Sportverletz Sportschaden 2000; 14(3): 90-97
DOI: 10.1055/s-2000-7868
ORIGINALARBEIT
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pressure Distribution Measurements for Evaluation of Running Shoe Properties

E. M. Hennig1 , T. L. Milani2
  • 1 Biomechanics Laboratory, University of Essen, FRG
  • 2 BASiS TUV Product Service, Boulder, Colorado
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Einleitung: Der Einfluss von Sportschuhen auf die Art und Häufigkeit von Sportverletzungen steht seit Jahren im Interesse der biomechanischen Forschung. Die Forschungsergebnisse, zusammengefasst in zwei Büchern Abb. [1], [2]), beweisen allerdings bis heute den Zusammenhang zwischen der Konstruktion des Laufschuh und der Häufigkeit von Verletzungen auf wissenschaftlicher Ebene nicht. Dennoch resultiert aus den Ergebnissen zahlreicher Studien mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass durch die Begrenzung einer exzessiven Rückfußbeweglichkeit und eine verbesserte Dämpfung des Laufschuhs die Häufigkeit von Verletzungen reduziert werden kann. Diese biomechanische Untersuchungen werden häufig mit Kraftmessplatten durchgeführt, die aber nur Rückschlüsse auf die Größe und Veränderungen der Bodenreaktionskräfte in Bezug auf den Körperschwerpunkt erlauben. Für klinisch relevante Aussagen bzw. Feldversuche ist die zusätzliche Druckmessung im Schuh und die gleichzeitige dreidimensionale Kinematographie erforderlich. Da gleichzeitig das Auftreten von Überlastungsschäden mit der direkten lokalen Beanspruchung des individuellen Fußes zusammenhängt, können diese Kräfte möglicherweise besser durch eine Messung der Druckverteilung erfasst werden. Nach einer kurzen Einführung zur Druckverteilungsmessung soll der folgende Artikel zeigen wie diese Technologie zur Evaluation von Laufschuhen genutzt werden kann. Die Druckverteilungsmessung: Druck ist physikalisch als Kraft pro Fläche definiert und wird in kPa gemessen. Die Kraftverteilungsmessung ist durch die Entwicklung kleiner, kostengünstiger Kraftmesser und genügend schneller, elektronischer Datenerfassung möglich geworden. Die Messungen erfolgen kapazitiv, piezoelektrisch oder durch Widerstandsmessung mit einer örtlichen Auflösung von 2 Sensoren pro Quadratzentimeter. Damit sind bei einer relativ kleinen Fläche von 50 × 20 cm ca 2000 Sensoren notwendig, die bei einer Messfrequenz von 50 Hz etwa 100 000 Messwerte pro Sekunde erzeugen. Aus dieser Flut von Daten müssen sinnvolle Parameter definiert werden, beispielhaft seien der maximale Druck, die Summe der Druckbelastung oder die prozentuale Belastung aufgeführt. Um die Interaktionen zwischen Laufschuh und Fuß zu messen, werden die Druckmessfolien als Einlegesohlen unmittelbar im Schuh angebracht. Die Messgenauigkeit wird durch unvermeidbare relativ Bewegung zwischen Fuß und Sohle, die Variabilität in der anatomischen Zuordnung und die viscoelastischen Eigenschaften der Messfolie selbst beeinträchtigt. Diese Nachteile werden durch eine hohe Dichte der Messpunkte und das Fixieren der Sohle am Fuß minimiert. Bei der Interpretation der Messwerte ist die Gefahr der Überschätzung zu beachten. Plantare Druckverteilung im Schuh während des Laufens: Die Analyse von 22 Läufern mit ein und demselben Laufschuh ergab bei einer Laufgeschwindigkeit von 3,3 m/s unmittelbar nach dem Bodenkontakt eine hohe Druckbelastung des Rückfußes (Abb. [1]). Die initial lateral höhere Belastung resultiert aus der Rückfußsupination beim ersten Bodenkontakt. Nach ca. 30ms beginnt die Mittel- und Vorfußbelastung lateral, und nach 100ms wird der Mittelfuß überraschend hoch beansprucht. Ab diesem Zeitpunkt gewinnt die Beanspruchung des Metatarsale I und des Hallux die größte Bedeutung. Die Laufgeschwindigkeit beeinflusst die Bodenreaktionskräfte und die plantaren Spitzendrücke. Um die Messergebnisse vergleichen zu können, werden die einzelnen Messwerte jeweils auf den Mittelwert aller Laufgeschwindigkeiten normalisiert. Durch die höhere Laufgeschwindigkeit steigt der maximale Druck von Ferse und Vorfuß, während die relative Druckbeanspruchung nahezu gleich bleibt. Durch die höhere Laufgeschwindigkeit trifft die Ferse zwar härter auf, aber gleichzeitig verkürzt sich auch die Dauer des Fersenkontaktes, als Konsequenz steigt die maximale Beschleunigung der Tibia. Der Einfluss der Schuhkonstruktion auf die plantare Druckverteilung im Schuh während des Laufens: Der Einfluss unterschiedlicher Laufschuhe auf die plantare Druckverteilung im Schuh wurde experimentell bei 22 Läufern untersucht. Alle Läufer mussten mit neunzehn unterschiedlichen Schuhen bei einer mittleren Geschwindigkeit von 3,3 m/s über eine Kistler Plattform laufen, gleichzeitig wurde die Druckverteilung im Schuh und die Beschleunigung der Tibia gemessen. Zahlreiche Parameter wurden ermittelt um die Belastung des Fußes, des Körpers und die Eigenschaften des Laufschuhes zu beschreiben. Die einzelnen Messergebnisse sind in den Tabellen [1] [2] [3] beschrieben. Die Korrelationsanalyse ergab keinen Zusammenhang zwischen dem Spitzendruck unter der Ferse und der mechanisch getesteten Dämpfung des Laufschuh. Die Druckbelastung und die Druckverteilung war in den einzelnen Schuhen sehr unterschiedlich. Die Verteilung der relativen Druckbelastung variiert zwischen Vor-, Mittel-, und Rückfuß bei den einzelnen Schuhen erheblich und erklärt die Beobachtung, das allein der Wechsel des Laufschuh zur Besserung oder zum Verschwinden von Schmerzen im Fuß führen können. Druckverteilungsmessung bei gebrauchten Laufschuhen: Laufschuhe unterliegen einem Verschleiß, der ihre mechanischen Eigenschaften beeinträchtigt. Die Auswirkungen dieses Verschleißes auf die Druckverteilung im Schuh wurden mit einem analogen Versuchsaufbau untersucht. Neunzehn unterschiedliche Laufschuhe wurden neu und nach einer Laufstrecke von 220 km vergleichend getestet. Bei allen Schuhen zeigten sich Änderungen der Druckverteilung zwischen neuen und gebrauchten Schuhen. Diese Veränderungen waren nicht einheitlich, sondern von Schuh zu Schuh sehr unterschiedlich. Schlussfolgerungen: Moderne Untersuchungstechniken erlauben Druckverteilungsmessungen im Schuh mit einer ausreichenden örtlichen und zeitlichen Auflösung. Aus diesen Messungen ergibt sich ein gemeinsames Beanspruchungsmuster mit hohen Belastungen der Ferse beim ersten Bodenkontakt. Noch vor dem Auftreten der höchsten vertikalen Bodenreaktionskraft nehmen der Mittelfuß und der laterale Vorfuß Kräfte auf. Die Druckverteilung kann in einzelnen Laufschuhen sehr unterschiedlich sein, sie wird prinzipiell durch ein Altern des Schuhes beeinflusst.

