Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(9): 429
DOI: 10.1055/s-2002-20445
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schwerpunktheft Onkologie/Hämatolgie

Special topic issue Haematology/Oncology
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Publication Date:
28 February 2002 (online)

Prof. Dr. W. Hiddemann, München

Das vorliegende Schwerpunktheft der DMW ist aus Anlass des 25. Deutschen Krebskongresses in Berlin auf den Bereich der Onkologie konzentriert. Es kann dabei nur exemplarisch auf einige aktuelle Entwicklungen in diesem Fachgebiet hinweisen und die Fortschritte darstellen, die in einigen Bereichen erreicht wurden.

So geht ein Beitrag des vorliegenden Schwerpunktheftes auf die neue WHO-Klassifikation der akuten myeloischen Leukämien und der myelodysplastischen Syndrome ein. Diese Klassifikation berücksichtigt erstmalig neben morphologischen Kriterien auch chromosomale Aberrationen, die von hoher prognostischer Bedeutung sind. Damit wird unterstrichen, dass sich die Onkologie insgesamt in ihrer Ausrichtung von einer überwiegenden Empirie hin zu einem mehr Pathogenese-orientierten Verständnis der Biologie maligner Erkrankungen und darauf aufbauenden Therapiekonzepten bewegt.

Die Identifikation Tumor-spezifizierter oder Tumor-assoziierter molekularer und genetischer Alterationen ist Ausgangspunkt für die Entwicklung spezifischer Therapieansätze. Das derzeit eindrucksvollste Beispiel für diese Entwicklung stellt der selektive Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib (STI571) dar, der gegen das BCR/ABL-Fusionsprotein gerichtet ist, das im Rahmen der Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 bei der chronischen myeloischen Leukämie entsteht. STI571 ist jedoch auch bei gas-trointestinalen Stromazelltumoren wirksam und somit von breiterer klinischer Relevanz.

Im Gegensatz zu der Entwicklung hochspezifischer, an molekularen Alterationen ausgerichteter Therapiekonzepte sind sogenannte alternative Therapieverfahren immer noch weit verbreitet. Sie entbehren in der Regel einer wissenschaftlichen Grundlagen und fußen auf wenig gesicherten Hypothesen, die in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf eine Stimulation der immunologischen Abwehr ausgerichtet sind. Der Beitrag zur Lektin-bezogenen Mistelanwendung setzt sich mit der Problematik dieser Behandlungsform auseinander und verdeutlicht, dass eine derartige Therapie potenzielle Gefahren und Nebenwirkungen mit sich bringt.

Entscheidender Ausgangspunkt für den klinischen Fortschritt in der Therapie maligner Erkrankungen sind kontrollierte klinische Studien und vor allem randomisierte Therapieoptimierungsverfahren. Diese Therapien setzen eine umfassende Aufklärung des betroffenen Patienten und eine Information über die zugrundeliegenden Annahmen und Therapiekonzepte voraus. In diesem Sinne ist ein Beitrag des vorliegenden DMW Schwerpunktheftes auf das Aufklärungsgespräch bei Patienten ausgerichtet, die an randomisierten Therapiestudien teilnehmen sollen.

Insgesamt verdeutlicht das vorliegende Schwerpunktheft der DMW an einigen wenigen Beispielen den aktuellen Stand in der Onkologie und zeigt sowohl zukünftige Perspektiven als auch aktuelle Beschränkungen auf. Es vermittelt damit dem Leser einen tieferen Einblick in diese Thematik und regt zum weiterführenden Studium dieses klinisch hochrelevanten Gebietes an.

Prof. Dr. med. W. Hiddemann

München

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