Aktuelle Kardiologie 2022; 11(05): 385
DOI: 10.1055/a-1882-2156
Editorial

Herzklappenfehler – Aktuelles aus und jenseits der neuen ESC-Leitlinien

Stephan Baldus
,
Malte Kelm

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Therapie struktureller Herzerkrankungen zählt zu den innovativsten im Bereich der Herz-Kreislauf-Medizin. Kathetergestützte, klappenersetzende und reparative Verfahren haben das Behandlungsspektrum entscheidend erweitert. So kann einem Großteil der Patienten, die bis dahin inoperabel waren, ein Zugangsweg zu einer klappenbasierten Therapie ermöglicht werden. Deutschland besitzt hier auch heute noch international eine Vorreiterrolle: Die frühe Einführung des kathetergestützten Aortenklappenersatzes in die Regelversorgung hat zu hohen qualitativen Standards geführt – mit einer bundesweiten Sterblichkeit von mittlerweile weit unter 3%. Die rekonstruktiven segelbasierten Mitralklappeninterventionen – ein ebenfalls etablierter Standard – werden mittlerweile flankiert durch erste Erfahrungen mit kathetergestützt implantierten Prothesen – auch hier ist Deutschland europaweit Taktgeber. Und im Rahmen der Etablierung kathetergestützter Therapien zur Behandlung der Trikuspidalklappeninsuffizienz steuert Deutschland durch selbst initiierte randomisierte Studien zur Bewertung des Verfahrens bei. Vor dem Hintergrund der im letzten Jahr revidierten europäischen Leitlinien hierzu widmen sich die Beiträge den aktuellen Themen dieses Gebietes und schauen über den Tellerrand des Erreichten hinaus:

In diesem Zusammenhang ist die Verbesserung der Selektion von Patienten für die segelbasierte Rekonstruktion der Mitralklappe bei sekundärer Insuffizienz genauso zu nennen wie die Hierarchisierung der wesentlichen Parameter bildgebender und klinischer Art zur Auswahl eines kathetergestützten Verfahrens bei sekundärer Trikuspidalklappeninsuffizienz. Für den Aortenklappenersatz gilt im Lichte der europäischen Leitlinien abzuwägen, welcher Patient auch heute noch chirurgisch, welcher Patient schon jetzt kathetergestützt an der Aortenklappe behandelt werden soll. So etabliert die kathetergestützte Therapie bei der Aortenklappenstenose ist, so offen ist die Wertigkeit der Kathetertherapie bei reiner Aortenklappensuffizienz. Erste Erfahrungen mit innovativen Prothesen geben zur Hoffnung Anlass, dass auch hier in Zukunft Therapieangebote entstehen. Die Entwicklung von Prothesen, die durch anatomisch korrekte Positionierung auch den koronaren Zugang erhalten, wird flankiert durch alternative Strategien, auch unter Verwendung der aktuell eingesetzten Prothesen die Zugangsmöglichkeiten zu den Koronararterien zu gewährleisten. Der Frage der Antikoagulation nach kathetergestütztem Aortenklappenersatz ist eine Reihe aufwendig konzipierter Studien gewidmet worden, aber auch hier ist das letzte Wort nicht gesprochen: Der heutige Standard und zukünftige Innovationen sind ebenfalls Teil dieses Heftes. Zuletzt – und dieses als Ausblick in präklinische Untersuchungen – widmen sich die Autoren der Frage, was in Zukunft einem Klappenersatz vorausgehen kann und inwiefern molekulare Zielstrukturen die Degeneration, Inflammation bzw. Kalzifikation der Klappe minimieren können.

Wir danken den Autoren dieser Ausgabe herzlich für die Erstellung dieser innovativen Beiträge und wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

Ihre

Stephan Baldus und Malte Kelm



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Article published online:
05 October 2022

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