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DOI: 10.1055/s-2001-17736
Diagnostik des ARDS[¹]
Diagnosis of the acute respiratory distresssyndromePublication History
Publication Date:
11 October 2001 (online)
Das akute Lungenversagen des Erwachsenen zählt zu den gefürchtetsten Komplikationen in der Intensivmedizin. Als lebensbedrohliche Folge anderer Erkrankungen, aber auch immer wieder in Form eines perakuten primären Ereignisses überrascht es die Intensivmediziner, da häufig nur wenig bedrohlich erscheinende Prodromalsymptome wie Unwohlsein, subfebrile Temperaturen oder Erkältungserscheinungen beschrieben werden, die dann plötzlich zu einer Hypoxie führen. Ashbaugh und Mitarbeiter [1] beschrieben im Jahr 1967 zum ersten Mal eine Reihe von Fällen bei Erwachsenen und nannten das Krankheitsbild daher zunächst »adult respiratory distress syndrome« (ARDS). Später einigte man sich jedoch auf den Terminus »acute respiratory distress syndrome« und behielt das Akronym ARDS weiter. Kennzeichnend für das ARDS ist die Kombination einer akuten Hypoxie mit röntgenologischen Veränderungen der Lunge, wobei andere Ursachen, vor allem kardialen Ursprungs, ausgeschlossen werden müssen. Der progrediente Verlauf endet häufig tödlich, da das ARDS als eine von mehreren Komplikationen unterschätzt wird. Die relative Unkenntnis dieses fatalen Krankheitsbildes beruht vorwiegend darauf, dass es auch heute noch recht selten auftritt. Die Angaben über die Morbidität des ARDS schwanken zwischen 1,5 und 70 pro 100 000 Einwohner [15], die Letalität liegt zwischen 30 % und 80 %, wobei in den letzten 20 Jahren eine langsame, aber stetige Abnahme der Todesrate zu verzeichnen ist [12]. Dennoch gibt es keinen Grund zu Optimismus; die Behandlung von immer kränkeren Patienten in der Intensivmedizin macht die Aussichten auf eine bessere Prognose in naher Zukunft nicht positiver.
Ein schnelles Erkennen eines beginnenden ARDS ist für den weiteren Verlauf entscheidend; hierbei gibt es immer wieder Probleme, die sowohl primär wache Patienten als auch beatmete Intensivpatienten betreffen. Im ersten Fall ist es häufig so, dass man sich bei einem ansprechbaren und spontan atmenden Patienten, auch wenn dieser eine gewisse Atemnot angibt und klinische Zeichen einer akuten Lungenerkrankung vorliegen, kaum vorstellen kann, dass hier gleich ein ARDS vorliegt. Bei Intensivpatienten kann der Verlauf dagegen auch schleichend sein, und der Punkt, von dem an die Beatmungspflicht in ein ARDS übergeht und damit ein spezielles Therapieschema erfordert, wird verpasst. Das über Tage geübte Verändern der Beatmungsparameter mit zunehmend höheren Drücken und Sauerstoffanteilen wird zwar registriert und dokumentiert, der Schritt zur Diagnose »ARDS« fällt jedoch schwer oder wird gar nicht erst in Erwägung gezogen. Die nachfolgende, kurze Darstellung der ARDS-Diagnostik soll helfen, dieses Risiko zu vermindern.
1 Der Beitrag »Therapie des ARDS« erscheint im nächsten Heft (Nr. 42)
Literatur
- 1 Ashbaugh D G, Bigelow D B, Petty T L, Levine B E. Acute respiratory distress in adults. Lancet. 1967; 2 319-323
- 2 Bernard G R, Artigas A, Brigham K L. et al . The American-European Consensus Conference on ARDS. Definitions, mechanisms, relevant outcomes, and clinical trial coordination. Am J Respir Crit Care Med. 1994; 149 818-824
- 3 Boemke W, Krebs M O, Rossaint R. Blood gas analysis. Anaesthesist. 1996; 45 289-310
- 4 Davey-Quinn A, Gedney J A, Whiteley S M, Bellamy M C. Extravascular lung water and acute respiratory distress syndrome - oxygenation and outcome. Anaesth Intensive Care. 1999; 27 357-362
- 5 Desai S R, Wells A U, Rubens M B, Evans T W, Hansell D M. Acute respiratory distress syndrome: CT abnormalities and long-term follow-up. Radiology. 1999; 210 29-35
- 6 Gattinoni L, Pesenti A, Avalli A, Rossi F, Bombino M. Pressure-volume curve of total respiratory system in acute respiratory failure: Computed tomographic scan study. Am Rev Respir Dis. 1987; 136 730-736
- 7 Goodman L R, Fumagalli R, Tagliabue P. et al . Adult respiratory distress syndrome due to pulmonary and extrapulmonary causes: CT, clinical, and functional correlations. Radiology. 1999; 213 545-552
- 8 Goodman R B, Strieter R M, Martin D P. et al . Inflammatory cytokines in patients with persistence of the acute respiratory distress syndrome. Am J Respir Crit Care Med. 1996; 154 602-611
- 9 Iribarren C, Jacobs D R, Sidney S, Gross M D, Eisner M D. Cigarette smoking, alcohol consumption, and risk of ARDS. A 15-year cohort study in a managed care setting. Chest. 2000; 117 163-168
- 10 Kollef M H, Schuster D P. The acute respiratory distress syndrome. N Engl J Med. 1995; 332 27-36
- 11 Lewandowski K, Metz J, Deutschmann C. et al . Incidence, severity, and mortality of acute respiratory failure in Berlin, Germany. Am J Respir Crit Care Med. 1995; 151 1121-1125
- 12 Lewandowski K, Rossaint R, Pappert D. et al . High survival rate in 122 ARDS patients managed according to a clinical algorithm including extracorporeal membrane oxygenation. Intensive Care Med. 1997; 23 819-835
- 13 Meduri G U, Kohler G, Headley S, Tolley E, Stentz F, Postlethwaite A. Inflammatory cytokines in the BAL of patients with ARDS - persistent elevation over time predicts poor outcome. Chest. 1995; 108 1303-1314
- 14 Ranieri V M, Suter P M, Tortorella C. et al . Effect of mechanical ventilation on inflammatory mediators in patients with acute respiratory distress syndrome. A randomized controlled trial. JAMA. 1999; 282 54-61
- 15 Villar J, Slutsky A S. The incidence of the adult respiratory distress syndrome. Am Rev Respir Dis. 1989; 140 814-816
Fußnoten
1 Der Beitrag »Therapie des ARDS« erscheint im nächsten Heft (Nr. 42)
Korrespondenz
Prof. Dr. med. Herwig Gerlach
Klinik für Anaesthesiologie und operative
Intensivmedizin, Charité, Campus Virchow-Klinikum
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