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Buchtipps

Hille Haker: Hauptsache gesund? Ethische Fragen der Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik – zur aktuellen Debatte.

Eltern erwarten von vorgeburtlichen Untersuchungen die Bestätigung, dass ihr Kind gesund zur Welt kommen wird. Aber genetische Untersuchungen verändern die elterliche Verantwortung grundlegend, wenn diese Erwartung nicht bestätigt wird. Im ethischen Konflikt der Gendiagnostik vor und während der Schwangerschaft bleiben werdende Elternpaare oft allein. Hille Haker, Professorin für theologische Ethik, gibt einen Überblick über den Prozess der Medikalisierung der Schwangerschaft im 20. Jahrhundert bis zur assistierten Fortpflanzung und Präimplantationsdiagnostik. Sachlich und kompetent und dennoch einfühlsam beschreibt sie sowohl die Fakten als auch die ethischen Implikationen dieser radikalen Veränderung der elterlichen Verantwortung. Damit ergänzt sie die aktuelle wissenschaftliche und rechtliche Debatte um eine ganz wesentliche Facette, nämlich die Frage, was der medizinische Fortschritt der Pränataldiagnostik mit der Beziehung zwischen den Eltern und ihrem zukünftigen Kind macht. Ein äußerst lesenswertes Buch zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema, bei dem um die bestmögliche, ethisch vertretbare Praxis gerungen wird.

Kösel Verlag, München 2011, 19,99 €, ISBN 978-3-466-36871-6

Hartmut Reiners: Krank und pleite? Das deutsche Gesundheitssystem.

Probleme und Mängel des deutschen Gesundheitssystems sind ein beliebtes Thema in den Medien, die Berichterstattung ist jedoch nicht immer sachlich und zutreffend, sondern oft reißerisch oder schlichtweg falsch. Dies liegt daran, dass das deutsche Gesundheitssystem auch für Fachleute eines der kompliziertesten Gesundheitssysteme weltweit ist. Hartmut Reiners, Gesundheitsökonom, erläutert fundiert und verständlich die acht verschiedenen Gesundheitsreformgesetze der letzten 30 Jahre und ihre Auswirkungen auf das deutsche Gesundheitswesen. Schlagworte wie Kopfpauschale, Kostenbeteiligung, Bürgerversicherung und andere Grundzusammenhänge der Gesundheitspolitik werden anschaulich erklärt. In einem abschließenden Kapitel zeigt der Autor auf, welche Probleme tatsächlich bearbeitet werden müssen und welche Lösungsvorschläge bereits existieren.

Suhrkamp, Berlin 2011, 8,95 €, ISBN 978-3-518-46247-8

Martin Pistorius: Als ich unsichtbar war. Die Welt aus der Sicht eines Jungen, der 11 Jahre als hirntot galt.

Martin Pistorius erkrankte mit zwölf Jahren an einer unklaren neurodegenerativen Erkrankung, in deren Verlauf er innerhalb eines Jahres in ein Wachkoma fiel. Mit etwa 16 Jahren begann er wieder, seine Umgebung wahrzunehmen und mit 19 Jahren war sein Geist voll funktionsfähig, aber sein Körper war spastisch gelähmt und gehorchte ihm in keiner Weise. Es war ihm unmöglich, mit anderen Menschen zu kommunizieren. In einem Pflegeheim entdeckte eine Mitarbeiterin seinen wachen Geist, als er 26 war, und drängte seine Eltern, ihm die Benutzung augmentativer Kommunikationshilfen zu ermöglichen. Mithilfe eines ausgefeilten Computersystems das er mit der Stirn bedient – ähnlich dem, das der weltbekannte Physiker Stephen Hawking nutzt –, kann Martin heute kommunizieren und als Webdesigner selbst seinen Lebensunterhalt verdienen (siehe seine Website martinpistorius.com). In seinem Buch berichtet Martin Pistorius über die elf Jahre völliger Hilflosigkeit als spastisch gelähmter, schwerstbehinderter Junge und junger Erwachsener, der sich nicht mitteilen konnte und sich wie unsichtbar empfand. Dieser beeindruckende Erfahrungsbericht ist für alle, die beruflich mit Menschen mit Einschränkungen zu tun haben, ein wertvoller Einblick in deren inneres Erleben, der uns sonst oft unmöglich zu sein scheint.

Bastei Lübbe, Köln 2012, 8,99 €, ISBN 978-3-404-60356-5