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DOI: 10.1055/s-0031-1299019
Eiszeit
Publication History
Publication Date:
13 April 2012 (online)
Fall 1
Die Notärztin wird im Winter bei tiefen Außentemperaturen unter dem Stichwort „Plötzliche Bewusstlosigkeit“ in eine Altbauwohnung im 5. Stock eines Mietshauses alarmiert. Die bereits eingetroffene RTW-Mannschaft stellt einen 22-jährigen Wohnungsmieter vor, der von Freunden auf dem Balkon der Wohnung nicht ansprechbar vorgefunden worden war. Vorausgegangen war eine längere Party mit Genuss alkoholischer Getränke in größerem Umfang, was auch den anderen Partygästen deutlich anzumerken war. Eigentlich wollte der Patient, wie nach schwieriger Fremdanamnese zu eruieren, lediglich zum Rauchen auf den Balkon gehen. Da er längere Zeit nicht wiedergekehrt war, suchten ihn die anderen Gäste und fanden ihn nicht ansprechbar dort liegend vor.
Bei der Untersuchung ergab sich eine pulsoxymetrische Sättigung von 92 %, der Blutdruck war mit 100/60 gering erniedrigt, im Monitor zeigte sich ein Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 68/min. Der Blutzucker lag mit 110 mg/dl im Normalbereich. Klinisch reagierte der Patient auch nicht auf kräftige Schmerzreize, Spontanbewegungen waren nicht vorhanden. Beide Pupillen waren eher weit, reagierten aber träge auf Licht.
Unter dem Verdacht einer schweren Alkoholvergiftung mit tiefer Bewusstlosigkeit legte der Notarzt 2 Venenverweilkanülen und intubierte den Patienten dann ohne die Gabe von Narkotika. Unter Volumenzufuhr wurde der Patient dann beatmet in eine nahegelegene Klinik auf die Intensivstation transportiert.
Dort wurde die notärztlich eingeleitete Behandlung fortgeführt. Auffällig war eine Rektaltemperatur von 33,8 °C. Laborchemisch fand sich eine Ethanolkonzentration von 1,6 g/l sowie eine leichte Erhöhung des Laktats. Drei Stunden nach Aufnahme auf die Intensivstation wurde der Patient zunehmend unruhig, drückte beide Hände auf Aufforderung und tolerierte schließlich den Beatmungstubus nicht mehr, sodass er bei normalem Gasaustausch schließlich extubiert wurde. Einige Zeit später berichtete er, dass er in seiner Wohnung neben Alkohol auch einen „Spezialdrink“ probiert hatte, der ihm von einem seiner Gäste mitgebracht worden war. Toxikologisch-analytisch entpuppte sich der „Spezialdrink“ am nächsten Tag als γ-Hydroxybuttersäure.
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Literatur
- 1 Gershman H, Steeper J. Rate of clearance of ethanol from the blood of intoxicated patients in the emergency department. J Emerg Med 1991; 9: 307-311
- 2 Liechti ME, Kunz I, Greminger P et al. Clinical features of gamma-hydroxybutyrate and gamma-butyrolactone toxicity and concomitant drug and alcohol use. Drug and alkohol dependence 2006; 81: 323-326