel das Ultraschallhonorar geradezu inflationär. Die Qualitäts- und Ausbildungsrichtlinien lagen in der Hand der nahezu allmächtigen KVen, statt in der Hand der wissenschaftlichen Gesellschaft und Ärztekammern.

Der Gestaltungsspielraum der ärztlichen Institutionen und Gesellschaften im finanziell klammen, neu entstandenen „Gesundheitsmarkt” wird sicherlich enger. Die Politik droht mit staatlich kontrolliertem Fortbildungszwang - die ärztliche Fortbildung ist schon lange im Berufsrecht festgeschrieben - und Einschränkung der ärztlichen Selbstverwaltung der niedergelassenen Kollegen in den KVen. Letzteres mögen Krankenhausärzte zwar mit einer heimlichen Sympathie begleiten, ob aber etwas Besseres nachkommt, darf angezweifelt werden. Im Krankenhaus kämpfen die Ärzte derweil mit den DRGs und verbringen viel Zeit am Computer mit „Verschlüsseln” statt mit dem Patienten, derweil Tausende von Ultraschallleistungen immer noch ohne OPS-Ziffern sind. Gelingt es nicht diese einzuführen ist es aus Kostengründen schlecht um die Zukunft neuer Ultraschalltechniken, wie z. B. der Kontrastmittelsonographie bestellt.

Im wissenschaftlichen Teil befasst sich Weidenhiller [4] mit der Finanzierbarkeit von Ultraschallgeräten und belegt, daß Spitzenultraschallgeräte nicht amortisiert werden können. Logischerweise werden solche Geräte in Zukunft in Praxen kaum mehr bei Investitionen berücksichtigt werden, wenn Ärzte - seien sie in der Methode noch so exzellent - kein leistungsgerechtes und kostendeckendes Honorar erhalten. Die ersten Bewertungen tragbarer Ultraschallgeräte [5] sprechen zwar für ein ordentliches Leistungsvermögen derartiger Geräte zumindest für die Oberbauchuntersuchung in der DEGUM-Stufe 1, was aber erst an größeren Kollektiven von weniger erfahrenen Untersuchern bewiesen werden muß. Jedenfalls steht zu befürchten, daß ambulante Kassenpatienten, wenn die strikte Trennung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung in Zukunft bestehen bleibt, noch viel seltener als bisher von einem erfahrenen Arzt mit einem Hochleistungsultraschallgerät untersucht werden. Schade für die Patienten, denn die hochqualifizierte Ultraschalldiagnostik nach DEGUM-Konzept steht ihnen dann gar nicht zur Verfügung. Aber womöglich braucht man dieses Mehrstufenkonzept für das Fach Innere Medizin gar nicht mehr, wenn - wie derzeit geplant - das ganze Fachgebiet vom nächsten Deutschen Ärztetag irrsinnigerweise abgeschafft wird.

Literatur

  • 1 Jäger K. Stufen der Aus- und Weiterbildung in der Ultraschalldiagnostik.  Ultraschall in Med. 2002;  23 299-300
  • 2 DEGUM . Mehrstufenkonzept der DEGUM.  Ultraschall in Med. 2003;  24 49-51
  • 3 Merz E. 11 - 14 SSW-Screening - Zertifizierte Ultraschalluntersuchung und zertifizierter biochemischer Test in der Frühgravidität.  Ultraschall in Med. 2002;  23 161-162
  • 4 Weidenhiller S. Wirtschaftliche Aspekte der Ultraschalldiagnostik in der gastroenterologischen Ambulanz.   Ultraschall in Med. 2003;  24 104-110
  • 5 Seitz K, Vasilakis D, Ziegler M. Was leistet die abdominelle B-Bild-Diagnostik mit einem tragbaren Ultraschallgerät im Vergleich mit einem High-End-Gerät? Ergebnisse einer Pilotstudie.  Ultraschall in Med. 2003;  24 87-91

PD Dr. K. Seitz

Innere Abteilung · Kreiskrankenhaus Sigmaringen

72488 Sigmaringen

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