Geburtshilfe Frauenheilkd 1999; 59(8): 381-386
DOI: 10.1055/s-1999-15360
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Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neue Erkenntnisse zur Genetik des Kallmann-Syndroms und des Idiopathischen Hypogonadotropen Hypogonadismus (IHH)[*]

New Genetic Aspects of Kallmann Syndrome and Idiopathic Hypogonadotropic Hypogonadism (IHH)D. Meschede, J. Horst
  • Institut für Humangenetik, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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Publication History

Publication Date:
31 December 1999 (online)

Zusammenfassung

Das Kallmann-Syndrom (KS) ist durch einen hypogonadotropen Hypogonadismus aufgrund eines primären GnRH-Defizits und eine begleitende Anosmie gekennzeichnet. Hiervon setzt sich der Idiopathische Hypogonadotrope Hypogonadismus (IHH) nur durch Fehlen der Riechsinnesstörung ab. Die Mehrzahl der Erkrankungsfälle von KS und IHH sind sporadisch, haben also keine positive Familienanamnese. Bei einem Teil der familiären Fälle von KS liegt ein X-chromosomal rezessiver Erbgang zugrunde. Diese genetische Unterform ist vom ursächlichen Defekt im KAL-1-Gen über embryologische, pathologische und endokrinologische Befunde bis hin zur Klinik eingehend charakterisiert. Das Kallmann-Syndrom kann, ebenso wie der IHH, auch einem autosomal dominanten oder autosomal rezessiven Erbgang folgen. Die hierfür verantwortlichen Gene sind bislang überwiegend unbekannt. Bei einer autosomal rezessiv vererbten inkompletten Form des IHH wurde jüngst erstmals über Mutationen im Gen für den GnRH-Rezeptor berichtet. Bei den nicht-X-chromosomalen Formen von KS/IHH ist die intrafamiliäre klinische Variabilität bemerkenswert - innerhalb eines Stammbaums können Patienten mit KS, mit IHH, mit isolierter Anosmie oder auch nur mit verzögerter oder unvollständiger Pubertätsentwicklung beobachtet werden. Dies deutet auf eine enge nosologische Verwandtschaft der genannten klinischen Entitäten hin, die eine gemeinsame, wenn auch derzeit häufig noch nicht positiv identifizierbare genetische Basis zu haben scheinen.

Abstract

Kallmann syndrome (KS) is characterised by hypogonadotropic hypogonadism due to GnRH deficiency and concomitant anosmia. The latter is absent in idiopathic hypogonadotropic hypogonadism (IHH), an entity otherwise indistinguishable from KS. Most patients with KS or IHH have no positive family history. Some of the familial cases of KS follow an X-linked recessive pattern of inheritance. This subtype is caused by deletions or point mutations in the KAL-1 gene. Its protein product, anosmin-1, is believed to play an important role in the morphogenesis of the peripheral olfactory System. Recent studies have shown that only a minority of patients with Kallmann syndrome carry mutations in the KAL-1 gene. Kallmann syndrome as well as IHH may also follow an autosomal dominant or autosomal recessive pattern of inheritance. With regard to the latter case, a single family has been described with mutations in the GnRH receptor gene. Other genes causing the autosomal subforms of KS/IHH remain to be identified. In sibships with multiple affected members marked clinical variability has been observed. Within a single family patients with either Kallmann syndrome, IHH, isolated anosmia, or only delayed or incomplete pubertal development may be seen. This hints at a dose nosological relationship between these clinical phenotypes which may share a common - so far however rarely identifiable - genetic basis.

Diese Arbeit basiert auf einem vom Erstautor am 6.3.1998 gehaltenen Vortrag auf dem 42. Symposion der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie in Freiburg.

Diese Arbeit basiert auf einem vom Erstautor am 6.3.1998 gehaltenen Vortrag auf dem 42. Symposion der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie in Freiburg.