Dtsch Med Wochenschr 1921; 47(1): 10-12
DOI: 10.1055/s-0028-1140341
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber die Behandlung der Arhythmia perpetua mit Chinidin

 Benjamin - Volontärarzt, v. Kapff - Assistenzarzt der Klinik
  • Aus der I. Medizinischen Klinik der Universität in München. (Vorstand: Prof. E. v. Romberg.)
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Publication Date:
25 May 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Von 27 mit Chinidin behandelten Fällen wurden 18 rhythmisch (normales E. K. G.), 6 blieben arhythmisch, 2 blieben tachykardisch. Als bisweilen sehr kurzer Uebergang zur regelmäßigen Herztätigkeit fand sich scheinbar stets eine regelmäßige Vorhofstachysystolie mit beschleunigtem Schlagen der Kammern.

2. Von den 2 Todesfällen unter den 27 Beobachtungen kam der eine bei dem Versuch vor, eine hochgradige, den Digitaliskörpern nicht zugängliche Herzinsuffizienz durch Chinidin günstig zu beeinflussen. Der andere konnte nicht ausreichend geklärt werden. Er erfolgte, nachdem durch 4 mal 0,2 Chinidin das Herz regelmäßig geworden war und die anfänglichen subjektiven Beschwerden aufgehört hatten, durch plötzliches Sistieren des wahrnehmbaren Herzschlages. Bei Vermeidung des Chinidins in Fällen beträchtlicher durch Digitalis nicht zu bessernder Insuffizienz, seinem Aussetzen, wenn stärkere subjektive Herzbeschwerden, ebenso auch leichte subjektive Hirnerscheinungen auftreten, werden solche Unglücksfälle in Zukunft zu vermeiden sein. Die Gefahr von Embolien wird sich ebensowenig wie bei Digitalis ausschalten lassen.

3. Die Behandlung der Arhythmia perpetua mit Chinidin ist erst nach erreichter Besserung einer stärkeren Herzinsuffizienz zu beginnen. Leichte Grade der Insuffizienz sind kein Hinderungsgrund. Entsprechend ist auch der Ernährungszustand bei schwerer Schädigung durch Basedow, bei Lues vor der Chinidinanwendung zu heben.

4. Das Chinidin wurde nach der Vorschrift v. Bergmanns gegeben. Je nach dem Falle in kleineren oder größeren Gaben; bei Neigung zum Wiederauftreten der Arhythmie auch lange Zeit fortgesetzt in kleinen Dosen. Das Chinidin ist vor den Mahlzeiten zu geben.

5. Das Chinidin ist ein sehr wertvolles Mittel zur Beseitigung der perpetuellen Arhythmie und zur Besserung der durch die Arhythmie geschädigten Herztätigkeit. Bei stärkerer Insuffizienz solcher arhythmischer Herzen sind aber die Digitaliskörper in entsprechender Dosierung und Anwendung die Mittel der Wahl. Versagt bei ihnen die Digitalisierung, so ist vor, dem Chinidin im allgemeinen zu warnen. Niemals sollten bei der gegensätzlichen Wirkung Digitalis und Chinidin gleichzeitig gegeben werden[1)].

1 Anmerkung bei der Korrektur. Mit den experimentellen Ergebnissen, über die Schott im D. Arch. f. klin. M. 134 S. 208 berichtet, stimmen unsere klinischen Erfahrungen überein: Verlängerung des P. R.-Intervalls, auch ohne Chinidin während längerer Zeit konstant. In manchen Fällen Möglichkeit eines „Rezidivs” durch Aufhören dieser Chinidinwirkung. Therapeutisch also protrahierte Chinidingaben (siehe mitgeteilten Fall). In einem Fall (siehe oben) wurde durch Chinidin Vorhofstachysystolie mit partiellem Vorhofkammerblock erreicht, durch Digitalis aber bei gleichbleibender Vorhoftätigkeit Kammerfrequenz auf 64 verlangsamt. Demnach scheint Chinidin mehr auf die Anspruchsfähigkeit des Herzens einzuwirken. Der eine Todesfall kann auch durch plötzlichen Vorhofkammerblock bei Unmöglichkeit der Ventrikelautomatie (siehe Schott) erklärt werden.

1 Anmerkung bei der Korrektur. Mit den experimentellen Ergebnissen, über die Schott im D. Arch. f. klin. M. 134 S. 208 berichtet, stimmen unsere klinischen Erfahrungen überein: Verlängerung des P. R.-Intervalls, auch ohne Chinidin während längerer Zeit konstant. In manchen Fällen Möglichkeit eines „Rezidivs” durch Aufhören dieser Chinidinwirkung. Therapeutisch also protrahierte Chinidingaben (siehe mitgeteilten Fall). In einem Fall (siehe oben) wurde durch Chinidin Vorhofstachysystolie mit partiellem Vorhofkammerblock erreicht, durch Digitalis aber bei gleichbleibender Vorhoftätigkeit Kammerfrequenz auf 64 verlangsamt. Demnach scheint Chinidin mehr auf die Anspruchsfähigkeit des Herzens einzuwirken. Der eine Todesfall kann auch durch plötzlichen Vorhofkammerblock bei Unmöglichkeit der Ventrikelautomatie (siehe Schott) erklärt werden.

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