Zentralbl Gynakol 2001; 123(6): 317-318
DOI: 10.1055/s-2001-16281
Editorial

J.A.Barth Verlag in Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co.KG

Grundlagen und Klinik der Implantation und Schwangerschaftsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung habitueller Aborte

A. E. Schindler
  • Zentrum für Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Essen (Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. A.E. Schindler)
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Fortschritte bei den morphologischen Techniken, den biophysikalischen Untersuchungsmethoden, aber vor allem bei den Erkenntnissen der Molekularbiologie und Endokrinologie haben bei Implantation und Schwangerschaftsentwicklung in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse gebracht, die noch nicht in vollem Umfang Eingang in die klinisch praktische Anwendung auf breiter Basis gefunden haben.

Zwei große Bereich sind dabei von Therapieseite von besonderer Wichtigkeit:

Immunologie Endokrinologie

Dabei ist es in den letzten Jahren zu einer Fehlentwicklung gekommen, indem sich zum einen ein starkes „immunologisches Lager” entwickelt hat und zum anderen die endokrinologischen Aspekte an Boden verloren haben, da nur wenige Publikationen erschienen sind.

Im Grunde aber sind Immunologie und Endokrinologie aufs Engste miteinander verflochten. Dies zeigt sich deutlich bei dem Vorgang der Implantation. Zum einen ist Implantation ein Vorgang der autoimmune und alloimmune Mechanismen erfordert, um den immunologischen Schutz des Fetus vor den mütterlichen Abwehrmechanismen zu sichern [4]. Zum anderen ist deutlich gezeigt worden, dass Progesteron bei Säugetieren und dem Mensch den entscheidenden hormonellen Faktor darstellt, um die immunologischen Abwehrmechanismen der Mutter zu kontrollieren [6].

Aber auch Östrogene spielen für die Erhaltung der Schwangerschaft beim Primaten und beim Menschen eine bedeutende Rolle. Östrogene, da sie unabhängig von Progesteron direkt und indirekt aktiv bei Implantation und Schwangerschaftsentwicklung beteiligt sind [1].

In der Vergangenheit ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass es sich bei Störungen in der Schwangerschaft mit nachfolgendem Abort um Fehlanlagen handelt. Dies scheint jedoch aufgrund der Daten von Prietl et al. [5] und eigenen Erfahrungen im Laufe der vergangenen Jahre nicht der Fall zu sein. So konnte in einer prospektiv randomisierten Studie unter Einsatz von Gravibinon® (250 mg 17alpha-Hydroxyprogesteroncaproat und 5 mg Östradiolvalerat) gezeigt werden, dass eine hochsignifikant höhere Rate (p < 0,01) an intakten Schwangerschaften mit Gravibinon® erzielt wurde. Dies geschah im wesentlichen bei den präklinischen bzw. biochemischen Schwangerschaften [5]. Dieser Befund gewinnt noch größere Bedeutung, wenn man bedenkt, dass zwar die spontane Abortrate bei etwa 15 % liegt, aber von allen Schwangerschaften bis 70 % unentdeckt bleiben bzw. als sogenannte biochemische Schwangerschaft enden [3].

Ideal wäre es, wenn immunologisches und endokrinologisches Wissen gebündelt werden würde, um die therapeutischen Ansätze bei der schwangeren Frau zu optimieren. Hierbei sollte das besondere Augenmerk auf die Frauen mit wiederholten bzw. habituellen Aborten gerichtet werden. Dieses Problem tritt bei ein bis zwei Prozent der Frauen im reproduktionsfähigen Alter auf [4]. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass der spontane Abort und um so mehr der wiederholte Abort besonders einen psychosozialen und ökonomischen Aspekt aufweisen.

Es besteht ein deutlicher Trend dahingehend, dass immer mehr Frauen ihre erste Schwangerschaft zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr planen. Dies geht aber zum einen mit einer Verminderung der Fertilität und zum anderen mit einem Anstieg der Fehlgeburtlichkeit einher [2].

Somit wird es immer bedeutsamer, die morphologischen, immunologischen, molekularbiologischen und endokrinologischen Erkenntnisse in die praktische Anwendung umzusetzen und dabei interdisziplinär zusammen zu arbeiten. Die nachfolgenden Publikationen sollen den gegenwärtigen Stand widerspiegeln und sowohl für die weiteren Grundlagenforschungen als auch für therapeutische Bemühungen Anstöße geben.

Literatur

  • 1 Albrecht E D. The role of estrogen in the maintenance of primate pregnancy.  Am J Obstet Gynecol. 2000;  182 432-438
  • 2 Brock D J, Holloway F. Fertility in older women.  Lancet. 1990;  335 1470
  • 3 Bulletti C, Flamigni C, Giacomucci E. Reproductive failure due to spontaneous abortion and recurrent miscarriage.  Hum Reprod Update. 1996;  2 118-136
  • 4 Omwandho C A, Tinneberg H R, Tumbo-Oeri A G, Roberts T K, Falconer J. Recurrent pregnancy losses and the role of immunotherapy.  Arch Gynecol Obstet. 2000;  264 3-12
  • 5 Prietl G, Diedrich K, van der Ven H H, Luckhaus J, Krebs D. The effect of 17-alpha-hydroxyprogesterone caproate/oestradiol valerate on the development and outcome of early pregnancies following in vitro fertilization and embryo transfer: A prospective and randomised controlled trial.  Hum Reprod. 1992;  7 (Suppl 1) 1-5
  • 6 Schindler A E. Immunologie und Gestagene bei der Schwangerschaft.  Zentralbl Gynakol. 1997;  119 (Suppl 2) 75-77

Prof. Dr. A. E. Schindler

Zentrum für Frauenheilkunde
Universitätsklinikum Essen

Hufelandstraße 55

D-45122 Essen

    >