Neonatologie Scan 2012; 01(01): 35-36
DOI: 10.1055/s-0032-1310206
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Zentralnervensystem
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Hypothermie bei hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie: Kann der neuroprotektive Effekt durch Phenobarbital verstärkt werden?

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Publication Date:
23 August 2012 (online)

Die therapeutische Hypothermie ist bisher die einzige Erfolg versprechende Therapieoption bei Neu- und Frühgeborenen mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie (HIE) – der Effekt ist jedoch sehr begrenzt. In einer US-amerikanischen Studie untersuchten Sakar et al, ob die Gabe von Phenobarbital den neuroprotektiven Effekt der Hypothermie erhöht.

Die therapeutische Hypothermie ist bisher die einzige Intervention, die überhaupt irgendeinen positiven Effekt auf die neurologische Erholung bei Neugeborenen mit HIE gezeigt hat. Allerdings scheint nur 1 von 9 Kindern von dieser Therapie zu profitieren, sodass nach weiteren Optionen wie der Kombination mit weiteren Neuroprotektive gesucht wird.

Einer der möglichen Substanzen könnte Phenobarbital (PB) sein, das wie die Hypothermie zu einer unspezifischen Neuroprotektion führt, indem es an verschiedenen Stellen in die Kaskade eingreift, die zur ischämischen Schädigung des Gehirns führt. Es wird angenommen, dass Barbiturate den Hirnstoffwechsel und den Sauerstoffverbrauch vermindern, den post-ischämischen Kalziumeinfluss reduzieren und die Schäden durch freie Radikale abmildern. Dies führte zu der Hypothese, dass Phenobarbital bei Neugeborenen mit HIE den neuroprotektiven Effekt der Hypothermie synergistisch verstärken könnte.

An der Studie nahmen 68 Kinder ( ≥ 36 Gestationswochen) mit Asphyxie teil, die aufgrund einer mittelschweren bis schweren HIE mit Hypothermie behandelt wurden. 36 Kinder hatten vor der Kühlung Phenobarbital erhalten (mittlere Aufsättigungsdosis 24,4 mg/kg) – davon 2 prophylaktisch kurz nach der Geburt und 34 aufgrund einer erhöhten Krampfneigung vor der Einleitung der Hypothermie. Die Kontrollgruppe bestand aus 32 Kindern, die 72 h vor der Hypothermie kein Phenobarbital erhalten hatten. Mit Ausnahme der erhöhten Krampfneigung in der Phenobarbital-Gruppe unterschieden sich die beiden Gruppen nicht hinsichtlich Schwere der Asphyxie, Apgar-Score, pH-Wert und Basendefizit im Nabelschnurblut, neurologischem Befund und Geburtskomplikationen.

Trotz Maximaltherapie verstarben 10 Kinder in den ersten 4 Lebenswochen am Multiorganversagen (PB-Gruppe 6, ohne PB 4). Bei den überlebenden 58 Kindern wurde zwischen dem 7. und 9. Lebenstag ein Hirn-MRT angefertigt. In der PB-Gruppe zeigten die Kinder häufiger Auffälligkeiten im Hirn-MRT (73 % vs 36 %, p = 0,007). Auch der kombinierte Endpunkt aus Tod und MRT-Auffälligkeiten wurde in der mit PB behandelten Gruppe häufiger erreicht (78 % vs. 44 %, p = 0,006). In der Multivarianz-Analyse waren PB-Gabe vor der Hypothermie und Plazentaablösung unabhängige Risikofaktoren für ein schlechteres Outcome.