Neonatologie Scan 2012; 01(01): 27-28
DOI: 10.1055/s-0032-1310194
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Frühgeborenenanämie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bluttransfusionen: Sind hohe Transfusionsschwellen ökonomisch vertretbar?

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Publication Date:
23 August 2012 (online)

Eine post-hoc-Analyse der PINT-Studie (Premature Infants In Need of Transfusion) hatte gezeigt, dass mit häufigeren Bluttransfusionen leichtere neuropsychologische Entwicklungsverzögerungen von Frühgeborenen vermieden werden können. Ob sich dies auch rechnet, überprüften Kamholz et al. aus der Sicht der Kostenträger.

Die randomisierte Studie erfasste 451 Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1000 g und einem Gestationsalter < 31 Wochen. Die Hämoglobin-Grenzwerte für die Gabe von Erythrozytenkonzentraten variierten zwischen 6,8 g/dl und 13,5 g/dl. In der primären PINT-Analyse bestanden zum Entlassungszeitpunkt und nach 18 – 21 Monaten keine Unterschiede in der Mortalität und der Häufigkeit bronchopulmonaler Dysplasien, Retinopathien und Sehstörungen, Gehirnschäden, Hörminderungen und mentalen Entwicklungsverzögerungen. In der post-hoc-Analyse waren kognitive Einschränkungen und Behinderungen der Sinnesfunktionen bei häufigeren Transfusionen, also den höheren Hb-Schwellenwerten, seltener, weil die Abweichungen vom Mental-Development-Index (MDI) anders definiert wurden. Nicht mehr 2 ( < 70), sondern 1 Standardabweichung ( < 85) unterschied beeinträchtigte von unauffälligen Kindern. Jetzt kalkulierten die Autoren die Kosten für den Krankenhausaufenthalt, chirurgische Eingriffe, Ärzte, erneute Krankenhausaufenthalte, Heimoxygenierung, Hämoglobinkotrollen und Erythrozytenkonzentrate. Die privaten Kosten der Eltern wurden nicht berücksichtigt.

Im direkten Kostenvergleich bestanden zwischen den Gruppen mit hohen und niedrigen Schwellenwerten keine signifikanten Unterschiede. Sie betrugen durchschnittlich 149767 und 150227 kanadische Dollar (p = 0,96). Dies galt auch für den Aufenthalt auf der Neugeborenen-Intensivstation. 50 % der Unkosten entstanden durch die Pflege. Tendenziell waren die Unkosten durch Wiederaufnahmen in die Klinik geringer, wenn häufiger transfundiert worden war. Bei einem MDI-Grenzwert < 70 ergab sich unter Berücksichtigung der Effekte und der vermiedenen Komplikationen ein anderes Bild: Die höheren Hb-Schwellenwerte und damit häufigeren Erythrozytentransfusionen waren effektiver und kostengünstiger. Für jedes mehr überlebende Kind ohne Funktionseinschränkung betrug die Kosteneinsparung bei hohen Transfusionsgrenzwerten 6879 kanadische Dollar. Die Wahrscheinlichkeit günstiger und gleichzeitig medizinisch förderlich zu sein, lag für die Gruppen mit höheren Transfusionsgrenzen bei 48 %. Nach der probabilistischen Sensitivitätsanalyse betrug die Wahrscheinlichkeit nicht effektiv und gleichzeitig teurer zu sein 3 %. Die Beschränkung des Berechnungszeitraums auf den ersten Krankenhausaufenthalt bestätigte die Ergebnisse. Die Wahrscheinlichkeit für eine Kosteneinsparung betrug 46 %. Wurde die alte MDI-Grenze ( < 85) zugrunde gelegt, war die Ersparnis geringer (4457 kanadische Dollar).