Allgemeine Homöopathische Zeitung 2024; 269(01): 36-37
DOI: 10.1055/a-2209-4340
Forum (Nachruf)

Nachruf für Dr. Karl-Heinz Gebhardt

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Dr. med. Karl-Heinz Gebhardt (18.10.1924–16.08.2023)

Am 16. August 2023 hat Dr. Karl-Heinz Gebhardt nach kurzer Krankheitsphase sein Leben mit 98 Jahren vollendet. Es ist schwer, über einen Menschen zu schreiben, der so viel vollbracht und zu dem bereits so viel gesagt und geschrieben worden ist. Die Homöopathie, die ihm als 8-Jährigem in der Behandlung einer Pneumonie das Leben rettete, begleitete ihn über 90 Jahre seines reichen Lebens, als Helfer, als unermüdlich Forschendem und Vermittelndem, als Brückenbauer, ja als Lebensaufgabe. Als ich ihn vor einigen Monaten zum letzten Mal traf, erzählte er mir mit einem gewissen Bedauern, dass er vor einigen Jahren, weil er bei zunehmender Hörschwäche seine Patienten nicht mehr so richtig verstanden habe, seine Praxis habe schließen müssen und nun langsam beginne, sich auch im Ruhestand wohlzufühlen. Doch war er niemand, der im Ruhestand lange ruhig stehen konnte, und so nahm er, dem sein hohes Alter kaum anzumerken war, weiterhin mit der ihm eigenen Vitalität an Veranstaltungen, Seminaren und Kongressen teil und teilte sein Wissen, seine Erfahrung und vor allem seine fundierte Begeisterung über die Homöopathie und die Naturheilverfahren, die er ein Leben lang pflegte und mit großer Beharrlichkeit förderte.

Bereits in seinem Studium an der Universität Halle kam er mit der Homöopathie in Berührung, die ihn von da an nicht mehr loslassen sollte. Während einiger Anstellungen als Assistenzarzt bildete er sich in Homöopathie und Naturheilverfahren ständig fort und erwarb Ende der 1950er-Jahre die Zusatzbezeichnung Homöopathie, die er zunehmend auch, teils zur Verwunderung seiner Vorgesetzten, erfolgreich in seiner Arbeit am Krankenbett einsetzte. Durch einen privaten Schicksalsschlag, den frühen Krebstod seiner ersten Ehefrau, wandte er sich der Onkologie zu, die zeitlebens ein weiterer Schwerpunkt seines ärztlichen Wirkens bleiben sollte.

1971 ließ er sich schließlich in Karlsruhe in eigener Praxis nieder. Nun folgte eine sehr aktive Phase seines Lebens, während der er nicht nur der Homöopathie als langjähriger Vorsitzender des DZVhÄ vorstand, sondern auch verschiedenen Berufsgesellschaften wie der Hufelandgesellschaft, dem Förderverein für Homöopathie e. V. und später der Ärztegesellschaft für Erfahrungsheilkunde, deren Vorsitz er über viele Jahre oft gleichzeitig innehatte. Dies war auch eine Zeit, während der er gesundheitspolitisch sehr aktiv war und sich nicht nur für den Erhalt der Homöopathie als ärztliche Medizin einsetzte, sondern es auch durch unermüdliche Initiative, Geduld, Humor und optimistische Freundlichkeit bewirken konnte, dass die Homöopathie einen festen Platz und gesetzliche Verankerungen bekam. So war er auch Gründungsmitglied des Vereins Natur und Medizin e. V., der sich in besonderer Weise über inzwischen 4 Jahrzehnte für die Etablierung und Erforschung von Naturheilverfahren und Homöopathie einsetzte. Seine Laudatio zum 40-jährigen Bestehen diesen Juni war einer seiner letzten öffentlichen Auftritte.

Die Verbreitung der Homöopathie war Dr. Karl-Heinz Gebhardt zeitlebens ein zentrales Anliegen, so unterrichtete er 10 Jahre als Lehrbeauftragter Homöopathie an der Universität Heidelberg und war von 1972–2006 Hauptschriftleiter der AHZ. Insgesamt sind allein 62 Beiträge nur in unserer Zeitschrift zu verzeichnen, praktische, philosophische, berufspolitische und viele persönliche Beiträge, meist Würdigungen verdienter Kollegen. Aber auch er erfuhr eine große Anerkennung seines Engagements, als er 1988 das Bundesverdienstkreuz am Band dafür verliehen bekam.

„Man muss beweglich bleiben und immer noch etwas dazulernen“, war einer seiner Leitsprüche. Er war neugierig und hellwach und hatte auch im fortgeschrittenen Alter noch eine bemerkenswerte Vitalität. Bezeichnend dafür mag eine kleine Begegnung vor etwa 10 Jahren sein, bei der ich ihn fragte, ob er denn eine gute Anreise gehabt habe. Mit einem Augenzwinkern erklärte er mir, dass diese nun doch etwas beschwerlich geworden sei, seitdem er als langjähriger begeisterter Pilot die Anfahrt nicht mehr als Anflug bewältigen könne.

Nun ist mit Dr. Karl-Heinz Gebhardt ein bedeutender Homöopath und Verfechter einer besonnenen und integrativen Medizin von uns gegangen, und uns bleibt nur, ihm für sein Lebenswerk zu danken und das Licht, das er angezündet hat, genauso beharrlich und freundlich weiterzutragen.

Ulrich Koch



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Article published online:
18 January 2024

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