Gesundheitswesen 2001; 63(6): 383-391
DOI: 10.1055/s-2001-15683
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Brustkrebsmortalität der Frauen in den Kreisen Schleswig-Holsteins von 1981 bis 1995

Breast Cancer Mortality in Schleswig-Holstein Administrative Districts 1981-1995C. Heitmann1 , A. Bauer1 , W. Hoffmann2 , H. Kruse1
  • Institut für Toxikologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
  • , Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Zusammenfassung

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Brustkrebsmortalität von Frauen in Schleswig-Holstein für den Zeitraum von 1981 bis 1995 anhand der Daten des Statistischen Landesamtes Schleswig-Holstein altersspezifisch und altersstandardisiert auf Kreisebene deskriptiv ausgewertet.

Ausgehend von den Werten von 1976 bis 1980, die dem zweiten Deutschen Krebsatlas entnommen wurden [11], zeigte sich bis zum Beginn dieser Untersuchung ein starker Anstieg der Brustkrebsmortalität. Innerhalb des Untersuchungszeitraumes lässt sich für ganz Schleswig-Holstein zunächst eine weitere Erhöhung der Brustkrebsmortalität bis zum dritten Beobachtungszeitraum (1987-1989) feststellen, während die Rate anschließend zurückgeht. Insgesamt zeigt sich in Schleswig-Holstein eine Netto-Erhöhung der Brustkrebsmortalität um 12 % innerhalb der letzten 20 Jahre.

In Bezug auf die Mortalität nach 5-Jahres-Altersklassen konnte gezeigt werden, dass es zu Nivellierungseffekten kommen kann, wenn die Auswertung lediglich auf Landesebene durchgeführt wird. Bei der Betrachtung der altersspezifischen Brustkrebsmortalitätsraten auf Kreisebene konnten besonders bei den jüngeren Frauen unterschiedliche Verläufe festgestellt werden. In der Altersklasse der 40- bis 44-jährigen als auch der 45-49 Jahre alten Frauen kam es in mehreren Kreisen zu einem marginalen, jedoch nicht signifikanten Anstieg der altersspezifischen Brustkrebsmortalität über den Beobachtungszeitraum.

Ob eine Auswertung anhand der Brustkrebsinzidenz ähnliche Ergebnisse liefern würde, lässt sich zur Zeit nicht klären. Die Mortalität spiegelt glücklicherweise nur einen geringen Teil der an Brustkrebs erkrankten Frauen wider. Zur Zeit liegt die standardisierte Inzidenzrate der BRD, berechnet nach Daten aus dem Saarländischen Krebsregister, bei über 60/100 000 und ist damit zwei- bis dreimal so hoch wie die Mortalitätsrate. Eine Auswertung der Inzidenz ist für Schleswig-Holstein zur Zeit nicht möglich, da erst 1999 mit der flächendeckenden Erfassung der Krebserkrankungen begonnen wurde und eine ausreichende Vollständigkeit bisher nicht erreicht wurde. Die in Schleswig-Holstein, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, durchgesetzte Meldepflicht lässt jedoch hoffen, dass eine ausreichend hohe Erfassungsrate (mindestens 90 %) schnell erreicht wird, so dass eine aussagekräftige Auswertung in etwa 5-10 Jahren möglich sein müsste.

Inwieweit darüber hinaus regional unterschiedliche Expositionen gegenüber Risikofaktoren, Ernährungseinflüssen oder Lebensgewohnheiten für die in dieser Arbeit beobachtete Variationsbreite der Brustkrebsmortalitätsraten eine Rolle spielen, sollte in hypothesengeleiteten epidemiologischen Studien geklärt werden.

Breast Cancer Mortality in Schleswig-Holstein Administrative Districts 1981-1995

The present descriptive study evaluates breast cancer mortality among women in the northernmost German Federal State of Schleswig-Holstein over the period from 1981 to 1995 based on data provided by the Schleswig-Holstein State Office for Statistics.

Starting from the results of the second Cancer Atlas for the Federal Republic of Germany [11], covering the period 1976-1980, breast cancer mortality rates rose sharply until the beginning of our investigation. A moderate rise in breast-cancer mortality in Schleswig-Holstein continuied until the third period under investigation (1987-1989), while after that time breast cancer mortality decreased again towards the end of the investigation period. In Schleswig-Holstein as a whole, the mortality rate increased by approximately 12 % during the last 20 years.

When reviewing age-specific breast-cancer mortality for each rural district (‘Kreis’) or, respectively, for each self-administrative town (kreisfreie Stadt), different patterns were observed, particularly among younger women. In the 40- to 44-year and 45- to 49-year age group a rise in breast cancer mortality was observed in several, but not all districts.

Mortality patterns do not tend to be representative for breast cancer incidence because mortality reflects only a small proportion of the women actually suffering from breast cancer. The standardised incidence of breast cancer in Germany - calculated on the basis of data provided by the Saarland cancer registry - is currently over 60/100 000 and is thus 2-3 times the mortality rate. However, presently it is not possible to evaluate the breast cancer incidence (Schleswig-Holstein) because the first population-based cancer registration was initiated only in 1999. In contrast to other German Federal States, notification of all cancer cases is compulsory in Schleswig-Holstein. A valid analysis of breast cancer incidence should be possible in 5-10 years conditional on a registration rate of at least 90 %.

Further investigations into the causes of breast cancer should be carried out to test specific hypotheses on exposure to risk factors, including nutrition and life style to clarify the regional differences observed in this study.

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Dr. Cornelia Heitmann

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS)

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28359 Bremen

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