Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(19): 1465-1466
DOI: 10.1055/s-0041-103501
Fachwissen
Hätten Sie’s gewusst?
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Junger Mann mit pathologischem Röntgenbild des Thorax

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Publikationsdatum:
24. September 2015 (online)


Im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung wird bei einem jungen Mann folgendes Röntgenbild aufgenommen Was fällt Ihnen daran auf und woran denken Sie?

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Bildnachweis: Block B. Facharztprüfung Innere Medizin. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012: 527

Antwort Es besteht eine Vergrößerung der Hiluslymphknoten. Ich denke an ein malignes Lymphom, eine Tuberkulose, auch an ein Bronchialkarzinom sowie eine Sarkoidose.


Kommentar Differenzialdiagnose der bihilären Lymphadenopathie:

  • Sarkoidose,

  • Tuberkulose,

  • Bronchialkarzinom,

  • Morbus Hodgkin,

  • Non-Hodgkin-Lymphome.


Rege Differenzialdiagnose der bihilären Lymphadenopathie: Karzinom, Lymphom, TBC, Sarkoidose.

Sie erwähnen die Sarkoidose. Wie können Sie denn diese Differenzialdiagnose näher eingrenzen?

Antwort Durch die Anamnese, die körperliche Untersuchung, die Lungenfunktionsprüfung und Laboruntersuchungen.

Kommentar Primärdiagnostik bei V. a. Sarkoidose:

  • Anamnese,

  • körperliche Untersuchung,

  • Lungenfunktionsprüfung,

  • Laboruntersuchungen,

  • Röntgenaufnahme des Thorax.

Meinen Sie, die Anamnese hilft Ihnen weiter?

Antwort Sehr viel weiter nicht. Häufig wird die Diagnose einer Sarkoidose eher zufällig gestellt, wie in diesem Falle. Unter Umständen bestehen jedoch Temperaturerhöhung, Leistungsminderung, Reizhusten.

Kommentar Symptome bei Sarkoidose:

  • u. U. fehlend,

  • häufig unspezifisch: erhöhte Temperaturen, Leistungsminderung,

  • pulmonale Symptome: chronischer Reizhusten, thorakales Druckgefühl, Belastungsdyspnoe.

Wie steht es mit dem körperlichen Untersuchungsbefund?

Antwort Auch dieser hilft oft nicht weiter. Insbesondere in frühen Phasen ist der pulmonale Auskultationsbefund nicht wegweisend. Allerdings sollte ich nach extrapulmonalen Manifestationen der Erkrankung fahnden, insbesondere im Bereich der Leber, der Augen, der Haut.

Kommentar Extrapulmonale Organmanifestationen bei Sarkoidose:

Leber (40 – 70 %):

  • Hepatomegalie, klinisch meistens nicht fassbar,

Haut (20 – 25 %):

  • Erythema nodosum,

  • subkutane Knoten,

Augen (25 %):

  • schmerzhafte Uveitis,

  • Keratokonjunktivitis,

  • Iridozyklitis,

Herz (5–10 %):

  • Kardiomyopathie,

  • Arrhythmien,

Nervensystem (5 %):

  • Neuropathie,

  • Meningitis,

Milz:

  • Splenomegalie,

Knochen, Parotis

Welche Laboruntersuchungen interessieren Sie?

Antwort Blutbild, Leberwerte, Kalzium, BSG, ACE.

Kommentar Auffällige Laborwerte bei Sarkoidose:

  • Leukozytose und Lymphozytose,

  • Transaminasenerhöhung,

  • Hyperkalzämie und Hyperkalzurie,

  • BSG-Beschleunigung,

  • Erhöhung des ACE (Angiotensin converting enzyme).

Mit diesen Untersuchungen werden Sie wahrscheinlich die Diagnose nicht sichern können. Wie gehen Sie also weiter vor?

Antwort Die für die Diagnosesicherung wichtigsten Untersuchungen sind die bronchoalveoläre Lavage (BAL) und die histologische Untersuchung von transbronchial gewonnenem Gewebe.

Kommentar Diagnosesicherung bei V. a. Sarkoidose:

  • klinisches und radiologisches Bild,

  • bronchoalveoläre Lavage (Zytologie: Verschiebung des Quotienten von CD 4-positiven Zellen zu CD 8-positiven Zellen zugunsten der CD 4-positiven Zellen),

  • histologische Untersuchung von transbronchial gewonnenem Gewebe (nichtverkäsende Granulome),

  • Ausschluss anderer Erkrankungen, insbesondere Tuberkulose und Lymphome.

