Radiopraxis 2023; 16(04): 192-194
DOI: 10.1055/a-2041-7257
Aus- und Weiterbildung

Als MTR über Grenzen gehen: lohnt sich trotz bürokratischer Hürden

Der Wechsel von einem Arbeitsplatz zu einem anderen ist stets eine Herausforderung, insbesondere wenn dieser Wechsel mit einem Umzug in ein anderes Land verbunden ist. Vergangenes Jahr habe ich diesen Schritt gewagt und meinen beruflichen Standort von Deutschland nach Österreich verlegt. In diesem Erfahrungsbericht möchte ich meine persönlichen Erlebnisse und Herausforderungen teilen, die ich während dieses Übergangs erlebt habe. Es ist meine Hoffnung, dass meine Erfahrungen anderen medizinischen Fachkräften, die einen ähnlichen Schritt in Betracht ziehen, wertvolle Einblicke und Anregungen bieten. Ich hoffe, unnötig komplizierte bürokratische Hürden im Anerkennungsverfahren als Radiologietechnologe/-in (RT) in Österreich aufzuzeigen.

Hier kurz aufgeführt mein beruflicher Werdegang im Bereich der medizinisch-technischen Radiologie:

  • 2013–2016 MTR-Ausbildung an der staatlichen Berufsfachschule für TA in der Medizin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

  • 2016–2022 MTR am Institut für Radiologie des Klinikum Nürnberg. Während dieser Zeit entschied ich mich, nebenberuflich Medizinische Radiologie-Technologie (B.Sc.) an der IB Hochschule Berlin, am Studienstandort München zu studieren.

  • 2018–2022 Bachelorstudium Radiologietechnologie (7 Semester Regelstudienzeit) Abschlussarbeit: Auswirkungen der automatisierten Patientenpositionierung in der Computertomographie unter Verwendung einer 3D-Kamera auf die Organdosis.

  • Nach einem sehr kräfte- und nervenraubenden Anerkennungsverfahren bin ich nun seit Dezember 2022 als Radiologietechnologin an der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol tätig.

Die Ausbildung für Radiologietechnolog*innen in Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nicht akademisch organisiert. Dies bedeutet, dass die Ausbildung in Deutschland an Berufsfachschulen oder Krankenhäusern stattfindet und nicht zu einem akademischen Abschluss führt.

In vielen Ländern auch außerhalb Europas, wie z. B. Australien und Nigeria, erfolgt die Ausbildung auf akademischem Niveau. In Österreich haben neben Abiturient*innen auch Interessierte mit niedrigerem Schulabschluss die Möglichkeit, das RT-Studium zu absolvieren, sofern sie eine entsprechenden Zusatzprüfung bestehen. Dies ermöglicht auch Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder Berufserfahrung den Zugang zu diesem Berufsfeld [1].

Der Fachkräftemangel bei Radiologietechnolog*innnen in Österreich als auch in Deutschland ist ein wachsendes Problem. Es gibt einen steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften, da die Anzahl der radiologischen Untersuchungen und Behandlungen zunimmt. Zusätzlich schafft der medizinisch-technische Fortschritt immer komplexere Untersuchungs- und Behandlungsverfahren. In allen Fachgebieten sind MTR bzw. RT eigenverantwortlich tätig und immer mehr ein wichtiges Bindeglied zwischen dem ärztlichen Personal und der medizinischen Physik.

Um dem Fachkräftemangel etwas Einhalt zu gebieten, gibt es meiner Meinung nach einer Reihe von verschiedenen Ansätzen. Dazu gehören sowohl die Förderung der Ausbildung von MTR/RT, als auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Erhöhung der Attraktivität des Berufs durch Fortbildungsangebote und einer attraktiven Vergütung. Ein wichtiger Schritt zurück zur Attraktivität auf dem Jobmarkt war die Einführung der Ausbildungsvergütung der MTR-Ausbildung in Deutschland. Das Allerwichtigste sollte, meiner Einschätzung nach, jedoch die Öffentlichkeitsarbeit und die Imagepflege der Radiologietechnologie sein. Der Beruf ist nach wie vor in der breiten Bevölkerung viel zu wenig bekannt. Einige meiner jüngeren Kollegen geben an, nur durch Zufall oder durch eine schon im Beruf befindliche RT/MTR auf diesen wirklich attraktiven Beruf gestoßen zu sein. Darüber hinaus könnten ebenfalls ausländische Fachkräfte angeworben werden, um den Bedarf zu decken. Dies erfordert jedoch eine Anerkennung der ausländischen Qualifikationen und vor allem eine Vereinfachung des Einwanderungsprozesses.

Im Folgenden werde ich hier zunächst die offiziellen Angaben des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für eine Anerkennung als Radiologietechnologe/-in (RT) in Österreich aufzeigen, um anschließend meine Erfahrung zu den jeweiligen Schritten des Anerkennungsverfahrens zu schildern:

Schritt 1: Überprüfung der Voraussetzungen: Zunächst sollten Sie sicherstellen, dass Sie die erforderlichen Voraussetzungen für die berufliche Anerkennung als RT erfüllen. Dazu gehören in der Regel eine abgeschlossene Ausbildung als RT/MTR in Ihrem Heimatland, ausreichende Berufserfahrung und möglicherweise auch der Nachweis der Deutschkenntnisse auf einem bestimmten Niveau.

