Neuroradiologie Scan 2011; 1(1): 29
DOI: 10.1055/s-0030-1256928
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Schmidt FA, Fleiner F, Harms L et al. Pathologische Veränderungen der Chemosensorik mittels Kernspintomografie bei Multipler Sklerose – eine MRT-Studie. Fortschr Röntgenstr 2011; 183: 531 – 535

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Oktober 2011 (online)

Lassen sich Riechstörungen bei multipler Sklerose mittels MRT nachweisen?

Nachweislich leiden 15–38 % der Patienten mit multipler Sklerose (MS) an Riechstörungen. Die diagnostischen Mittel, diese sensorischen Einschränkungen tatsächlich zu entdecken, sind jedoch gemäß Schmidt et al. von der Charité in Berlin noch unzureichend. In ihrer prospektiven Studie gingen sie daher der Frage nach, inwiefern sich per MRT mögliche Ursachen von Geruchs- und Geschmacksstörungen finden lassen.

Manuelle Segmentierung des Riechhirns anhand der T1-gewichteten Sequenz (Bild: Schmidt FA, Fleiner F, Harms L et al. Fortschr Röntgenstr 2011; 183: 531-535).

Größere Volumina und erhöhte Anzahl zentraler MS-Läsionen in Kombination mit einem reduzierten Volumen von Riechhirn (RH) und Bulbus olfactorius (BO) könnten einen Hinweis auf Riechstörungen geben. Zu diesem Ergebnis kamen die Autoren durch die Untersuchung von 30 Patienten im Alter von 22–65 Jahren mit einer mittleren Erkrankungsdauer von 5,7 Jahren. Die Kontrollgruppe bestand aus 30 gesunden Probanden. Das subjektive Geruchsempfinden wurde anhand des 3-teiligen SDI-Tests (Schwellen-Diskrimination-Identifikationstest) getestet, zur Geschmacksprüfung dienten 16 Papierteststreifen (Taste-Strip-Test, TST). Außerdem bestimmten die Wissenschaftler die Anzahl der Läsionen im Gehirn sowie die Volumen des RH und des BO. Dabei zeigten sich signifikante negative Korrelationen des RH sowohl mit der Größe der MS-Läsionen im RH (r = -0,38) als auch mit der Anzahl der Läsionen im RH (r = -0,38) und im Gesamtkortex (r = -0,48). Der TST korrelierte ebenfalls signifikant negativ mit dem Volumen der MS-Läsionen im RH (r = -0,52), dem Volumen des linken BO (r = -0,45) und der Anzahl der Läsionen im gesamten Kortex (r = -0,48). Die subjektive Olfaktometrie ergab, dass 33,3 % der MS-Patienten an einer Hyposmie litten, gegenüber 6,6 % der Probanden aus der Kontrollgruppe. 75 % der Patienten mit einem BO-Volumen < 100 mm3 hatten ein vermindertes Riechvermögen. Das Geschmacksempfinden war bei 17,4 % der MS-Patienten reduziert, während nur 4,4 % der gesunden Probanden eine Schmeckstörung aufwiesen.

Fazit
Gemäß den Autoren besteht beim Nachweis von Riechstörungen im Rahmen neurologischer Erkrankungen erheblicher diagnostischer Bedarf. Bildgebende Verfahren würden diesbezüglich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Gemäß ihrer Erfahrung aus der vorliegenden Studie sei die manuelle Segmentation ein geeignetes Mittel zur Volumetrie des BO und RH. Allerdings sei eine Standardisierung der MRT-Sequenzen und der Volumenbestimmung des olfaktorischen Systems sinnvoll.

Dr. Bettina Rakowitz, Sachsen b. A.

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