Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(03): 103-106
DOI: 10.1055/s-0033-1359910
Arztrecht in der Paxis | Commentary
Arztrecht
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Chefarztbehandlung als Wahlleistung: Voraussetzungen für die korrekte Abrechnung

Head doctor treatment as elective treatment: Prerequisites for a correct invoice
T. Oehler
1   Advokaturbüro Oehler, Osnabrück
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Publication History

05 July 2013

08 August 2013

Publication Date:
07 January 2014 (online)

Einführung

Mit der Vereinbarung einer Chefarztbehandlung als Wahlleistung will sich der Patient die speziellen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes sichern – gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars.

In einem Grundsatzurteil hatte der Bundesgerichtshof (BGH) [4] bereits die Wirksamkeitsanforderungen an einzelne Regelungen in einer Wahlleistungsvereinbarung festgelegt. Darin wurden die Voraussetzungen einer zulässigen Privatliquidation aus einem Wahlarztvertrag beschrieben. Als Grundsatz hielten die obersten Richter fest, dass der Wahlarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen muss. Die geschuldete Operation muss grundsätzlich selbst durchgeführt werden. Ausnahmsweise ist die Delegation auch einer Kernleistung auf einen Repräsentanten zulässig, sofern mit dem Patienten eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde (sog. Repräsentantenvereinbarung). Der Wahlarzt kann sich demnach durch eine Vereinbarung mit dem Patienten von seiner Pflicht zur persönlichen Leistung befreien und deren Ausführung einem Stellvertreter übertragen. Vor Abschluss einer Repräsentantenvereinbarung treffen den Wahlarzt aber besondere Aufklärungspflichten:

  • Der Patient muss so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes unterrichtet weden.

  • Dem Patienten muss angeboten werden, dass an Stelle des Wahlarztes ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt.

  • Wenn die Vertretervereinbarung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrags getroffen wird, ist der Patient auf diese gesondert ausdrücklich hinzuweisen.

  • Dem Patienten soll die alternative Option erläutert werden, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen.

Ein nochmaliger Hinweis, dass er auch in letzterem Fall die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält, ist nicht erforderlich. Ebenso ist der Patient nicht eigens ausdrücklich darüber aufzuklären, dass der Wahlarzt auch für die Behandlung durch den Stellvertreter liquidationsberechtigt ist. Der Wahlarzt muss den Patienten auch nicht selbst über die Stellvertretervereinbarung aufklären. Die Vertretervereinbarung muss jedoch schriftlich geschlossen werden. Eine Formularklausel ist nur zulässig, wenn sie den Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt, in denen zum Abschlusszeitpunkt der Vereinbarung noch nicht feststeht, dass der Wahlarzt verhindert sein wird (z. B. weil die Verhinderung wie Krankheit, Urlaub etc. selbst noch nicht absehbar ist). Überdies ist eine Stellvertretervereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nur wirksam, wenn darin als Vertreter der ständige ärztliche Vertreter im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz  3 und 4, § 5 Abs. 5 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bestimmt ist. Der ständige ärztliche Vertreter muss weiterhin namentlich benannt sein.

Diese Rechtsprechung des BGH hat nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen [6] fortgeführt. Es hat konkretisiert, inwiefern sich ein Verstoß gegen die zuvor aufgezeigten Grundsätze des BGH auf das arbeitsrechtliche Kündigungsrecht auswirkt und und für den Abrechnungsbetrug strafrechtlich relevant wird.