Laryngorhinootologie 2002; 81(11): 768-770
DOI: 10.1055/s-2002-35775
Hauptvortrag
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gene und Schwerhörigkeit

Genes and Hardness of HearingM.  Pfister1
  • 1Hals-Nasen-Ohrenklinik, Universität Tübingen
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Publication Date:
29 November 2002 (online)

Die molekulare Forschung hat, beschleunigt durch das „Humane Genomprojekt”, wesentliche Fortschritte im Verständnis molekularbiologischer Mechanismen und der Entstehung verschiedenster Erkrankungen erzielt. Die Erforschung der genetischen Grundlagen des Hörens sowie der Pathomechanismen bei Schwerhörigkeit stellt aufgrund der enormen Komplexität des Hörvorgangs und der schwierigen Erreichbarkeit des Organs für molekulare und genetische Untersuchungen weiterhin eine große Herausforderung dar.

Schwerhörigkeit ist mit über 350 Millionen Betroffenen weltweit die häufigste neurosensorische Erkrankung des Menschen, wobei zwischen erblichen und nicht-erblichen Formen unterschieden wird. Bei annähernd 60 % der Patienten werden heute erbliche Risikofaktoren bei der Entstehung der Schwerhörigkeit angenommen (Morton, 1991). Die der Schwerhörigkeit zugrunde liegenden genetischen Defekte sowie involvierten Gene sind noch zum Großteil unbekannt. Insgesamt werden zwischen 100 und 150 Gene vermutet, deren Funktionsverlust zu Schwerhörigkeiten führt. Bisher sind ungefähr ein Drittel dieser Gene bekannt, wobei die Mehrzahl in den letzten sechs Jahren entdeckt wurde (Haack et al., 2002). Dabei können hereditäre Schwerhörigkeiten sowohl monogen, also aufgrund eines einzelnen Gendefektes entstehen, als auch multifaktoriell verursacht sein, d. h. auf genetischen und exogenen Risikofaktoren (Lärm, Medikamente) beruhen.

Klinisch wird bei den erblichen Schwerhörigkeiten zwischen nicht-syndromalen und syndromalen Formen unterschieden, wobei nicht-syndromale Schwerhörigkeiten mit ca. 67 % den überwiegenden Anteil in der Klinik darstellen.

Die klinischen Kriterien bei der Einteilung erblicher Schwerhörigkeiten sind entsprechend der European Work Group on Genetics of Hearing Impairment wie folgt definiert:

Schweregrad der Hörminderung Beginn: kongenital oder postlingual Typ: sensorineural oder kombiniert betroffener Frequenzbereich Lokalisation: unilateral oder bilateral Verlauf: progressiv oder stabil syndromal bzw. nicht-syndromal.

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Dr. Markus Pfister

Hals-Nasen-Ohrenklinik, Universität Tübingen

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Email: mpfister@hgmp.mrc.ac.uk

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