Aktuelle Urol 2024; 55(05): 406
DOI: 10.1055/a-2325-1670
Referiert und kommentiert

Kommentar zu: Extraperitoneale roboterassistierte Pyeloplastik bei Harnleiterabgangsenge

Contributor(s):
Hubert John
1   Klinik für Urologie, Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
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Die Verfügbarkeit von Telemanipulatoren zur Verbesserung der laparoskopischen Urologie vor 20 Jahren hat eine technische Revolution ausgelöst. Die laparoskopisch-roboterassistierten Eingriffe zeigen kleinere Blutverluste und Morbidität, kürzere Hospitalisationen und Erholungszeiten. Die offenchirurgischen urologischen Eingriffe wurden schrittweise in der roboterunterstützten Technik umgesetzt, bis hin zur Zystektomie mit intrakorporaler Harnableitung und rekonstruktiven Eingriffen. Während die Marktpenetration bei der radikalen Prostatektomie heute bei über 90% liegt, wird die Zystektomie als „Königseingriff“ in der Urologie bereits in ca. 20% der Fälle robotergestützt durchgeführt.

Die da Vinci- Operationssysteme S/Si/X/Xi/SP/dV5 (Intuitive Surgical, Sunnyvale, CA, USA) waren, respektive sind die am häufigsten eingesetzten Telemanipulatoren. Ende 2021 waren weltweit 6700 da Vinci-Systeme im Einsatz, bis zu diesem Zeitpunkt wurden über 10 Millionen Eingriffe durchgeführt, aktuell über 1.5 Millionen pro Jahr [1]. Dazu kommen heute neue Systeme dazu wie der Hugo RAS von Medtronic, Versius von CMR und weitere europäische und asiatische Entwicklungen.

Schon auf dem da Vinci-S waren Zystektomien möglich. Heute ermöglichen die Geräte das Operieren mit Fluoreszenzbildgebung zur Durchblutungskontrolle, Stapler-Instrumente zur Darmresektion oder Gefäss-Versiegelung, integrierte Bildsysteme und Simulatoren zum Training angehender Konsolenoperateure. Da Vinci SP (single port) wurde für Eingriffe über einen einzelnen Zugang oder natürliche Körperöffnungen entwickelt. Die vorgestellte Machbarkeits-Studie von Ramos et al. einer SP-extraperitonealen Nierenbeckenplastik mit 8 Fällen zeigt diese Anwendungsmöglichkeit – ohne aber wesentliche Vorzüge zur Multiporttechnik zu erkennen. Dies bestätigen auch Vorstudien [2]. Die Instrumentenvielfalt ist im SP-Gerät noch limitiert und für komplexe Eingriffe werden trotzdem Zusatztrokare benötigt.

Entsprechend glaube ich nicht, dass sich der da Vinci SP-Roboter als Erstgerät in einem Robotikprogramm etablieren wird. Auch als Zweitgerät ist es möglicherweise sinnvoller, ein Programm mit einem Xi-Modell zu ergänzen, da damit Instrumentenaustauschbarkeit und -vielfalt erhalten werden kann.

Das neueste da Vinci 5 -Gerät wird in Europa noch längere Zeit nicht erhältlich sein. Es moniert im Wesentlichen einen taktilen Instrumenten-Feedback, was ich in der Anwendung persönlich nicht eindrücklich gespürt habe. Für jüngere Kollegen mag diese Entwicklung aber von Bedeutung sein. Vielmehr entwickelt ein erfahrener Operateur nach einigen tausend Eingriffen einen „visuellen Taktsinn“, der den fehlenden taktilen Feedback kompensiert.

Die technische Entwicklung in der Medizin hat nie pausiert. Erreichte Verbesserungen, auch wenn sie teuer sind, wurden nie rückgängig gemacht.

So wird es spannend bleiben, wie sich die minimal invasive Operationstechnologie – besonders in der Robotik – in der Urologie weiterentwickelt.



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Article published online:
29 August 2024

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  • Literatur

  • 1 John H, Wiklund P. et al. Robotic Urology. 4th edition. Springer; 2024. pp 876
  • 2 Moschovas MC, Bhat S, Sandri M. et al. Comparing the Approach to Radical Prostatectomy Using the Multiport da Vinci Xi and da Vinci SP Robots: A Propensity Score Analysis of Perioperative Outcomes. Eur Urol 2021; 79: 393-404