Neuroradiologie Scan 2011; 1(1): 15-16
DOI: 10.1055/s-0030-1256909
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Mohr M, Pillich D, Kirsch M et al. Percutaneous balloon kyphoplasty with the patient under intravenous analgesia and sedation: a feasibility study. AJNR Am J Neuroradiol 2011; 32: 649 – 653

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Oktober 2011 (online)

Kyphoplastie auch ohne Vollnarkose durchführbar

Die Kyphoplastie ist ein minimalinvasives Verfahren zur Frakturbehandlung, das bei osteoporotischen oder malignen Wirbelkörperbrüchen angewendet wird. Normalerweise erfolgt es unter Allgemeinanästhesie, aber gerade diese Patienten haben ein erhöhtes Narkoserisiko. M. Mohr et al. überprüften nun, ob auch eine Lokalanästhesie möglich ist.

Kompressionsfraktur LWK 1 bei einer 65-jährigen Patientin. a, b Aufnahme der LWS a.p. und seitlich vor (a) und nach (b) Kyphoplastie: Suffiziente Knochenzementfüllung und Wirbelkörperaufrichtung. c Axiale postinterventionelle Kontroll-CT: Zementfüllung bis in Höhe der Wirbelkörperhinterkante. Die Pfeile markieren den beidseitigen transpedikulären Zugangsweg (Bild: Wetzel SG, Wilhelm KE. Radiologie up2date 2006; 6: 255 – 272).

An der Studie, die zwischen Juni 2007 und 2009 durchgeführt wurde, beteiligten sich 133 konsekutive Patienten (77 Frauen und 56 Männer) im Durchschnittsalter von 69,2 Jahren, die sich aufgrund von einer oder mehreren Wirbelkörperkompressionsfrakturen (osteoporotisch oder metastatisch) einer Ballonkyphoplastie unterzogen. Das Narkoserisiko der Patienten wurde anhand der ASA-Kriterien (ASA = American Society of Anesthesiologists) bewertet. Alle Eingriffe wurden in einer biplanaren Angiografieeinheit durchgeführt, wobei die Kyphoplastie im Lendenwirbelbereich bilateral transpedikular und im Thorakalbereich transpedikular oder extrapedikular erfolgte. Dabei wurden die Patienten mittels intravenöser Gabe von Piritramid und Midazolam sediert. Vor dem Eingriff hatten sie ihre frakturbedingten Schmerzen auf einer visuellen Analogskala (VAS) eingestuft, was sie am nächsten Tag für die postinterventionellen Schmerzen wiederholten. Auf einer 5-Punkte-Skala (5 = maximale Schmerzen, 0 = keine Schmerzen) bewerteten sie außerdem die Qualität der Anästhesie.

Gemäß der ASA-Kriterien hatten 74,4 % der Patienten (n = 99) ein deutlich erhöhtes Eingriffsrisiko (ASA-Score ≥ 3). Insgesamt wurden in der Gesamtkohorte (n = 133) 162 Wirbelkörper versorgt, dabei jeweils maximal 3 pro Sitzung. Die Ursache der Wirbelkörperfrakturen waren eine Osteoporose bei 86 Patienten (64,7 %), Metastasen mit unbekanntem bzw. bekanntem Primärtumor bei 6 (4,5 %) bzw. 22 (16,5 %) Patienten, ein Plasmozytom bei 15 (11,3 %) und ein Lymphom bei 4 (3 %) Patienten. Die durchschnittliche Eingriffsdauer betrug 64,2 min, die mittlere Menge an Piritramid bzw. Midazolam 11,8 bzw. 11,3 mg. Dabei zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen der benötigen Menge an Medikamenten und dem Alter, anästhesiebedingte Komplikationen traten nicht auf. Initial betrug der mittlere VAS-Wert 8,3 und sank postinterventionell signifikant auf 2,4. Alle Teilnehmer gaben an, dass sie sich erneut dieser Prozedur unterziehen würden und stuften die Anästhesie als suffizient ein.

Fazit
Bei Patienten mit erhöhtem Narkoserisiko ist die Ballonkyphoplastie von Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper unter Sedierung mit Piritramid und Midazolam sicher durchführbar, so die Autoren.

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

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