Dtsch Med Wochenschr 1929; 55(18): 750-754
DOI: 10.1055/s-0028-1126502
Gesundheits- und Krankenfürsorge

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Gesundheitliche und soziale Folgen des Wohnungselendes Wege zu seiner Beseitigung

Stadtmedizinalrat W. Hagen
  • Aus dem Stadtgesundheitsamt Frankfurt a. M. (Stadtrat Dr. Schlosser)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Juli 2009 (online)

Zusammenfassung

  1. In den Großstädten, insbesondere in Frankfurt, besteht auch jetzt noch ein erheblicher Wohnungsmangel, der sich insbesondere in der Verdreifachung der Einzimmerwohnungen gegenüber der Vorkriegszeit äußert.

  2. Zahlenmäßige Vermehrung der Wohnungen kann zwar den Mangel beheben, aber nicht das Wohnungselend beseitigen, solange diese neuen Wohnungen nur für wirtschaftlich gut situierte Familien infolge ihrer hohen Preise zugänglich sind.

  3. Die kasuistische Betrachtung der Fälle von Wohnungselend zeigt, daß — abgesehen von schwer körperlichen und seelischen Schäden — Fürsorgemaßnahmen, welche die Wohnungsfrage nicht lösen können, auch wirtschaftlich unproduktiv sind.

  4. Eine Abhilfe können nur billige Wohnungen schaffen. Der Preis darf den Wochenlohn eines Arbeiters nicht übersteigen.

  5. Unter diesen Umständen ist die Erstellung von Kleinstwohnungen mit 39 qm Wohnfläche und einem Preise von 35—40 Mark monatlich trotz zugegebener hygienischer Mängel notwendig, um die viel größeren Schäden des Wohnungselendes zu beheben.

  6. Die endgültige Abhilfe kann nur eine Verbilligung des Kredits bringen. Solange der Zinssatz auch für Hypothekengelder mehr als das Doppelte der Vorkriegszeit beträgt, muß der Ausgleich durch staatliche Mittel mit wesentlich verbilligtem Zinssatz, also durch grundsätzliche Beibehaltung der Hauszinssteuerhypothek gesucht werden.

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