Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(5): 225-226
DOI: 10.1055/s-2002-19908-2
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zuschrift Nr. 2

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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Die Abgrenzung des Hochdruckherzens vom Ausdauersportherzen kann bei alleiniger Beurteilung des M-Mode-Bildes schwierig sein. Unter Heranziehung weiterer Kriterien [2] [Tab. 1] gelingt dieses aber regelhaft. Dazu gehört auch [2], wie von Schannwell et al. [6] beschrieben, dass die dopplerechokardiographisch bestimmte diastolische Funktion beim Ausdauertrainierten verbessert, bei Hypertonikern jedoch schon frühzeitig und unabhängig vom Vorhandensein einer LVH gestört ist. Einen ganz wesentlichen Unterschied zwischen Hochdruck- bzw. Ausdauersportherz ergibt jedoch die Bestimmung der enddiastolischen Dimension des linken Ventrikels, die beim kompensierten Hochdruckherz im Mittel um 50 mm, beim Ausdauersportherzen jedoch zwischen 55 und 60 mm beträgt [1] [2] [5]. Die Wanddicken des Septums und der Hinterwand überschreiten beim Ausdauerherz selten 11 mm, wogegen diese beim Hochdruckherzen weit darüber liegen können [3] [4]. Deshalb ist ein wichtiges Unterscheidungskriterium die relative Wanddicke, also die Relation aus Wanddicke und enddiastolischer Dimension des LV, die beim Ausdauerherz im Vergleich zu normotensiven Untrainierten unverändert (exzentrische Hypertrophie), beim Hochdruck-herz jedoch erhöht ist (konzentrische Hypertrophie). Die von Schannwell et al. angegebenen mittleren Wanddicken (15 bzw. 14 mm) und mittlere enddiastolische Dimension von 50 ± 4 mm für die »Ausdauersportler« stehen deshalb im krassen Gegensatz zu den in der Literatur angegebenen Werten und der persönliche Erfahrung und eignen sich nicht zu differenzialdiagnostischen Überlegungen. Auch der angegebene Muskelmassenindex der »Ausdauersportler« liegt mit 99 ± 10 g/m2 im sicher normalen Bereich (oberer Grenzwert zur erhöhten Muskelmasse je nach Definition 110 bzw. 125 g/m2; 3), wogegen Ausdauertrainierte durchaus Werte für den LVMI von > 150 g/m2 aufweisen [Abb. 1]. Ausdauerherzen zeigen im Gegensatz zu Hochdruckherzen eine harmonische Erweiterung aller Herzhöhlen, also sowohl des linken und rechten Ventrikels als auch des linken und rechten Vorhofes. Demgegenüber ist die isolierte Vergrößerung des linken Vorhofs eine frühe Manifestation des Hochdrucks [4], weshalb die angegebene mittlere Dimension des linken Vorhofs von 35 ± 6 mm überrascht.

Tab. 1 Kardiale Anpassungen durch Sport und Hypertonie im Vergleich zu normotensiven Untrainierten. Ausdauertrainiertes Herz Kompensiertes Hochdruckherz Ausdauer- und Hochdruckadaptiertes Herz Krafttrainiertes Herz Linksventrikuläre Muskelmasse ↑ ↑↑ ↑↑↑ ↑ Septum- und Hinterwanddicken ↑ ↑↑ ↑↑(↑) ↑(↑) Enddiastolische Dimension des LV ↑↑ →↓ ↑↑ ↑ Relative Wanddicke → ↑↑ ↑(↑) ↑ Diastolische Funktion des LV ↑ →↓ →(↓) →↓ 4-Kammerblick 2-D-Echo LV ↑↑, RV ↑ LA ↑, RA ↑ LV →↓, RV → LA →↑, RA → LV ↑↑, RV →↑ LA ↑, RA →↑ LV ↑,RV →(↑) LA ↑, RA → LV und RV = linker und rechter Ventrikel; LA und RA = linker und rechter Vorhof

Abb. 1 Typisches ausdauertrainiertes Herz mit harmonischer Erweiterung aller Herzhöhlen, links schneller frühdiastolischer Füllung des linken Ventrikels mit hoher E-Welle, rechts M-Mode mit grenzwertiger Septum- und Hinterwanddicke bei vergrößerter enddiastolischer Dimension und erhöhtem LVMI.

Für die Differenzialdiagnose ist vor allen Dingen die Sportanamnese unerlässlich. So sind kardiale Anpassungen an ein Ausdauertraining im normalen Breitensport nicht zu erwarten, sondern setzen ein mehrjähriges regelmäßiges und intensives Training voraus. Deshalb reichen die in der Arbeit angegebenen 50 - 60 km Lauftraining/Woche zur Beschreibung der Probanden nicht aus, und eine Bestimmung der maximalen O2-Aufnahme/kg Körpergewicht als objektives Kriterium der aeroben Leistungsfähigkeit wäre bei einer solchen vergleichenden Untersuchung unerlässlich gewesen. Auch das Hochdruckkollektiv kann für diesen Vergleich nicht als geeignet angesehen werden, denn diese hätten unbehandelt sein müssen. Umso mehr überraschen die Wanddicken dieser Hypertoniker [4], denn nach einer mittleren Therapiedauer von 16 ± 5 Monaten kann schon von einer deutlichen Regression der Wanddicken ausgegangen werden [4].

Zur Diagnosestellung eines Hochdruckherzens sollte neben der Bestimmung der linksventrikulären Muskelmasse (nicht alleinige Beurteilung anhand der Septumdicke) auf eine gestörte Wanddickenvolumenrelation (erhöht), einen vergrößerten linken Vorhof, später auch auf einen vergrößerten linken Ventrikel (auch wenn es eine primäre exzentrische Hypertrophie gibt) und eben auch auf eine gestörte diastolische Funktion geachtet werden, ohne die systolische Funktion zu vergessen.

Literatur

  • 1 Dickhut H H, Röcker K, Hipp A, Heitkamp H C, Keul J. Echocardiographic findings in endurance athletes with hypertrophic non-obstructive cardiomyopathy compared to non-athletes with HNCM and to physiological hypertrophy.  Int J Sport Med. 1994;  15 273
  • 2 Franz I -W. Hochdruckherz und Sport. Steinkopff In: K.-L. Schulte (Hrsg) Kardiale Risiken bei Sport 1991: 37
  • 3 Franz I -W. Echokardiographische Beurteilung des Hochdruckherzens.  Nieren- und Hochdruckkrankheiten. 1997;  11 567
  • 4 Franz I -W, Tönnesmann U, Müller J FM. Time course of complete normalization of left ventricular hypertrophy during long-term antihypertensive therapy with angiotensin converting enzyme inhibitors.  Am J Hypertens. 1998;  11 631
  • 5 Kindermann W. Standard der Sportmedizin: Das Sportherz.  Dtsch Z Sportmed. 2000;  9 307
  • 6 Schanwell C M, Marx R, Plehn G, Perings C h, Leschke M, Strauer B E. Kann eine linksventrikuläre pathologische Hypertrophie bei arterieller Hypertonie von einer physiologischen Hypertrophie durch Sport unterschieden werden?.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  12 263

Prof. Dr. med. I.-W. Franz

Rehabilitationsklinik Wehrawald der BfA

Schwarzenbacher Straße 3

79682 Todtmoos