Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(8): 399
DOI: 10.1055/s-2002-20215
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Mammakarzinom des Mannes

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Publikationsdatum:
21. Februar 2002 (online)

Frage: Bei einem 60-jährigen Patienten wurde ein Mammakarzinom diagnostiziert.

- Welche Therapie ist heute Standard? Welche Prognose hat diese Erkrankung?

Antwort: Mammakarzinome treten, wie bekannt, bei Männern sehr selten auf und sollten immer vor dem Hintergrund einer genetischen Prädisposition gesehen werden. Hier sind vor allen Dingen die Tumorsuppressorgene BRCA1 (Chromosom 17) und BRCA2 (Chromosom 13) zu beachten. Expositionsfaktoren sind darüber hinaus Adipositas, erhöhter Alkoholkonsum und Leberfunktionsstörungen (Leberzirrhose). Das Altersmaximum bei der Erstdiagnose liegt bei Männern zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr.

Die Diagnose wird meist von dem betroffenen Patienten selbst durch das Ertasten eines Knotens (gelegentlich schmerzhaft) in der Brust eingeleitet. Bei gleichzeitig bestehender Gynäkomastie ist diagnostisch eine Mammographie durchaus möglich, auf jeden Fall aber eine Ultraschalluntersuchung der Brust. Die Malignitätskriterien unterscheiden sich hinsichtlich der bildgebenden Verfahren nicht von denen, wie bei Mammakarzinomen der Frau gewohnt.

Die Standardtherapie für das virile Mammakarzinom besteht in einer modifiziert radikalen Mastektomie mit axillärer Lymphonodektomie. Histologisch werden fast ausschließlich duktal-invasive Karzinome gefunden, lobuläre Karzinome werden nicht beschrieben. Erstaunlich ist, dass > 80 % aller Mammakarzinome des Mannes östrogenrezeptorpositiv sind. Somit finden sich etwa 20 % mehr rezeptorpositive Fälle als bei Frauen.

Wegen des meist nur geringen Abstandes von der operativen Schnittebene zur Thoraxwand ist eine Strahlentherapie der Brustkorbwand im Regelfalle anzuraten.

Bezüglich der Prognose des Mammakarzinoms beim Mann gibt es unterschiedliche Mitteilungen. Die meisten Untersucher sind der Ansicht, dass sich die Prognose des männlichen Mammakarzinoms nicht von der der Frau unterscheidet. Der axilläre Lymphknotenbefall ist auch hier von besonderer Bedeutung. Heller et al. berichten über eine 5-Jahres-Überlebensrate von 90 % für nodal negative Tumorfälle und von 59 % bei nachweisbarer axillärer Metastasierung. Diese Zahlen unterscheiden sich nicht von denen, wie sie bei Frauen mit Brustkrebs gefunden werden.

Hinsichtlich der adjuvanten Therapie sollte man sich an den Therapieempfehlungen orientieren, wie sie bei Frauen mit Brustkrebs bekannt sind. So sollte bei nodal negativem Status Tamoxifen ggf. in Kombination mit GNRH-Agonisten gegeben werden und bei axillärem Lymphknotenbefall bzw. Hormonrezeptor-negativem Befund 4  ×  Epirubicin/Cyclophosphamid, gefolgt von 3  ×  CMF ( Cyclophosphamid/Methotrexat/5-Fluorouracil). Bei axillärem Befall und Rezeptorpositivität schließt sich Tamoxifen an die adjuvante Chemotherapie an.

Im Stadium der Metastasierung können GNRH-Agonisten, Antiöstrogene und Tumoraromatasehemmer (Letrozol, Anastrozol, Exemestan) gegeben werden. Auch antiandrogene (Flutamid, Cyproteronacetat) sind im Einzelfalle sinnvoll.

Hinsichtlich einer Chemotherapie gelten die gleichen Grundsätze wie beim metastasierenden Mammakarzinom der Frau (Anthraxycline [Doxorubicin/Epirubicin/liposomales Doxorubicin], Taxane [Paclitaxel/Docetaxel], Gemcitabin etc.). Die Ansprechraten werden mit 50-80 % beschrieben. Bei Knochenmetastasen sollten Bisphosphonate (Bondronat, Clodronat, Pamidronat) gegeben werden, ebenso bei Hyperkalzämien. Hirnmetastasen sind Bestrahlungen zuzuführen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die Diagnostik und Behandlung des virilen Mammakarzinoms kaum von dem der Frauen unterscheidet.

Literatur

  • 1 Heller K, Rosen P, Schottenfeld D. Male Breast Cancer: Clinicopathologic Study of 97 cases.  Ann Surg. 1979;  188 60-65
  • 2 Bagley C. et al . Adjuvant Chemotherapy in Males with Cancer of the Breast.  Am J Clin Oncol. 1989;  10 55-60

Prof. Dr. Dr. h. c. G Bastert

Geschäftsf. Ärztlicher Direktor, Universitäts-Frauenklinik

Voßstraße 9

69115 Heidelberg

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