JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2024; 13(02): 88
DOI: 10.1055/a-2226-2094
BHK-Mitteilungen
Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege e. V.

Pflegenotstand überwinden: wie ausländische Fachkräfte den deutschen Pflegesektor bereichern können

Corinne Ruser

Die Pflegelandschaft Deutschlands steht vor einer gewaltigen Herausforderung: Bis 2030 könnten hierzulande bis zu 500 000 Pflegefachkräfte fehlen, und schon heute sind 200 000 Stellen unbesetzt, warnt der Deutsche Pflegerat [1]. Die Überlastung führt nicht nur zu steigenden Berufsaustritten, sondern beeinträchtigt auch die Patientenversorgung, insbesondere bei schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen. Um diesem Problem zu begegnen, setzt man verstärkt auf die Förderung von Pflegeausbildungen. Allerdings reicht die Hoffnung auf inländische Nachwuchsfachkräfte allein nicht aus. Die Rekrutierung von Pflegefachpersonal aus dem Ausland erscheint als vielversprechende Option. Maximalversorger wie die Charité – Universitätsmedizin Berlin [2] und das Universitätsklinikum Gießen Marburg [3] setzen bereits vermehrt auf diese Strategie.

Die Rekrutierung ausländischer Pflegefachkräfte bringt nicht nur Entlastung im akuten Fachkräftemangel, sondern fördert auch kulturelle Vielfalt. Die Interaktion mit Pflegefachkräften, die die Sprache und kulturellen Nuancen der Patienten verstehen, verbessert die Kommunikation und optimiert die Gesundheitsversorgung, besonders in der Pflege von Patienten mit Eltern, die nur begrenzte Deutschkenntnisse haben. Allerdings sind mit dem Prozess auch Herausforderungen verbunden. Die bürokratischen Hürden, Sprachbarrieren, kulturellen Unterschiede und unterschiedlichen Ausbildungsstandards erschweren den Rekrutierungsprozess. Pflegeeinrichtungen, die den Prozess eigenständig durchführen wollen, stoßen auf Schwierigkeiten bei der Bewältigung der bürokratischen Anforderungen, der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, der Zuwanderungserlaubnis, bei der Wohnungssuche sowie auf rechtliche Unsicherheiten [4].

Für die Bewältigung dieser Hürden bieten Personalvermittlungsagenturen eine alternative Lösung. Unternehmen wie die Marburg Consulting GmbH haben sich darauf spezialisiert, ausländische Pflegefachkräfte, insbesondere aus Drittstaaten, zu rekrutieren. Sie unterstützen Pflegefachkräfte und Einrichtungen bei der Navigation durch den komplexen Prozess.

Der Prozess erstreckt sich über 13 Monate und beginnt mit der Suche nach geeigneten Kandidaten. Personalvermittlungsagenturen nutzen Social-Media-Plattformen für weltweite Stellenausschreibungen und setzen auf gezieltes Targeting. Der ethische Grundsatz, keine Pflegefachkräfte aus bestehenden Einrichtungen abzuwerben, steht dabei im Mittelpunkt. Nach der Vertragsunterzeichnung zwischen Fachkraft und Personalvermittlungsagentur beginnen die Sprachkurse, die notwendig sind, um das erforderliche B1-Sprachniveau für das Arbeitsvisum zu erreichen. Bewerbungsgespräche werden nach dem Erreichen des A1-Niveaus von der Personalvermittlungsagentur organisiert, begleitet von Dolmetschern, um Sprachbarrieren zu überwinden. Der Visumsprozess, die Wohnungssuche und das Onboarding werden ebenso von der Agentur koordiniert. Die Agentur kümmert sich auch um die Kenntnisprüfung, falls die im Ausland erworbene Ausbildung nicht sofort anerkannt wird.

Die Rekrutierung über Personalvermittlungsagenturen belastet Gesundheitseinrichtungen mit Kosten, während für die Pflegefachkräfte selbst keine direkten finanziellen Aufwendungen entstehen. Es gibt jedoch Fördermöglichkeiten, die die finanzielle Last mildern können. Der Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit kann für Sprach- und Vorbereitungskurse genutzt werden. Das staatliche Siegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ fördert ethisch hochwertige Anwerbung und gewährt Zuschüsse von bis zu 6000 Euro pro Pflegefachkraft. Die Berücksichtigung von Recruiting-Kosten in Pflegesatzverhandlungen und bundeslandspezifische Förderungen sind weitere Ansätze zur finanziellen Entlastung.

Die Rekrutierung ausländischer Pflegefachkräfte ist anspruchsvoll, öffnet aber Wege gegen den Pflegenotstand und bringt kulturelle Bereicherung in das Gesundheitswesen.

Autorin: Sophia Fischer, Marburg Consulting GmbH, Frankfurt am Main, Deutschland

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Article published online:
04 April 2024

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  • Literatur

  • 1 Aerzteblatt; 12. Oktober 2021. „Wir wissen, dass 2030 circa 500 000 Pflegekräfte fehlen werden“ – Fünf Fragen an Christine Vogler, Deutscher Pflegerat. Im Internet: t1p.de/9f347; Stand: 29.01.2024
  • 2 Charité – Universitätsmedizin Berlin; 2022. Internationale Rekrutierung von Pflegenden. Im Internet: t1p.de/tn7zp; Stand: 29.01.2024
  • 3 Winter T. Wie sich ein Uni-Klinikum gegen den Pflegenotstand stemmt. Frankfurter Allgemeine Zeitung; 21.03.2022. Im Internet: t1p.de/ryrsq; Stand: 29.01.2024
  • 4 Schreck C. Rekrutierung von internationalen Pflegefachkräften: Chancen und Herausforderungen für den Fachkräftemangel in Deutschland. Wiesbaden: Springer; 2017