Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(18): 982
DOI: 10.1055/s-2002-26762-2
Leserbriefe
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Erwiderung

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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Wir danken Barthel für seinen Leserbrief zum Erythropoetin in der Behandlung der CLL. Dieser erlaubt uns, etwas ausführlicher als in unseren CME-Beiträgen [10] [11] auf die wichtige Frage einzugehen, ob es für den Einsatz von Erythropoetin bei der CLL gesicherte Erkenntnisse gibt. Wir möchten den Kenntnisstand wie folgt zusammenfassen:

Die Entstehung der Anämie bei der CLL ist multifaktoriell. Die häufigste Ursache ist bei fortgeschrittener Erkrankung die Infiltration des Knochenmarks durch die Leukämiezellen selbst. Andere Ursachen sind die Autoimmun-Hämolyse oder selten Thrombozytopenie-bedingte Blutungen. Ein Mangel an Erythropoetin scheint hingegen nicht vorzuliegen, wie die normalen Erythropoetin-Serumspiegel bei CLL-Patienten belegen 1. Umso erstaunlicher ist, dass die Gabe von Erythropoetin bei Patienten mit CLL in der Lage ist, die Hämoglobinwerte anzuheben, wie mehrere kleine Studien und Fallbeschreibungen berichten 3-7 9. Die einzige größere Studie zu dieser Frage wurde bisher nur in Kurzform veröffentlicht, bestätigt aber diesen Sachverhalt 8. Es gilt als gesichert, dass bei Tumorpatienten (also auch bei der CLL) ein Zusammenhang zwischen dem Hämoglobinwert (oder Hämatokrit) und der Lebensqualität besteht 2. Es ist hingegen nicht geklärt, ob die Gabe von Erythropoetin bezüglich der Besserung der Anämie bei der CLL effizienter ist als die Standardtherapie (das heißt Chemotherapie mit Fludarabin, Chlorambucil u. a.). Hierzu gibt es keine einzige kontrollierte Studie. Die CLL-assoziierte Anämie bessert sich fast immer unter einer wirksamen Chemotherapie der Grunderkrankung. Es ist ebenso nicht geklärt, ob eine Chemotherapie in Kombination mit Erythropoetin wirksamer ist als die alleinige Chemotherapie der CLL. Hierzu fehlen kontrollierte Studien. Es ist nicht geklärt, ob der Einsatz von Erythropoetin das Überleben der Patienten mit CLL verlängert.

Aufgrund dieser Datenlage müssen wir also bei unserer Einschätzung bleiben, dass der Vorteil des teuren Erythropoetin zur Therapie der CLL-assoziierten Anämie nicht ausreichend belegt ist. Derzeitige Standardtherapie der CLL-assoziierten Anämie ist eine adäquate Chemotherapie. Der Einsatz von Erythropoetin bei der CLL ist im Rahmen von randomisierten Studien zu prüfen. Die Deutsche CLL-Studiengruppe wird in den kommenden Monaten ein entsprechendes Therapieprotokoll auflegen.

Literatur

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  • 9 Siakantaris M P, Angelopoulou M K, Vassilakopoulos T P, Dimopoulou M N, Kontopidou F N, Pangalis G A. Correction of disease related anaemia of B-chronic lymphoproliferative disorders by recominant human erythropoietin: maintenance is necessary to sustain response.  Leuk Lymphoma. 2000;  40 141-147
  • 10 Hallek M, Schmitt B, Emmerisch B, Stein H. Chronisch lymphatische Leukämie - Teil 1: Diagnostik.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 687-689
  • 11 Hallek M, Schmitt B, Emmerich B, Stein H. Chronisch lymphatische Leukämie - Teil 2: Therapie.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 690-694

Autoren

Prof. Dr. med. Michael Hallek
Dr. med. B. Schmitt
Dr. med. B. Emmerich 

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