Nephrologie aktuell 2024; 28(03): 97
DOI: 10.1055/a-2214-2833
Editorial

Profit oder Patient?

Christian Schäfer
1   Redakteur (V.i.S.d.P.), Stuttgart
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Diese Frage ist leider nach wie vor aktuell. Denn auch mit der sogenannten „Krankenhausreform“ von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach stehen ökonomische Zwänge bei der Behandlung von Patienten nach wie vor relativ prominent im Rampenlicht. Letztendlich wird hierdurch ein Trend generiert, sich zwischen den in diesem Falle potenziell und immer wieder auch in der Praxis entgegenstehenden Zielen entscheiden zu müssen: Das Beste für den Patienten vs. das Beste für die Bilanz. Würden sich Ärzte nicht entscheiden müssen, sondern würde das Beste für den Patienten automatisch immer vergütet werden, so würden hier auch keine Diskrepanzen in der Zielausrichtung auftauchen.

Es ist letztendlich ganz einfach – und wesentlich einfacher als die recht komplizierte Klinikreform: Wollen wir es uns in Deutschland leisten, eine vor allem in der Zukunft menschenwürdige und gute gesundheitliche Versorgung zu haben? Die Antwort sollte im Normalfall „ja“ lauten. Dann sollten wir im Gesundheitswesen analog zu anderen grundlegenden und wichtigen Versorgungsbereichen wie Feuerwehr etc. auch nicht nach Profit bzw. einer ausgeglichenen Bilanz streben, sondern die optimale Versorgung der Bevölkerung als absolute Priorität sehen. Oder um es mit einem ganz einfachen und kurzen Satz zu sagen: Ein Krankenhaus sollte keinen Gewinn machen müssen.

Was noch zur schlechter werdenden Versorgung beiträgt, ist das Krankenhaussterben: Krankenhäuser, vor allem kleinere, schließen seit Jahrzehnten kontinuierlich. Was in der (Groß-)Stadt vielleicht noch kein akutes Problem ist, stellt vor allem im ländlichen Raum die Bevölkerung und die Notfallversorgung vor ein immer größeres Problem: Der Weg zur nächsten Klinik wird einfach immer länger – vor allem im Notfall, aber auch bei älteren, nicht mehr komplett mobilen Patienten kann diese zum Teil erhebliche Distanz zur entscheidenden Hürde werden. Der Fachkräftemangel in der Pflege und der Ärzteschaft sowie die „Vergreisung“ der Gesellschaft haben natürlich auch einen großen Einfluss auf die (zukünftige) gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in Deutschland, dies sei daher hier ebenfalls erwähnt.

Zur mangelnden gesundheitlichen Versorgung hier ein Zitat von Prof. Dr. Giovanni Maio, Freiburg im Breisgau, in SWR1 Leute vom 20.02.2024: „Wir müssen die Medizin dort belassen, wo tatsächlich die Professionellen entscheiden, was notwendig ist. Wir dürfen nicht über ökonomische Anreize eine Steuerung der Versorgung vornehmen, das ist falsch. Es sind die Patienten, auf die man reagieren muss. [...] Wir brauchen eine gerechte Versorgung in unserer Gesellschaft und das können ökonomische Zahlen einfach nicht gewährleisten.“

Essenziell ist bei der optimalen Versorgung von Patienten auch der interdisziplinäre Austausch, der bei Nierenpatienten besonders wichtig ist: Bekanntermaßen sind die Nieren im Körper eng mit vielen anderen Organen und regulatorischen Systemen verflochten, weshalb unter anderem das Herz und die Nieren immer zusammen betrachtet werden sollten. In der vorliegenden Ausgabe der „Nephrologie aktuell“ zum Schwerpunkt „Herz und Niere“ greifen wir daher dieses Thema auf, um dies von verschiedenen Standpunkten aus zu beleuchten. Lesen Sie die interessanten Beiträge des Gasteditors Prof. Dr. Dr. med. Vincent Brandenburg, Würselen, und der anderen Autoren ab Seite 106. Weitere informative Artikel finden Sie in den Rubriken „Expertentipp“, „Journal-Club Dialyse“ und „Forum der Industrie“. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre!



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Article published online:
19 April 2024

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