Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2008; 02(03): 127-132
DOI: 10.1055/s-0037-1618637
Psychosoziales bei Adipositas
Schattauer GmbH

Kinder und Jugendliche mit Adipositas – welchen Einfluss hat die Ethnizität?

Obese children and adolescents– what role does ethnicity play?
P. Rücker
1   Charité– Universitätsmedizin Berlin, SPZ interdisziplinär– Adipositas-Sprechstunde (Leitung: Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich)
,
B. Babitsch
2   Charité– Universitätsmedizin Berlin, Berliner Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (Direktorin: Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek)
,
A. Dannemann
1   Charité– Universitätsmedizin Berlin, SPZ interdisziplinär– Adipositas-Sprechstunde (Leitung: Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich)
,
S. Wiegand
1   Charité– Universitätsmedizin Berlin, SPZ interdisziplinär– Adipositas-Sprechstunde (Leitung: Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich)
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Publication Date:
28 December 2017 (online)

Zusammenfassung

Übergewicht und Adipositas ist bei Kindern mit Migrationshintergrund verglichen mit Kindern deutscher Herkunft deutlich erhöht. Ein doppeltes Risiko resultierend aus einem schlechteren sozioökonomischen Status besteht. Ziel der Studie ist die Analyse der in der Adipositas-Sprechstunde (SPZ) behandelten adipösen Kinder und Jugendlichen. 332 Kinder und Jugendliche wurden 2006 erstmalig vorgestellt. 49 % der Kinder und Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund. Der Anteil extremer Adipositas ist bei Kindern mit Migrationshintergrund verglichen mit Kindern deutscher Herkunft signifikant höher (58 % vs. 32,9 %). Hinsichtlich der Schulbildung der Mutter zeigt sich ein sozialer Gradient bei den Kindern deutscher Herkunft, d. h. mit abnehmender Schulbildung erhöhen sich die Adipositas-Prävalenzen; nicht jedoch bei den Kindern türkischer Herkunft. Kinder mit Migrationshintergrund sind in der SPZ Adipositas-Therapie signifikant überrepräsentiert und stärker adipös. Etablierte ambulante Adipositas-Schulungsprogramme eignen sich für diese Patienten und ihre Familien nicht, deshalb sollten risikogruppenzentrierte und kultursensible Programme entwickelt werden.

Summary

Overweight and obesity is more prevalent in immigrant children compared with children/adolescents with German origin. A double risk due to the lower social status can be found in immigrant children/adolescents. The aim of the study is to compare patients of the specialised obesity care (SPZ) regarding the cultural background. In 2006, 332 children and adolescents utilized this service the first time. 49 % of the patients have a migration background. The proportion of extreme obesity is significantly higher in children with migration background compared to children with German origin (58 % vs. 32.9 %). Obesity rates increased witha lower mothers’ school education in German children but not in immigrant children. Children with migration background are more frequently treated and they arrive at the SPZ later as indicated by a higher percentage of extreme obese children. There isa need of tailored and cultural sensitive programmes for this patient group.

 
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