Summary.

The loading of individual foot structures which may play an important role in the occurrence of overuse injuries can be determined by using pressure distribution devices. In-shoe pressure measurements are of special interest as they provide information about the changes in foot to ground interactions with footwear modifications. Several studies have investigated the magnitudes of plantar in-shoe pressures at different running velocities. The first ray of the foot, composed of first metatarsus and hallux, was identified as one of the main load bearing structures during the push-off phase. Low correlations were found for the relationships of plantar pressures to ground reaction force or shock related variables. Pressure measurements provide a unique insight into the interaction between the human body, footwear and the ground. Substantial differences can be found in the peak pressure and relative load patterns due to different shoe constructions. It was also shown that plantar pressure measurement can be employed to identify changes of footwear properties with use. Although in-shoe pressure data offer detailed information about the loading behavior of the foot in various activities, at present conclusions for medical implications are still speculative.

Die Beurteilung von Laufschuheigenschaften durch Druckverteilungsanalysen.

Die Belastung individueller Fußstrukturen kann nur durch die Messung von Druckverteilungen unter dem Fuß ermittelt werden. Da Konstruktionsmerkmale von Laufschuhen die Belastung des Fußes erheblich verändern können, kommt der Erfassung der Druckverteilung innerhalb von Sportschuhen besondere Bedeutung zu. In diesem Beitrag werden die Abhängigkeit der Fußbelastung von der Laufgeschwindigkeit, der Einfluss von 19 unterschiedlichen Schuhmodellen auf die Fußmechanik sowie das Abnutzungsverhalten von Laufschuhen diskutiert. Ergebnisse unterschiedlicher Studien belegen die Bedeutung des ersten Fußstrahls, bestehend aus dem Os metatarsale I und dem Os hallux, als Hauptbelastungselement während der Abdruckphase beim Laufen. Druckverteilungsmessungen weisen nur geringe Korrelationen zu Kraft- oder Beschleunigungsmessungen am Körper auf. Daher hat jede dieser Methoden eine eigene Aussagekraft zur Beurteilung der Belastung des Bewegungsapparates. Druckverteilungsmessungen eignen sich nicht nur zur Erfassung von Druckspitzen unter dem Fuß. Durch eine relative Lastverteilungsanalyse kann festgestellt werden, wie die Art der Schuhkonstruktion das Aufsetz- und Abrollverhalten des Fußes beim Laufen verändert. Studien haben auch gezeigt, dass Druckverteilungsanalysen dazu geeignet sind, das Alterungsverhalten von Laufschuhen zu überprüfen. So wurde festgestellt, dass bei unzureichendem Schuhwerk bereits nach 220 km erhebliche Abnutzungserscheinungen zu erwarten sind. Trotz der vielfältigen Aussagen, die mit Hilfe von Druckverteilungsanalysen ermöglicht werden, gibt es noch keine eindeutigen Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Belastungsmustern und Läuferbeschwerden. Da die Messtechnologie zur Druckverteilung noch relativ jung ist, gibt es noch nicht genügend Daten, um eindeutige Zusammenhänge herzustellen. Prospektive Studien, die das vorhandene Messinstrumentarium nutzen, sind notwendig, um statistische Zusammenhänge von Beschwerdebildern beim Laufen in Abhängigkeit von Belastungsmustern unter dem Fuß abzusichern.

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Ewald M. Hennig

Sportbiomechanik Universität GH Essen

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