Notfallmedizin up2date 2024; 19(02): 213-231
DOI: 10.1055/a-1892-6225
Spezielle Notfälle

Kohlenmonoxidintoxikation

Diagnostisches Vorgehen und aktuelle evidenzbasierte abgestufte Therapie
Andreas Fichtner
,
Christine Staak

Diese CME-Übersicht fasst bekannte und nach Erscheinen der S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung“ [1] neue Evidenz zusammen und kondensiert diese in einem praktischen Handlungsschema zur abgestuften Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidintoxikation. Besonderer Fokus liegt auf der Vermeidung neurologischer Spätschäden.

Kernaussagen
  • In Abhängigkeit von der Kohlenmonoxidkonzentration empfiehlt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung ein abgestuftes einsatztaktisches Vorgehen.

  • Nicht das Ausmaß der CO-Hb-Bindung ist für die toxischen Effekte einer Kohlenmonoxidintoxikation verantwortlich, sondern das Ausmaß der Zellhypoxie durch Blockade der Atmungskette.

  • Die „klassische“ Diagnosetrias besteht aus:

    • Symptomatik,

    • vermuteter oder nachgewiesener CO-Exposition und

    • CO-Hb-Nachweis.

  • Typische Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Vigilanzminderung – bis hin zu Bewusstlosigkeit und Herz-Kreislauf-Stillstand.

  • Eine Krankenhauseinweisung ist indiziert, wenn wenigstens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

    • Symptomatik,

    • CO-Hb-Nachweis,

    • schwere Intoxikation von weiteren, sich im Raum befindenden Menschen,

    • generell bei Kindern und Schwangeren mit V. a. CO-Intoxikation.

  • Essenzielle diagnostische Maßnahmen in der Notaufnahme zur Festlegung der weiteren Therapie sind:

    • Blutgasanalyse (venös, kapillär),

    • Troponin-, Ck-MB- und Myoglobinbestimmung,

    • 12-Kanal-EKG,

    • orientierende neurologische Untersuchung.

  • Um Inflammation und immunologischen Störungen mit Apoptoseinduktion auf zellulärer Ebene adäquat zu begegnen, sollten bei der HBO-Therapie (hyperbare Sauerstofftherapie) Behandlungsdrücke über 2,5 bar angewendet werden.

  • Eine Druckkammertherapie innerhalb von 24 h nach CO-Exposition ist in folgenden Situationen indiziert:

    • GCS < 11 (auch kurzfristig),

    • deutliche Laktatazidose,

    • längere relevante CO-Exposition,

    • initial hoher CO-Hb-Spiegel,

    • kardiale Symptomatik,

    • EKG-Veränderung oder Troponinanstieg,

    • Vorliegen einer Schwangerschaft (→ fetale zelluläre Hypoxie).



Publication History

Article published online:
25 June 2024

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