Kommen wir auf den jungen Mann zurück. Welcher Typ der Sarkoidose liegt vor?

Antwort Typ I.

Kommentar Einteilung der Lungensarkoidose aufgrund des Thorax-Röntgenbildes:

Typ I:

  • bihiläre Lymphome,

Typ II:

  • bihiläre Lymphome mit Lungeninfiltrationen (retikulonoduläre Infiltrationen),

Typ III:

  • Lungeninfiltration ohne Lymphome,

Typ IV:

  • Lungenfibrose.

Mit welchem Medikament behandeln Sie den Patienten?

Antwort Mit gar keinem.

Kommentar Typ I der Sarkoidose: keine Therapie.

Warum nicht?

Antwort Weil die Spontanheilungsrate sehr hoch ist: ca. 70 %.

Kommentar Spontanheilungsraten bei der Sarkoidose:

  • Typ I 70 %,

  • Typ II 50 %,

  • Typ III 20 %.

Welche Patienten würden Sie denn behandeln?

Antwort Patienten mit Typ II, III oder IV, die Symptome aufweisen, insbesondere eine Verschlechterung der Lungenfunktion oder einen progredienten Verlauf. Außerdem bei Organkomplikationen.

Kommentar Therapieindikationen bei Sarkoidiose:

  • ab Typ II, wenn symptomatisch oder progredient,

  • bei Organkomplikationen: Augen, Leber, ZNS, Haut, Herz, Hyperkalzämie.

Regel Therapieindikation bei Sarkoidose: Progress oder extrapulmonale Organbeteiligung.

Was hat eigentlich eine Sarkoidose mit einer Hyperkalzämie zu tun?

Antwort Bei der Sarkoidose findet sich nicht selten eine Hyperkalzämie. Ursache ist eine vermehrte Produktion von Vitamin-D3-Metaboliten in aktivierten Makrophagen.

Kommentar Sarkoidose und Kalzium:

  • Hyperkalzämie in 15 %,

  • Hyperkalzurie,

  • Ursache: vermehrte Produktion von Vitamin D3 in aktivierten Makrophagen.

Womit wird die Sarkoidose behandelt, wenn eine Behandlungsindikation vorliegt?

Antwort Mit Prednisolon, initial 0,5 – 1 mg/kg KG, zunächst rasche, später langsame Dosisreduktion.

Kommentar Therapie der Sarkoidose:

  • Prednisolon 0,5 – 1 mg/kg KG,

  • Dauer: 2 – 4 Wochen, dann Reduktion um 10 mg alle 2 – 4 Wochen,

  • Erhaltungsdosis 10 – 15 mg,

  • Therapiedauer insgesamt: 6 Monate, dann Ausschleichen.

Welche Differenzialdiagnosen beachten Sie bei der Typ-II-Sarkoidose?

Antwort Hier sind differenzialdiagnostisch interstitielle Lungenerkrankungen zu berücksichtigen, insbesondere Pneumokoniosen, Ornithosen, allergische Alveolitis.

Kommentar Differenzialdiagnosen der Sarkoidose Typ II und III:

  • Miliartuberkulose,

  • Pneumokoniosen,

  • Ornithosen,

  • allergische Alveolitis,

  • Lymphangiosis carcinomatosa.


In Ihre Sprechstunde kommt eine Frau mittleren Alters, die über Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß sowie Fieber klagt. Bei der Untersuchung sehen Sie eine schmerzhafte Schwellung des Sprunggelenkes, außerdem folgende Hautveränderungen:

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Bildnachweis: Siegenthaler W. Siegenthalers Differenzialdiagnose. 19. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2005: 64

An welche Erkrankung denken Sie und welches ist die nächste Untersuchung, die Sie veranlassen?


Antwort Akute Sarkoidose, Löfgren-Syndrom. Ich veranlasse eine Röntgenaufnahme des Thorax in 2 Ebenen.


Kommentar Akute Sarkoidose, Löfgren-Syndrom:


Trias:

  • bihiläre Lymphadenopathie,

  • Erythema nodosum,

  • schmerzhafte Polyarthritis.

Und wie behandeln Sie diese Patientin?

Antwort Symptomatisch mit NSAR.

Kommentar Akute Sarkoidose:

  • 95 % Spontanheilungen,

  • Therapie symptomatisch.

Nachdruck aus:
Berthold Block, Facharztprüfung Innere Medizin, 3000 kommentierte Prüfungsfragen
4. Aufl., kompl. überarb. akt. 2011, 576 S., 106 Abb., kart. ISBN: 9783131359544