Rofo 1954; 80(6): 770-782
DOI: 10.1055/s-0029-1212354
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Strahlenbiologie 1953

M. Ebert, A. Howard
  • Experimental Radiopathology Research Unit Hammersmith Hospital London
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Publication Date:
18 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Bisher basierten die Vorstellungen über die Verteilung der Ionen entlang den Teilchenbahnen in Flüssigkeiten auf den Gedanken von D. E. Lea (21). Heute erscheinen die Elektroneneinfangprozesse in kondensierten Systemen einer Revision unterzogen zu werden. Jedoch erscheint es unwahrscheinlich, daß neue Erkenntnisse von der Energicabsorption in Flüssigkeiten unsere qualitativen Vorstellungen wesentlich ändern werden. Wichtig, aber leider weitgehend ungeklärt, ist die chemische Rolle der nicht ionisierten, sondern durch den Primärakt angeregten Moleküle oder Radikale. Diskussionen über diese Fragen werden immer vernehmlicher in der Literatur und wurden auch auf der berichteten Tagung besprochen (7).

Die Bedeutung der Strahlenchemie für die Strahlenbiologie wird ständig stärker betont. Wenn es auch selbstverständlich erscheint, daß zwischen dem physikalischen Primärakt und dem biologisch beobachtbaren Schaden strahlenchemische Vorgänge eine Rolle spielen, so ist es doch bemerkenswert, daß weitgehende Ähnlichkeiten zwischen rein chemischen und biologischen Systemen beobachtet werden. Diese Analogien waren lange Zeit unbeobachtet geblieben, da den strahlenchemischen Vorgängen eine große Zahl biochemischer Vorgänge folgen, die das anfängliche Bild weitgehend verwischen können.

Eine große Zahl der strahlenbiologischen Arbeiten befaßte sich mit der Rolle des Sauerstoffs, der die Empfindlichkeit biologischer Systeme gegen ionisierende Strahlung stark zu beeinflussen vermag.

Eine Vielzahl von Arbeiten wurde über Strahlenschutz verfaßt. Es ist aber schwer, eine klare Ordnung in den Schutzmechanismus zu bringen. Einige Verallgemeinerungen sind dennoch möglich. Gewebe mit hohem Mitoseindex sind besonders strahlenempfindlich und wenn geschützt, so fördern sie den Erholungsprozeß des ganzen Organismus.

Die meisten schützenden Chemikalien sind reduzierende Substanzen, und Sauerstoffmangel verringert den Schaden. Besonderes Augenmerk wird heute den Erholungsprozessen gewidmet, die in der Mikrobiologie sehr erfolgversprechend sind.

Neue Erfahrungen wurden gesammelt über die Strahlenempfindlichkeit derselben Zellenart in verschiedenen physiologischen und morphologischen Stadien. Der biologische Mechanismus der Strahlenkarzinogenese bleibt weitgehend ungeklärt und erfordert noch viel experimentelles Material.

Von besonderem Interesse sind die Untersuchungen mit Strahlen verschiedener Ionendichte. Hier zeichnen sich deutliche Erkenntnisse ab, die auch in der Strahlenchemie ihre Parallele finden. Neutronen oder Alphastrahlen zeigen ihre Wirkung verhältnismäßig unabhängig vom biologischen oder chemischen Zustand der behandelten Zellen, und ihre biologischen Schäden sind weniger reparabel als die der Röntgenstrahlen.

Das biologisch meßbare Kriterium für Schädigung ist meist Tod der Zelle oder des gesamten Organismus. Isolierte Zellen oder Mikroorganismen überleben Strahlendosen, die 50 bis 100fach höher sind, als die tödlichen Dosen für höhere Lebewesen. Bedeutende Ergebnisse können zweifellos erwartet werden von Untersuchungen, in denen wesentlich kleinere Strahlendosen gegeben werden und in denen Veränderungen des Stoffwechsels im Versuchsobjekt kurz nach der Bestrahlung gemessen werden.

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