neuroreha 2016; 08(01): 8-9
DOI: 10.1055/s-0042-101147
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Gelesen und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bewegungsbeobachtung zur Verbesserung der Armmotorik nach Schlaganfall

Jan Mehrholz
1   Private Europäische Medizinische Akademie der Klinik Bavaria in Kreischa GmbH, An der Wolfsschlucht 1–2; 01731 Kreischa
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Publication History

Publication Date:
18 March 2016 (online)

Zusammenfassung der Studie

Ziele

Ziel der Studie war es, die Effekte eines Bewegungsbeobachtungsprotokolls auf die Bewegungszeit des betroffenen Armes nach Schlaganfall zu evaluieren.


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Methodik

Design Randomisierte stratifizierte kontrollierte Studie. Stratifiziert wurde nach Alter (< 55 Jahre vs. 55 Jahre und älter) und motorischer Funktion (Fugl-Meyer-Punktzahl < 50 Punkte oder 50 Punkte und mehr).

Ein- und Ausschlusskriterien Eingeschlossen wurden Patienten nach akutem erstem ischämischem Schlaganfall.

Interventionen Die Teilnehmer begannen mit 10 Wiederholungen einer standardisierten Reichaufgabe im Sitzen, bei der mit dem betroffenen Arm von der Seite neben dem Körper auf ein Objekt frontal getippt werden musste.

Anschließend absolvierten die Teilnehmer 10 Wiederholungen o. g. Reichaufgabe im Sitzen mit dem nicht betroffenen Arm. Diese Bewegungen mit dem nicht betroffenen Arm wurden mit einer Videokamera aufgenommen und die Videoaufnahmen später für die Versuchsgruppe (AO) verwendet.

Anschließend wurden die Patienten per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Gruppe AO: Bewegungsbeobachtungsprotokoll (n = 18). Die Bewegung des betroffenen Armes wurde auf einem Bildschirm für 3 Minuten beobachtet. Der Bildschirm wurde wie in der Spiegeltherapie midsagittal so platziert, als ob es sich um eine echte Spiegeltherapie handelte.

  • Gruppe CO: Kontrollgruppe (n = 19). Anstelle der AO-Gruppe und einer Bewegungsbeobachtung wurden wechselnde statische Aufnahmen/Bilder für 3 Minuten angeschaut (ähnlich Beobachten eines PC-Bildschirmschoners, ohne Bilder von Menschen). Der Bildschirm wurde auch hier wie in AO platziert.

Anschließend wurde 30-mal die o. g. Reichaufgabe im Sitzen mit dem betroffenen Arm geübt. Direkt danach wurde wieder, nun für 1 Minute, beobachtet (entweder AO oder CO).

Hinterher wurde 20-mal die o. g. Reichaufgabe im Sitzen mit dem betroffenen Arm geübt. Direkt danach wurde wieder für 1 Minute beobachtet (entweder AO oder CO).

Abschließend wurde wieder 20-mal die o. g. Reichaufgabe im Sitzen mit dem betroffenen Arm geübt. Direkt danach wurde wieder für 1 Minute beobachtet (entweder AO oder CO).

Nach dieser Studienphase wurde in beiden Gruppen noch einmal die Reichaufgabe 10-mal geübt (ohne anschließende AO oder CO) sogenannte Nachuntersuchung (Follow-up).

Messungen Primärer Zielparameter war die Bewegungszeit des betroffenen Armes bei der standardisierten Reichaufgabe im Sitzen.


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Ergebnisse

Die Bewegungszeit des betroffenen Armes verringerte sich in beiden Gruppen deutlich: um 18,3 % in der AO-Gruppe und um 9,1 % in der CO-Gruppe. Die unterschiedlichen Verbesserungen waren statistisch signifikant (mittlere Differenz = 0,14 s; 95 % Konfidenzintervall = 0,02 … 0,26; p = 0,026).

In weiteren Analysen ergab sich, dass die initiale Bewegungszeit und die Art des Schlaganfalls unabhängig voneinander den Gruppeneffekt beeinflussen (wissenschaftlich sogenannte Störgrößen). Allerdings gab es nach Miteinbeziehung dieser beiden Störgrößen in die Berechnung immer noch einen statistisch signifikanten Effekt der Gruppeneinteilung (AO bzw. CO) auf die Bewegungszeit des betroffenen Armes (r = 0,58; B = 33,6 %).


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Schlussfolgerung

Die Autoren schlussfolgern, dass es durch Bewegungsbeobachtung zwischen den Übungsphasen bei Patienten nach Schlaganfall zu deutlicheren Verbesserungen der Bewegungszeit der oberen Extremität kommt und dass Bewegungsbeobachtung damit zum motorischen Lernen beiträgt.


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  • 1 Harmsen WJ, Bussmann JBB, Selles RW et al. A mirror therapy-based action observation protocol to improve motor learning after stroke. Neurorehabil Neural Repair 2015; 29 (6) 509-516