Gesundheitswesen 2009; 71(10): 606-609
DOI: 10.1055/s-0029-1239568
Laudatio

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Public Health und Versorgungsforschung: Herausforderungen zwischen Praxis und Politik

Festvortrag zur Verleihung der Salomon-Neumann-Medaille DGSMP – Tagung, Hannover 17. September 2008P. C. Scriba
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Publication Date:
02 November 2009 (online)

Dank

Salomon Neumann war Berliner Armenarzt … , so steht es in der Wikipedia. Zusammen mit dem befreundeten Rudolf Virchow gehört er 1848 zu den radikaldemokratischen Ärzten, die sich aktiv an der Revolution beteiligten. Von Neumann stammt der Satz „Die medizinische Wissenschaft ist in ihrem innersten Kern und Wesen eine soziale Wissenschaft”. Das ist vor dem Hintergrund von Armut und krankheitsbedingter Frühsterblichkeit der Berliner Bevölkerung im 19. Jahrhundert für jeden nachvollziehbar. Bekanntlich besteht aber auch heute noch eine Korrelation zwischen sozio-ökonomischem Status und Gesundheit [1]. Salomon Neumann wurde 1819 in Pyritz geboren und starb am 20. September 1908 in Berlin. Wir ehren ihn heute also fast genau zu seinem 100. Todestag ([Abb. 1]).

Abb. 1 Sein Grab findet man im Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee.

Von 1858 bis 1905 gehörte Salomon Neumann der Berliner Stadtverordnetenversammlung an. Im Jahr 1861 reorganisierte er im Auftrag der Stadt Berlin die Volkszählung und setzte hier neue wissenschaftliche Maßstäbe. Mehrere tausend freiwillige Helfer sammelten nicht nur demografische, sondern auch soziale Daten, die Neumann und seine politischen Freunde

für den sozialen und hygienischen Umbau der Stadt nutzten. Der historische Hygienebegriff war viel weiter als der heutige; er umfasste die Gesundheitsförderung im weitesten Sinne, Städtesanierung einschließlich. Das Fach der Hygiene war lange nahezu deckungsgleich mit dem heutigen Begriff Public Health. Die von Deutschen in der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen haben viele Begriffe korrumpiert und belasten in unserem Lande noch heute alle Bemühungen um die „Volksgesundheit”. Schon aus diesem Grunde tun wir uns so schwer mit der Übersetzung des Begriffes Public Health.

Gegen Ende seines Lebens engagierte sich Neumann immer stärker für die Wissenschaft des Judentums. Das Ziel, die Wissenschaft des Judentums als Fakultät (gleichberechtigt mit der katholischen und der evangelischen Theologie) innerhalb der Berliner Universität zu installieren, scheiterte.

Die Liste der bisher mit der Salomon-Neumann-Medaille Geehrten enthält erlauchte Namen, sodass ich mit Demut und Selbstzweifel mich frage, ob ich zu dieser Liste passe. Aber Ihr Vorstand hat nun einmal so entschieden. Ich freue mich von Herzen über die Salomon-Neumann-Medaille und danke Ihnen für die große Ehre.

Personendaten
Name  Neumann, Salomon
Kurzbeschreibung  Berliner Armenarzt und Statistiker
Geburtsdatum  1819
Geburtsort  Pyritz
Sterbedatum  20. September 1908
Sterbeort  Berlin

Ich möchte jetzt in aller Kürze den Versuch machen, mit eigenen Originaldaten des Arbeitskreises Jodmangel ([Abb. 2]) meine Person dieser Ehrung etwas würdiger erscheinen zu lassen. Dafür greife ich auf das Feld der Prävention zurück ein Gebiet – das mich mit unserem Jubilar, meinen Freund Friedrich Wilhelm Schwartz seit langem verbindet. Friedrich Wilhelm, ich will nicht meine Laudatio und meinen Vortrag über Prävention von vor fünf Jahren wiederholen. Aber, ich gratuliere Dir mit dem Zitat: „Schön das es Dich gibt, bleib wie Du bist, und ich wünsche Dir viele gesunde und glückliche Jahre”.

Abb. 2 Die Erfolge des AKJ sind vor allem einer intensiven und professionellen Öffentlichkeitsarbeit zu verdanken. „Wiederholung ist für Wissenschaftler kein Originalitätskriterium, aber für Public Relation Profis ist Wiederholung eine Primärtugend”: Mehr zum Thema Nachhaltigkeit unter www.jodmangel.de [2]

Literatur

  • 1 Sachverständigenrat zur Begutachtung im Gesundheitswesen, Hrsg . .  Koordination und Qualität im Gesundheitswesen. Kohlhammer 2005;. Bd.1:  109-176
  • 2 Scriba PC, Heseker H, Fischer A. Jodmangel und Jodversorgung in Deutschland.  Prävention und Gesundheitsförderung. 2007;  2 143-148
  • 3 Schwarz FW, Badura B, Busse R. et al .Hrsg. Public Health. Gesundheit und Gesundheitswesen. Auflage. München/Jena: Urban&Fischer 2003
  • 4 http://www.baek.de/medizin& ethik/versorgungsforschung
  • 5 Sachverständigenrat zur Begutachtung im Gesundheitswesen  Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Über-, Unter- und Fehlversorgung. Bd.  3, 2001;  150-158
  • 6 http://www.partners.org
  • 7 Sachverständigenrat zur Begutachtung im Gesundheitswesen .Kooperation und Verantwortung. Bd. 1. Baden-Baden: Nomos-Verlag 2007 S. 63
  • 8 Bäsler F, Fuchs C, Scriba PC. Förderung der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer.  Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2006;  49 130-136
  • 9 Kurth B-M,. Hrsg. Monitoring der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland. Konzepte, Anforderungen, Datenquellen. Deutscher Ärzteverlag 2008: 1-260
  • 10 Angerer P, Schwartz FW. Arbeitsbedingungen und Befinden von Ärztinnen und Ärzten – Befunde und Intervention. Deutscher Ärzteverlag 2009
  • 11 Monitor Versorgungsforschung 01/08 
  • 12 Mansky T. Neue Methoden der Qualitätsmessung und des Qualitätsmanagments. In: Kurth B-M, Hrsg: Monitoring der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland. Konzepte, Anforderungen, Datenquellen. Deutscher Ärzteverlag 2008: 149-170
  • 13 http://www.initiative-qualitaetsmedizin.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. h. c. P. C. Scriba

Klinikum der Universität

München Medizinische Klinik

Innenstadt

Ziemssenstraße 1

80336 München

Email: peter.scriba@med.uni-muenchen.de

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