Dtsch Med Wochenschr 1946; 71(25/28): 262-266
DOI: 10.1055/s-0028-1118595
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur Pathogenese der Meningitis tuberculosa

Ernst Achelis
  • Pathologischen Institut der Universität Rostock. (Vorstand: Prof. Dr. W. Fischer)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
02. Juni 2009 (online)

Zusammenfassung

Es wird über 200 Fälle von tuberkulöser Meningitis berichtet, die in den Jahren 1935—1945 am Rostocker Pathologischen Institut zur Sektion kamen. 101mal war das männliche und 99mal das weibliche Geschlecht erkrankt. Die weitaus größte Häufigkeit war im Juni zu verzeichnen, bei einem Tiefstand in den Monoten Oktober bis Januar. Am meisten sind die beiden ersten Lebensjahre befallen.

15% der Fälle wiesen Solitärtuberkel im Gehirn auf. 4mal waren tuberkulöse Wirbelerkrankungen der Ausgangspunkt der per continuitatem entstandenen Men. tbc. Die lymphogene Infektion von einer Otitis aus ist anatomisch denkbar, aber im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit anzugeben. Die größte Bedeutung kommt der hämatogenen Entstehung zu. Als auslösende Ursache kommt auch zuweilen ein Trauma in Betracht.

Die 200 Fälle werden entsprechend den Erscheinungsformen der Tuberkulose in 4 Gruppen eingeteilt.

1. Men. tbc. und Primärkomplex, ohne sonstige tuberkulöse Prozesse. 38 Fälle (19%). Vornehmlich ist das Kindesalter befallen, allein 20 Fälle in den ersten 5 Lebensjahren. Nur 2mal wurden Solitärtuberkel im Gehirn gefunden. Die Möglichkeit einer besonderen Disposition des primären Darmherdes zur Men. tbc. wird zugegeben.

2. Men. tbc. und Frühgeneralisation. 17 Fälle (8,5%). Vornehmlich sind die ersten 4 Lebensjahre davon befallen. 4mal wurden Solitärtuberkel im Gehirn gefunden.

3. Men. tbc. und allgemeine Miliartuberkulose. 100 Fälle (50%). In annähernd ⅔ aller Fälle (61% einschließlich der mit Organtuberkulose vergesellschafteten Fälle) trat die Men. tbc. im Rahmen einer allgemeinen Miliartuberkulose auf. Auch hier ist meist das Kindesalter betroffen, über die Hälfte starb in den ersten 4 Lebensjahren. 17mal wurden Solitärtuberkel im Gehirn gefunden. Ein Fall von tuberkulöser Ösophaguserkrankung wird beschrieben.

4. Men. tbc. und Organtuberkulose. 45 Fälle (22,5%). 22 davon wiesen daneben eine allgemeine Miliartuberkulose auf. Besondere Häufung im 3. und 4. Lebensjahrzehnt. 7mal wurden Solitärtuberkel im Gehirn gefunden. In 15 Fällen (7,5%) war die Men. tbc. mit Urogenitaltuberkulose vergesellschaftet. Die männliche Genitaltuberkulose disponiert besonders zur hämatogenen Aussaat und damit zur Men. tbc. Ein allergisierender Einfluß chronischer Organtuberkulosen auf die Meningen wurde nicht festgestellt.

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