Dtsch Med Wochenschr 1947; 72(1/04): 13-18
DOI: 10.1055/s-0028-1118614
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Klinische Wirkungen einer Sulfonamidkombination mit verschiedenem Angriffspunkt (De-Ma) auf den Ablaufsulfonamidresistenterseptischer Krankheitsbilder und ihre Erklärung durch die Theorie einer mehrfachen Fermentkettenblockierung

Ludwig Heilmeyer, Walter Keiderling
  • Medizinischen Universitätsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. L. Heilmeyer)
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Publication Date:
02 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die De-Ma-Behandlung führte bei den geschilderten 6 Sepsis fällen, wozu inzwischen noch drei weitere gekommen sind, die sämtlich mit Sulfonamiden, teils mit Sulfathiazol, teils mit Badional, teils mit Penicillin ergebnislos behandelt worden waren, zu einer vollständigen und restlosen Ausheilung. Mag sein, daß bei einigen Fällen der Einwand geltend gemacht werden kann, daß die vorangegangene Sulfonamid behandlung der Dosierung nach eine ungenügende war, so gilt das sicher nicht fürden besonders schweren Fall 6, der mit 16,5 und 19,0 g Sulfathiazol pro die geradezu ungeheuerliche Menge dieses Mittels ohne den geringsten Effekt erhalten hatte. Diesem Versagen gegenüber steht die geradgzu schlagartige Wirkung der De-Ma-Behandlung, die gewöhnlich schon am 2. Tage eindrucksvoll in Erscheinung tritt. Die Wirkung wird zuerst an der überraschenden Wendung des klinischen Allgemeinbildes erkennbar. Besonders deutlich ist dieser Umschwung in den schwersten Fällen (1, 5 und 6), die im fast moribundem Zustand zur Behandlung kamen. Der Wandel im klinischen Bild setzt alle, die ihn beobachtet haben, in Erstaunen und grenzt an das Wunderbare. Diesem Umschwung des Allgemeinzustandes folgt je nach Lage des Falles früher oder später die Entfieberung. Der Einfluß der D-Ma-Behandlung auf die Fieberkurve läßt sich bei Anwendung kurzdauernder De-Ma-Stöße, bei denen es offenbar nur zur Lähmung der Lebenstätigkeit der Erreger, aber nicht zu deren Abtötung kommt, jeweils mit der Sicherheit eines naturwissenschaftlichen Experiments verfolgen. Immer wenn die Lebenstätigkeit der Erreger wieder erwacht und das Fieber hoch anstoigt, genügt ein neuer kurzer De-Ma-Stoß, um rasche Entfieberung herbeizuführen. Durch eine an den De-Ma-Stoß anschließende De-Ma-Behandlung mit kleineren Dosen kann das Wiederansteigen des Fiebers, wie Fall 3 zeigt, dauernd verhindert werden. Hand in Hand mit der Entfieberung geht eine allgemeine Entgiftung des Organismus. Diese macht sich an der Befreiung der Knochenmarkstätigkeit, an dem Auftreten von Appetit und Hungergefühlen, an dein Absinken der hohen Blutsenkungswerte und an dem Rückgang der Leukozytose, vor allem aber an der Erholung der zerebralen Funktionen eindrucksvoll bemerkbar. Dieser Vorgang ist um so erstaunlicher, als man den Sulfonamiden eine gewisse toxische Wirkung auf alle die genannten Funktionen zuzusprechen pflegt. Man ersieht daraus, daß der sepsiskranke Organismus so stark unter der Giftwirkung der Krankheit steht, daß die schädliche Wirkung der Sulfonamide im Verhältnis dazu bedeutungslos ist. So erklärt sich die Zunahme des Hämoglobins und der Erythrozyten, ferner die Zunahme des Körpe;rgewichts trotz großer De-Ma-Gaben. Zu dem Rückgang der Abwehr mit Überwindung des Infekts gehört auch der besonders in Fall 1 so erstaunlich sichtbare Rückgang des Milztumors. Unter der De-Ma-Behandlung ist hier ein Milztumor. der bis unter den Nabel reichte, vollkommen geschwunden.

Während in der Mehrzahl der Fälle infolge der raschen Schädigung der Bakterien und der damit einhergehenden Verminderung ihrer Giftproduktion Senkung und Leukozytenzahl zurückgehen kann es in ganz schweren Fällen, bei denen die Abwehr so geschädit ist, daß es nicht mehr zu stärkerer Leukozytose und Senkungserhöhung kommt, unter der De-Ma-Wirkung zunächst zum umgekehrten Vorgang einer Steigerung von Leukozytose und Senkung kommen. Erst im weiteren Verlauf tritt dann mit der krisenhaften Überwindung des Infekts der beschriebene Abfall von Leukozytose und Senkung ein (Fall 1).

Die Niederhaltung der Erreger durch die De-Ma-Behandlung ist eine so sichere, daß auch das sonst bei Sepsiskranken so gefährliche operative Angehen von Herden ohne jedes Bedenken durchgeführt werden kann, wie Fall 4 und 6 eindrucksvoll zeigen. Fall 4 zeigt geradezu mit wissenschaftlicher Exaktheit den Unterschied einer Zahngranulomentfernung mit und ohne De-Ma-Schutz.

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