Krankenhauspsychiatrie 2001; 12(S1): S1
DOI: 10.1055/s-2001-17657
EDITORIAL

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Begrüßung und Eröffnung des Workshops

Welcome Address and Inauguration of Workshop
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. Oktober 2001 (online)

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops,liebe Freundinnen und Freunde,

ich darf Sie, auch im Namen von Frau Andrea Heindl, ganz herzlich hier in Hollfeld zu unserem diesjährigen Workshop zum Thema „chronische Depression” begrüßen. Wie im vergangenen Jahr, als wir uns mit der „Chronischen Suizidalität” beschäftigten, haben wir auch dieses Mal eine Gruppe von Referentinnen und Referenten eingeladen, die einerseits klinisch als Ärzte/Ärztinnen bzw. psychologische Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen/Diplom-Psychologinnen dem Thema der chronischen Depression nahe sind und mit solchen Patienten arbeiten, und die andererseits ihre alltägliche klinische Arbeit auch wissenschaftlich begleiten und überprüfen. Diese Kombination hat sich uns als fruchtbar erwiesen, gewährleistet sie doch eine ausreichende Nähe zum Patienten und praktische Alltagserfahrung und andererseits wissenschaftliches Interesse und Arbeiten am Thema.

Depressive Erkrankungen mit einer Punktprävalenz über alle depressiven Störungen von etwa 10 % und einer Lebenszeitprävalenz von 7 - 18 % (siehe dazu die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde [DGPPN]) sind nicht nur die häufigsten psychischen Störungen, sondern gehen nach unserem heutigen Kenntnisstand auch mit einer hohen Rezidivierungsrate und einem Anteil von wahrscheinlich 15 - 25 % Chronifizierung, einem hohen Behinderungsgrad und einer auch heute noch hohen Lebenszeit-Suizidmortalität für Kohorten von besonders schwer depressiv Kranken von bis zu 15 % einher. Anderseits ist die Depression diejenige psychische Störung, bei der in den letzten 20 bis 30 Jahren enorme therapeutische Fortschritte erzielt worden sind:

Neue Antidepressiva mit einem anderen und besser akzeptableren Nebenwirkungsprofil; nicht-psychopharmakologische biologische Therapieverfahren wie Lichttherapie; spezifische Psychotherapieverfahren für die Behandlung depressiv kranker Menschen, neben modifizierter tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, vor allem kognitive Verhaltenstherapie, Interpersonelle Psychotherapie, aber auch familientherapeutische Ansätze, Angehörigenarbeit und Psychoedukation; soziotherapeutische Ansätze; körperbezogene Therapieformen als primäre oder adjuvante Behandlungsmethoden aus dem Bereich von Sport- und Bewegungstherapie, Entspannungsverfahren, Gymnastik usw. Definiert man „Heilung” bei einer Depression als Symptomreduktion, Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit, Wiederherstellung von Beziehungsfähigkeit, Veränderung depressionsfördernder Belastungssituationen, Verhaltensweisen und Persönlichkeitsstrukturanteilen sowie Wiedererkrankungs- bzw. Verschlechterungsprophylaxe, so lassen sich die Therapieergebnisse bei der Depression durchaus sehen und als insgesamt positiv bewerten. Allerdings, und dies gilt bis heute unverändert, bleibt ein Anteil sog. chronischer Depressionen, die sich durch letztendlich bis heute nicht genau definierte Kriterien auszeichnen:

Zeitdauer, Wiedererkrankungsrate, Schweregrad, Therapieresistenz, Non-Response auf übliche Therapieverfahren usw.

Der diesjährige Workshop widmet sich genau diesen Fragestellungen und zielt zum einen auf eine bessere begriffliche Definition von „Chronische Depression”, zum anderen auf unseren heutigen Kenntnisstand bzgl. diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten. Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgehen, dass der Schwerpunkt der Ausführungen im epidemiologischen und psychodynamisch-psychosozialen Bereich liegt, da es unserer Überzeugung entspricht, dass gerade diese Aspekte hinsichtlich „Chronifizierung” eine wichtige Rolle spielen.

Alle, die sich in der praktischen Arbeit mit Depressiven beschäftigen, kennen die sorgenvolle Frage des Patienten, ob man ihm helfen könne bzw., sofern er denn „chronisch” sei, ob ihm noch zu helfen wäre. Wir haben es uns angewöhnt, dem Patienten gegenüber „chronisch” eindeutig von „therapieresistent/Non-Response” abzugrenzen und unter chronisch allein einen längeren Krankheitsverlauf als üblich, z. B. länger als 2 Jahre Bestehen von Symptomatik, zu bezeichnen. Dies entlastet den Patienten, als Voraussetzung für therapeutisch-pflegerische Intervention. Es ist also auch ein sehr praxisnahes Thema, sich mit „Chronizität” bei depressiven Störungen zu beschäftigen.

Am Ende dieser Ausführungen möchten die Veranstalter all denjenigen danken, die auch dieses Jahr wieder die Vorbereitung und Organisation der Veranstaltung übernommen haben, nämlich Frau Carla Kemna, stv. Koordinatorin der Abteilung Ergotherapie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhauses Bayreuth, und Herrn Dr. med. Christian Mauerer, Stationsarzt in der Abteilung Gerontopsychiatrie unseres Hauses.

Unser ganz besonderer Dank gilt erneut dem Sponsor, der Firma GlaxoSmithKline, den meisten in der Depressionsszene Tätigen als Hersteller des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Paroxetin als Antidepressivum und in der Behandlung von Panikstörungen oder auch aus der Rezidivprophylaxe affektiver Erkrankungen bekannt, hier vertreten durch Herrn Dr. Keil. Der Firma GSK, hier Herrn Dr. Keil, sei ganz besonders herzlich dafür gedankt, dass sie auch dieses Jahr die materielle Absicherung des Workshops sowie des hier vorgelegten Sonderheftes der Krankenhauspsychiatrie übernommen hat.

Prof. Dr. med. Manfred Wolfersdorf, Dipl.-Psych. Andrea Heindl Bayreuth/Hollfeld

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