In meinem Fall dachte ich durch mein Staatsexamen als MTR und mein erfolgreich absolviertes Studium der Radiologietechnologie alle möglichen Voraussetzungen zu haben, um eine unkomplizierte und schnelle Berufsanerkennung zu erhalten.

Schritt 2: Antragstellung: Sobald Sie sicher sind, dass Sie die Voraussetzungen erfüllen, müssen Sie einen Antrag auf berufliche Anerkennung stellen. Dieser Antrag wird in der Regel bei der zuständigen Behörde, dem Gesundheitsministerium, eingereicht. Stellen Sie sicher, dass Sie alle erforderlichen Unterlagen wie persönliches Anschreiben, Nachweis eines Wohnsitzes in Österreich, „Certificate of good standing“, Zeugnisse/Berufsurkunden, Lehrpläne über den Ausbildungsinhalt der absolvierten Ausbildung/Studium, Lebenslauf, Nachweis der Staatsangehörigkeit zur Antragstellung zusammengetragen haben.

Den ersten Antrag meiner beruflichen Anerkennung als RT in Österreich reichte ich 4 Monate vor meinem geplanten ersten Arbeitstag bei Bundesministerium für Gesundheit in Wien ein. Es waren fast alle Unterlagen in beglaubigter Abschrift beigefügt, bis auf das „Certificate of good standing“ welches ich von dem entsprechenden Berufsverband in Deutschland ausgestellt bekommen sollte. Nur konnte mir in Deutschland kein Berufsverband mit dem „Certificate of good standing“ weiterhelfen. Schließlich fand ich heraus, dass dieses Dokument von der Regierung der letzten Arbeitsstelle ausgestellt wird. Das war in meinem Fall die Regierung Mittelfranken. Laut der Webseite wird diese Unbedenklichkeitsbescheinigung für eine Ausübung von nichtakademischen Heilberufen im Ausland ausgestellt. Der Beruf der RT in Österreich ist aber akademisch. Nach einem Telefonat mit der zuständigen Regierungsstelle wurde mir aber zugesagt, dieses Zertifikat auch für meinen Fall auszustellen. Da hatte ich noch nicht damit gerechnet, dass das Ausstellen dieses Zertifikates sehr lange dauern sollte. Nach knapp 6 Wochen hatte ich meine Dokumente schließlich komplett und sendete diese umgehend nach Wien weiter.

Schritt 3: Überprüfung der Unterlagen: Die zuständige Behörde wird Ihre Unterlagen überprüfen, um sicherzustellen, dass Sie die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Dieser Prozess kann einige Zeit in Anspruch nehmen, daher ist Geduld gefragt.

In dieser Phase wurde meine Geduld wirklich auf die Probe gestellt, da ich auch bis zu meinem geplanten Arbeitsbeginn keine Nachricht von der Behörde zum Stand meines Antrages bekommen hatte. Und ohne Anerkennungsbescheinigung konnte ich nicht mit meiner Arbeit als RT in St. Johann i.T. beginnen. Auf telefonische Rückfragen erhielt ich nur die nicht allzu beruhigende Antwort: Sie (das Bundesministerium für Gesundheit) hätten 3 Monate Zeit den Antrag zu bearbeiten.

Schritt 4: Ergänzende Maßnahmen: Falls Ihre Unterlagen nicht vollständig sind oder bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann die Behörde zusätzliche Maßnahmen von Ihnen verlangen. Dies könnte zum Beispiel die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder die Ablegung einer Prüfung sein.

An meiner neuen Arbeitsstelle konnte ich leider nicht wie geplant anfangen. Eine Woche nach meinem eigentlichen Arbeitsbeginn erhielt ich das Ergebnis des Anerkennungsverfahrens. Meine Ausbildung (Staatsexamen und B.Sc.) reichte im Fachbereich der Sonografie nicht aus. Eine Nachprüfung mit theoretischem und praktischem Teil in diesem Fach müsste an einer FH oder Uni für eine vollständige Anerkennung abgelegt werden. Die erste Anfrage an einer österreichischen Fachhochschule wurde abgelehnt, da eine Eignungsprüfung ein zu großer bürokratischer Aufwand für sie sei. Tatsächlich ist offiziell keine Hochschule verpflichtet mir in dieser Angelegenheit zu helfen! Eine zweite Anfrage ging an die FH Salzburg. Hier wurde mir glücklicherweise nahezu sofort Hilfe und eine Nachprüfung zugesagt. Ich durfte mich für das Wintersemester einschreiben und konnte nach einer kurzen Lern- und Praktikumsphase von 4 Wochen die Eignungsprüfung im Fach Sonografie erfolgreich ablegen. Die Dokumente dieser Nachprüfung schickte ich direkt mit einem Antrag der Fortsetzung meines Anerkennungsverfahrens nach Wien.

Schritt 4: Entscheidung über die Anerkennung: Nachdem alle Unterlagen überprüft und gegebenenfalls ergänzende Maßnahmen abgeschlossen wurden, wird die zuständige Behörde eine Entscheidung über die berufliche Anerkennung treffen. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Anerkennung als RT in Österreich erteilt.

Nach weiteren 14 Tagen hatte ich den Bescheid über die vollständige berufliche Anerkennung als RT in der Post mit dem Hinweis, dass ich mich nun vor der Tätigkeit als RT im Gesundheitsberuferegister registrieren müsse.

Schritt 5: Registrierung: Nach der Anerkennung müssen Sie sich in der Regel bei der zuständigen Behörde registrieren lassen. Dies kann die Zahlung einer Gebühr und die Vorlage weiterer Unterlagen, wie zum Beispiel eines Gesundheitszeugnisses, erfordern.

Um ins Gesundheitsberuferegister aufgenommen zu werden, muss eine Handy-Signatur beim Finanzamt beantragt werden. Alle gewünschten Dokumente, incl. Anerkennungsbescheid, können dann direkt online der Behörde hochgeladen werden. Nach der Bestätigung über die erfolgreiche Registrierung ist das Anerkennungsverfahren vollständig beendet.

Wenn man diese vielen Schritte bis zur vollständigen beruflichen Anerkennung liest, fragt man sich natürlich, warum sollte ich das alles auf mich nehmen? Ist der Umzug ins Ausland das wirklich wert?

Ich kann nur sagen: Ja, ist es!

In den letzten Monaten konnte ich viele neue Erfahrungen in der neuen Arbeitsstelle sammeln. Meine Vorkenntnisse und Fähigkeiten musste ich der neuen Arbeitskultur anpassen und mich in neue Bereiche, wie z. B. die des Unfallröntgens, einarbeiten. Nicht nur meine fachlichen Kompetenzen, sondern auch meine sozialen Kompetenzen konnte ich so weiterentwickeln. Wenn man sich in ein neues Team gut einbringen möchte, hinterfragt man seine eigenen, teilweise eingeschliffene Arbeitsgewohnheiten und wächst persönlich daran. Letztendlich hat der Umzug nach Tirol mit all seinen Hürden mein Selbstvertrauen weiter gestärkt, da ich mich innerhalb von nur wenigen Monaten sehr gut in der neuen Arbeitsfamilie eingliedern konnte und mich auch in der fremden Kultur gut zurechtfinde. Ein großer Bonuspunkt für mich ist auch die Lebensqualität hier in Tirol. Ich kann in meiner Freizeit vielen meiner Hobbys wie Skifahren, Mountainbiken, Wandern und Laufen in einer tollen Landschaft nachgehen und die ein oder andere stressige Schicht hinter mir lassen. Und ja, auch hier gibt es sie, die sehr stressigen Tage oder sogar Wochen. Die (Über-) Belastung des Gesundheitssystems ist auch in Tirol allgegenwärtig. Aber man kann versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, in dem man mit seiner persönlichen Ausgangslage im Job zufrieden ist.

Eine weitere Intention meinerseits ist mit diesem Bericht den länderübergreifenden Dialog anzuregen. Dieser könnte aktiv dazu beitragen, den Fachkräftemangel im Bereich der Radiologietechnologie anzugehen. Gerade im deutschsprachigen Raum gibt es zwar unterschiedliche Ausbildungsstandards, aber überall herrscht der gleiche Fachkräftemangel. Was mich zu dem Schluss bringt, dass die Art der Ausbildung, ob akademisch oder nicht akademisch organisiert, nicht die große Rolle spielen kann. Es müssen andere Faktoren sein, die junge Leute davon abhalten diesen wunderbaren Beruf zu erlernen. Und um gerade diese herauszufinden, wird es meiner Meinung nach in Zukunft immer mehr notwendig sein, sich über Ländergrenzen hinweg auszutauschen, um an den richtigen Stellen ansetzen zu können.

Zusatzinfo

Infos und Ansprechpartner

  • Basis für die Anerkennung zur Berufsqualifikation ist die europäische Richtlinie über Berufsanerkennungsregeln, s. https://www.radiologietechnologen.at/beruf/anerkennung-von-berufsqualifikationen-in-oesterreich

  • EU-Bürger: Zulassung im Zuge einer „Berufsanerkennung", die Unterlagen müssen gerichtet werden an das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Radetzkystraße 2, 1030 Wien.

  • Drittstaatsangehörige haben sich einer „Nostrifikation" zu unterziehen: Sie müssen sich an eine der Fachhochschulen wenden, die diesen Studiengang anbieten: https://www.radiologietechnologen.at/studium/bachelorstudium

Achtung: EWR/EU-Staatsangehörige, die keinen akademischen Abschluss vorweisen können, müssen, über die fachlichen Inhalte hinausgehend, auch die Erlangung wissenschaftlicher Kompetenzen nachweisen, s. Hinweis „Wissenschaftliches Arbeiten“ unter https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Medizin-und-Gesundheitsberufe/Berufe-A-bis-Z/Radiologietechnologin,-Radiologietechnologe.html



Publication History

Article published online:
28 November 2023

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